Der Beschluss von Airbnb und die Folgen
Blick auf die Siedlung Modi’in (Foto: privat)
Die rechtsnationale politische Mehrheit Israels beansprucht ein Recht auf ihr „angestammtes biblisches Land Judäa und Samaria“. Aber nach Völkerrecht ist „Judäa und Samaria“ das von Israel besetzte Westjordanland, und die dortigen jüdischen Siedlungen gehören nicht zu Israel. So beurteilt dies das Gutachten des Internationalen Gerichtshofes in Den Haag vom Juli 2004, und dementsprechend forderten Resolutionen des UN-Sicherheitsrats von 1980 und vom Dezember 2016 den sofortigen Stopp der israelischen Siedlungen.
Nichtsdestoweniger hatte bislang Airbnb Ferienhäuser und -wohnungen in den jüdischen Siedlungen angeboten und als Unterkünfte „in Israel“ deklariert. Sogar in sogenannten Außenposten (meistens Vorläufer von Siedlungen), die in der Regel sogar von Israel als illegal betrachtet werden, waren über Airbnb Ferienaufenthalte angeboten. Wer ein Angebot buchte, wurde nicht darüber informiert, dass sich das Feriendomizil nicht in Israel sondern in einer Siedlung im besetzten Westjordanland befindet.
Bereits im Januar 2016 hatte die PLO Airbnb gebeten, diese Angebote aus dem Programm zu nehmen. Außerdem hatten mehr als 150.000 Menschen eine entsprechende Petition unterzeichnet.
Airbnb ist Anfang letzter Woche diesem Ersuchen nachgekommen, wenn auch nicht ausdrücklich unter Hinweis auf völkerrechtliche Situation, sondern mit der Begründung, die Siedlungen befänden sich „im Zentrum des Streits zwischen Israelis und Palästinensern“.
In diesem Zusammenhang stellen sich folgende weitere Probleme.
Erstens ist es gar nicht so einfach für Airbnb, zwischen den illegalen Angeboten von Siedlern und den legalen Angeboten von palästinensischer Seite zu unterscheiden. Denn Airbnb stützt sich auf auf Google-Karten und Angaben von Wikipedia – beides nicht sehr präzise, wie ein Artikel in HaAretz herausarbeitet.
Zweitens macht Booking-com gerade das genaue Gegenteil von Airbnb: Seit einigen Monaten bezeichnet Booking-com auf Druck israelischer Radikalnationalisten das ganze Jerusalem als „Stadt in Israel“ und wischt damit das palästinensische Ost-Jerusalem aus seinen Registern.
Drittens bietet der deutsche Reiseveranstalter RSD seine Israelreise mit einem Ausflug nach Bethlehem an, das im Prospekt „Stadt in Israel“ genannt wird. Vorhaltungen von BIB-Mitgliedern, dass dies nicht Israel, sondern besetztes Palästina sei, beantwortet RSD damit, dass man über die politische Situation nicht urteilen wolle – so als wäre die Bezeichnung „Israel“ für eine Stadt in von Israel besetztem Gebiet kein Urteil.
Viertens – und am gravierendsten – macht Israel keine Anstalten, sich auch nur in dieser Frage an das Völkerrecht zu halten. Der Bürgermeister der Siedlung Efrat kritisiert die Entscheidung von Airbnb im Video-Bericht der Süddeutschen Zeitung mit dem üblichen Antisemitismus-Vorwurf: Dies werde „den Frieden nicht fördern, sondern antisemitische Entscheidungen einer solchen Organisation.“ Die israelische Regierung kündigte an, Klagen vor US-Gerichten gegen die Entscheidung von Airbnb zu unterstützen, und der israelische Tourismusminister möchte die Aktivitäten von Airbnb in ganz Israel zur Strafe einschränken.