BIP Konferenz in Nürnberg 24.5.24-26.5.24
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Israel lehnt das von der Hamas gebilligte Waffenstillstandsabkommen ab

BIP-Aktuell #304:

  1. Kein Waffenstillstand und keine Freilassung von Geiseln
  2. Disziplinarverfahren gegen palästinensische Studenten in israelischen akademischen Einrichtungen

Die Hamas akzeptierte die von den USA angebotenen Bedingungen für einen Waffenstillstand, Israel jedoch nicht. Trotz des internationalen Drucks, der darin gipfelte, dass die USA einen Teil ihrer Waffenlieferungen an Israel einstellten, ist die israelische Regierung entschlossen, den Kampf gegen den Gazastreifen fortzusetzen, selbst um den Preis, dass die von der Hamas festgehaltenen israelischen Geiseln getötet werden. Die USA haben ihre Position geändert und rufen nun vergeblich zu einem Waffenstillstand auf, denn sie haben ihren Einfluss auf die israelische Regierung verloren. Netanjahu widersetzt sich offen der US-Regierung und sabotiert die Gespräche.

Die Ereignisse der letzten Woche waren ein besonderer Moment in Israels Krieg gegen Gaza. Die USA haben ihre politische Position geändert.  Während sie bisher Israel ermutigten, in Gaza weiter zu kämpfen und das Töten zu eskalieren, haben sie jetzt begonnen, den Druck auf Israel und die Hamas zu erhöhen, um ein Waffenstillstandsabkommen zu unterzeichnen. Die USA reden jetzt nicht mehr einer „humanitären Pause“ das Wort, die lediglich eine kurze Unterbrechung der Kämpfe bedeutet hätte, auf die eine Wiederaufnahme der Bombardierung und der Invasion gefolgt wäre. Sie sprechen inzwischen offen von einem „Waffenstillstand“, also einer längeren Unterbrechung der Kämpfe. Um den Druck auch auf die Hamas zu erhöhen, haben die USA Katar, das die Hamas-Delegation beherbergt, mitgeteilt, dass Katar die Hamas-Delegation ausweisen und die Verhandlungen beenden sollte, falls die Hamas das aktuelle Angebot nicht annehmen würde.



Israelische Haubitzenartillerie, eine M109-Kanone, die in den USA hergestellte 155-mm-Granaten in den Gazastreifen feuert. Quelle: 2023, israelisches Militär, Flickr.


Der Politikwechsel der USA führte zu einer Intensivierung der Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas, was zu einem Vorschlag führte, den die USA als „großzügig“ bezeichneten. Die Hamas hat dem Abkommen zugestimmt. Es sieht eine schrittweise Freilassung der israelischen Geiseln im Gegenzug zu einer teilweisen Freilassung der palästinensischen Gefangenen und einem verlängerten Waffenstillstand vor. Die Hamas ist sich bewusst, dass die Freilassung aller Geiseln Israel die Möglichkeit gibt, den Waffenstillstand zu brechen. In Israel ist der Öffentlichkeit bekannt, dass die Hamas zu Beginn des Krieges bereit war, alle israelischen Geiseln gegen alle palästinensischen Gefangenen auszutauschen. Diese Forderung lehnte Israel jedoch ab, weil Netanjahu erklärte, Israels Ziel sei es, die Hamas zu vernichten, und dass der Krieg erst nach einem „vollständigen Sieg“ beendet werde. Das jetzt ausgehandelte Abkommen ist für beide Seiten viel schlechter als das Angebot der Hamas vor sechs Monaten. Die verbleibenden Geiseln, die den Krieg bis jetzt überlebt haben, nachdem viele bei israelischen Bombardierungen und fehlgeschlagenen Rettungsaktionen getötet worden waren, sind größtenteils krank, traumatisiert und sogar dauerhaft behindert. Inzwischen hat die Zahl der palästinensischen Todesopfer in Gaza 34.000 überschritten, die meisten von ihnen sind Frauen und Kinder. Tausende sind unter den Trümmern eingeschlossen und gelten als tot, bis zu 80.000 sind verletzt, die übrige Bevölkerung leidet an Unterernährung und fehlender medizinischer Versorgung, die Mehrheit der Menschen im Gazastreifen hat ihre Häuser verloren. Die Hamas bleibt jedoch stark und verfügt offenbar über genügend Soldaten und Munition, um weiter zu kämpfen. Der israelische General im Ruhestand Yitzhak Brick warnte Israel vor einem Einmarsch in Rafah –  nicht aus moralischen oder politischen Gründen, sondern weil die israelische Armee in einen Hinterhalt geraten und schwere Verluste erleiden würde (Quelle auf Hebräisch).

Obwohl die Hamas das Abkommen akzeptiert hat, hat Israel dies nicht getan. Teile der Regierung erklärten den Medien umgehend, dass das Abkommen für Israel inakzeptabel sei (Quelle auf Hebräisch). Kolonisierungsministerin (”Ministerin für die Siedlungen”) Orit Strook sagte, dass „eine Regierung, die ihre Kriegsziele wegen 22 oder 33 Menschen aufgibt, kein Recht hat zu bestehen“ (Quelle auf Hebräisch). Netanjahu erklärte, das Problem mit dem Abkommen sei, dass „die Hamas darauf bestehe, den Krieg zu beenden“ (Quelle auf Hebräisch).  Der israelische Außenminister Israel Katz stellte klar, dass Israel den Krieg fortsetzen wird.

US-Beamte haben durchsickern lassen, dass die USA Waffenlieferungen an Israel verzögern, weil Israels Aggression die von der US-Regierung Biden gesetzten Grenzen überschreitet. Als die Warnungen keine Wirkung zeigten, gaben die USA eine offizielle Erklärung ab, wonach sie erwägen, die Waffenlieferungen an Israel zu blockieren, insbesondere die schweren Bomben, mit denen Israel wahllos dicht besiedelte palästinensische Stadtviertel bombardiert. Schließlich sagte Außenminister Blinken deutlich, dass die Waffenlieferungen gestoppt werden, wenn Israel in Rafah einmarschieren wird. Er sagte dies jedoch, nachdem Israel bereits in den südlichen Teil von Rafah eingedrungen war und die Kontrolle über den als „Philadelphi-Achse“ bekannten Durchgang zwischen Gaza und Ägypten übernommen hatte. Israel nutzte die Kontrolle über den Durchgang, um Hilfslieferungen nach Gaza zu blockieren, ein Versuch, die Bevölkerung des Gazastreifens auszuhungern, was nicht den Einsatz von Waffen erfordert.



Ein Plakat der israelischen Friedensgruppe Women Wage Peace. Der Slogan am unteren Rand lautet: „Ein Abkommen heute!“ Quelle: 2024, Twitter.


In Israel wächst die Frustration über die Weigerung der Regierung, ein Abkommen zu unterzeichnen, die Geiseln zurückzubringen und den Krieg zu beenden (Quelle auf Hebräisch). Der ehemalige Generalstabschef, Generalmajor Aviv Kochavi, sagte, es gebe keine andere Möglichkeit, die Geiseln nach Hause zu bringen, als den Krieg zu beenden (Quelle auf Hebräisch). Netanjahu wird beschuldigt, die Gespräche zu sabotieren, um den Ausnahmezustand aufrechtzuerhalten, weil er es ihm ermöglicht, an der Macht zu bleiben, obwohl er keine öffentliche Unterstützung mehr hat (Quelle auf Hebräisch). Viele werfen Netanjahu auch vor, den Ruf Israels zu ruinieren und die Beziehungen Israels zu all seinen Verbündeten zu sabotieren, sogar zu den USA, die nun Waffen zurückhalten (obwohl Deutschland Israel nach wie vor unterstützt, Quelle auf Hebräisch). Nichtsdestotrotz reisten die Delegationen Israels und der Hamas am 9. Mai von Kairo ab, ohne ein Abkommen zu unterzeichnen. Die Verhandlungen sind offenbar beendet, was die Hoffnung von Millionen Palästinensern auf einen baldigen Waffenstillstand zunichte macht.

Einladung zur 3. Internationalen BIP-Konferenz  vom 24. – 26.5. 2024 in Nürnberg:
https://bip-jetzt.de/bip-konferenz-2/

Werde Mitglied im Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V. (BIP) und unterstütze unsere Arbeit. Jahresbeitrag für stimmberechtigte ordentliche Mitglieder
150 €, für Fördermitglieder 100 €. 
Ein Aufnahmeantrag ist  an den Vorstand zu stellen: info@bip-jetzt.de.
Weitere Informationen: www.bip-jetzt.de

BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden. dfsf

Repressionen gegen palästinensische Studenten an israelischen Universitäten und Hochschulen

Auf der Website von Adalah am 09/05/2024:
„Ein Sonderbericht über die Welle von Disziplinarverfahren gegen palästinensische Studenten in israelischen akademischen Einrichtungen wegen ihrer Nutzung sozialer Medien.
Seit Beginn des Krieges gegen den Gazastreifen im Oktober 2023 sehen sich palästinensische Studierende, die Bürger Israels sind, einer beispiellosen Welle von Disziplinarmaßnahmen an ihren Universitäten und Hochschulen ausgesetzt, die sich gegen ihre Redefreiheit und ihre palästinensische Identität richten. Diejenigen, die sich offen zu ihrem palästinensisch-arabischen Erbe oder ihren religiösen Überzeugungen bekennen oder ihre Ablehnung des israelischen Angriffs auf den Gazastreifen zum Ausdruck bringen, werden zur Zielscheibe von Strafmaßnahmen, die von rechtsgerichteten Campus-Organisationen in Abstimmung mit den akademischen Einrichtungen initiiert wurden. In vielen Fällen waren Veröffentlichungen, in denen die Solidarität mit den Bewohnern des Gazastreifens zum Ausdruck gebracht wurde, oder Koranverse, Gebete und andere religiöse Texte Anlass für Disziplinarverfahren. Dabei wurde versucht, alle Äußerungen palästinensisch-arabischer Identität als ´Unterstützung des Terrorismus` abzustempeln und Disziplinarverfahren gegen einzelne Studierende einzuleiten, um sie als solche zu bestrafen.

Mindestens 36 israelische Universitäten und Hochschulen haben Disziplinarverfahren gegen insgesamt 124 palästinensische Studenten wegen Beiträgen auf ihren privaten Social-Media-Konten eingeleitet. Adalah hat 95 Studenten vertreten. Fast die Hälfte dieser Fälle (47 %) endete mit der Suspendierung oder der Exmatrikulierung der Studenten. In den meisten dieser Fälle ging es entweder um eine Solidaritätsbekundung mit dem Volk von Gaza oder um Zitate aus dem Koran, die beide durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt sind. Bemerkenswert ist, dass die überwiegende Mehrheit dieser Fälle (79 %) gegen Studentinnen eingereicht wurde.

Diese Disziplinarmaßnahmen richten sich ausschließlich gegen palästinensische Studenten und wurden vom israelischen Bildungsminister ausdrücklich gebilligt, während viele jüdische israelische Studenten, die in ihren sozialen Medien explizit zur Gewalt auffordern, keine Konsequenzen zu befürchten haben. Sie stellen einen schweren Verstoß gegen die bürgerlichen und politischen Rechte der Betroffenen dar und verletzen auch die Rechte auf ein ordnungsgemäßes Verfahren. In diesen Fällen überschreiten die Institutionen ihre rechtlichen Grenzen und schränken das Recht auf freie Meinungsäußerung stärker ein, als dies im israelischen Strafrecht vorgesehen ist. Darüber hinaus fehlt ihnen die rechtliche Befugnis zur Einleitung dieser Verfahren, die über den Rahmen ihrer Verhaltenskodizes für Studenten hinausgehen, so dass die Verfahren eindeutig gegen israelisches Recht verstoßen. Obwohl die Universitäten als Bastion des kritischen Denkens und der freien Meinungsäußerung für die Gesellschaft dienen sollen, sind sie stattdessen zu Stätten der Zensur und der verordneten Unterstützung von Regierungsnarrativen geworden.

Diese Verfolgungskampagne gegen palästinensische Studenten unterstreicht die Tatsache, dass in Israel der Schutz von Rechten und demokratischen Grundsätzen ausschließlich jüdischen Bürgern gewährt wird; palästinensische Bürger werden, insbesondere in Konfliktzeiten, als interner Feind betrachtet und ihre politischen Ansichten werden streng unterdrückt. Die gegenwärtige Runde der Unterdrückung, die nach dem Beginn des Krieges am 7. Oktober eingeleitet wurde, hat diese Realität weiter verfestigt und ein neues Grundniveau der Unterdrückung palästinensischer Studenten geschaffen. Sie hat auch ein feindseliges, Hetze ermutigendes und unsicheres akademisches Umfeld für viele palästinensische Studenten und Dozenten in israelischen akademischen Einrichtungen geschaffen.“
https://www.adalah.org/en/content/view/11116
Dr. Hassan Jabareen, Direktor von Adalah, wird auf der 3. Internationalen BIP-Konferenz in Nürnberg vom 24. Bis 26.5. einen Zoom-Vortrag halten.


Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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