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Hunger als Waffe erreicht in Gaza ein neues Niveau

  1. „Hungerspiele“
  2. Erfreulich: Brief von 75 deutschen Wissenschaftlern an die Bundesregierung
  3. Israelischer Plan zur Zwangsumsiedlung der Bevölkerung Gazas

Die Verteilungszentren der Gaza Health Foundation (GHF) sind zu Orten geworden, an denen hungrige Palästinenser getötet werden, die ihr Leben riskieren, um Lebensmittel für ihre Familien zu erhalten. Israel macht seine Absicht deutlich: Es will so viele Palästinenser wie möglich in Gaza verhungern lassen. Die GHF, die eingerichtet wurde, um das UNRWA als Hauptverteiler von Nahrungsmitteln im Gazastreifen zu ersetzen, ist ein Instrument zur Erreichung dieses Ziels und verschwendet die für die Ernährung der Palästinenser vorgesehenen Mittel.

Der Begriff „Hungerspiele“ stammt aus den dystopischen Romanen von Suzanne Collins, die auch verfilmt wurden. Er wurde nun verwendet, um das System der humanitären Verteilung von Lebensmitteln zu beschreiben, das Israel im Gazastreifen eingerichtet hat, ein System, das 798 Menschen das Leben gekostet hat (Stand: 11. Juli). Ihr einziges Verbrechen bestand darin, zu den Lebensmittelverteilungszentren zu kommen, um überleben zu können.

Einladung der American Jewish University zu einer Veranstaltung mit Reverend Johnnie Moore, dem heutigen Leiter der Gaza Humanitarian Foundation GHF. Quelle: 2024, American Jewish University.



In einem Artikel mit dem Titel „Gazas Hungerspiele“ ordnete der Journalist und presbyterianische Pfarrer Chris Hedges den seiner Meinung nach eindeutigen Versuch, die Palästinenser in Gaza auszuhungern, als einen Akt des Völkermords ein, der der Art und Weise, wie der Hunger bei Völkermorden in der Geschichte eingesetzt wurde, sehr ähnlich ist. Chris Hedges sieht Parallelen zum Aushungern der Zivilbevölkerung in Armenien, Namibia, Srebrenica und dem Holodomor in der Ukraine zur Stalinzeit. Er berichtet, dass die hungernden Palästinenser sich an den vier Verteilungszentren (seit dem 10.7. gibt es nur noch drei) versammeln und warten, bis die Verteilung beginnt. Dann haben sie ein paar Minuten Zeit, um so viel wie möglich einzusammeln und so schnell wie möglich zu fliehen, bevor die israelischen Soldaten das Feuer auf sie eröffnen.

Israelische Soldaten erklärten gegenüber der Zeitung Haaretz, sie hätten den Befehl erhalten, gezielt auf unbewaffnete Menschen im Gazastreifen zu schießen, während diese auf Hilfe warteten. Nir Hasson, ein Journalist von Haaretz, sagte, dass die Soldaten scharfe Munition verwenden, um mit den Hilfesuchenden zu „kommunizieren“ und die Bewegung der Menge durch Schüsse zu kontrollieren. Als Soldaten um nicht-tödliches Equipment für die Zerstreuung der Menschenmenge baten, lehnten Offiziere dies mit den Worten ab: „Das ist Krieg“ (Quelle auf Hebräisch).

Israel hat seit Beginn des Völkermords Hunger als Kriegswaffe eingesetzt (BIP-Aktuell #311): von der Erklärung des ehemaligen Verteidigungsministers, dass ab dem 9. Oktober 2023 keine Lebensmittel, kein Wasser, keine Medikamente und kein Strom mehr nach Gaza gelangen werden, über den „Plan der Generäle“, die Palästinenser in abgeriegelten Gebieten zu konzentrieren und auszuhungern (BIP-Aktuell #323), bis hin zu Finanzminister Bezalel Smotrich, der die israelische Regierung am 6. Juli 2025 dafür geißelte, dass sie es versäumt habe, die Hilfslieferungen nach Gaza vollständig einzustellen. Die Absicht der israelischen Behörden, die Palästinenser in Gaza durch Hunger zu vernichten, ist offensichtlich und wird offen zugegeben.

Israel hatte die wichtigste im Gazastreifen tätige humanitäre UN-Organisation, die UNRWA, mit falschen Beweisen in Misskredit gebracht (BIP-Aktuell #291) und ihr jede Tätigkeit verboten (BIP-Aktuell #324). Bis zum 27. Juni hat das israelische Militär 317 UNRWA-Mitarbeiter im Gazastreifen getötet – mehr UN-Mitarbeiter als in jedem anderen Konflikt in der Geschichte der Vereinten Nationen. Damit hat Israel die humanitäre Infrastruktur im Gazastreifen zerstört. Die 400 Lebensmittelverteilungszentren der UNRWA wurden durch nur vier Zentren ersetzt, die von der GHF betrieben werden, einer Organisation, die von Israel und den USA gegründet wurde und von dem evangelikalen Führer Johnny Moore geleitet wird. Der ehemalige Hohe Vertreter der EU für auswärtige Angelegenheiten, Josep Borrell, bezeichnete die GHF als „US-Söldner“.

Haaretz berichtet, dass die Lebensmittel, die GHF verteilt, sechs Stufen durchlaufen: Erzeuger, Einzelhandel, Importeur, Quartiermeister, Verteilungslager und Verpackungszentren. Dieses sechsstufige System ist äußerst ineffizient. Jede Stufe wird von privaten Unternehmen betrieben, die von ihrem Gewinn profitieren. Das verteuert die Lebensmittel. Das kleine Budget für Lebensmittel ist infolgedessen schnell aufgebraucht, so dass nur sehr wenig für die Menschen in Gaza übrigbleibt. Haaretz stellte fest, dass eine christlich geführte Organisation, die eine muslimische Bevölkerung mit Lebensmitteln versorgt, extra Geld für jüdische Kosher-Marken auf den Lebensmitteln bezahlt (Quelle auf Hebräisch). Ein israelischer Koch und Restaurantbesitzer, Shahar Segal, ist der Sprecher der GHF. Er dient den Interessen Israels und der GHF, um das Verbrechen des Völkermordes zu beschönigen, und wird dafür aus dem Budget bezahlt, das eigentlich für die Ernährung der hungernden Palästinenser in Gaza vorgesehen ist. Die GHF hat angeboten, nicht nur Zentren für die Verteilung von Lebensmitteln, sondern auch Lager für die „Entradikalisierung“ der Palästinenser in Gaza einzurichten und diese zur „Auswanderung“ zu bewegen.

Der Haaretz-Journalist Hasson erklärte, dass die GHF 20-Kilo-Säcke mit Mehl verteile und nur starke Menschen, nicht aber Kranke, Alte, Kinder und Schwache diese tragen können. Die Säcke müssen zu den Familien gebracht werden, aber viele Familien haben durch die israelischen Bombenangriffe Mitglieder verloren, die schwere Mehlsäcke tragen könnten. Hasson beschrieb die Verteilung der Lebensmittel als eine Situation „wie in einem Zoo, in dem man das Futter in den Pferch wirft und die Tiere darum kämpfen lässt“. Als er angesichts der von ihm beschriebenen Realität gefragt wurde, warum er diesen Akt des vorsätzlichen Aushungerns nicht als Völkermord bezeichnet, lautete seine Antwort: „Ich muss meine Kinder noch in diesem Land großziehen“ (Quelle auf Hebräisch). Einen mehrseitigen, ergänzenden und detaillierten Report hat Hagar Shezaf zum Artikel von Nir Hasson in Haaretz veröffentlicht.




Shahar Segal, israelischer Gastwirt und Sprecher der GHF. Quelle: 2025, Twitter.



Der bangladeschische Wirtschaftswissenschaftler Amartya Sen erhielt 1998 den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften für seine Studie über Ungleichheit, Armut und Hungersnot. Sen argumentierte, dass eine Hungersnot nie auf einen Mangel an Nahrungsmitteln zurückzuführen ist, sondern immer auf ein fehlendes Anrecht auf Nahrung – die Nahrungsmittel werden den Menschen von den Mächtigen vorenthalten. Sen warnte, dass der Entzug von Nahrungsmitteln für eine Gruppe von Menschen langfristige Folgen hat, da selbst einige Monate der Unterernährung die Entwicklung von Kindern irreversibel beeinträchtigen, eine ganze Generation zum Leiden verdammen und die Fähigkeit derjenigen, die die Hungersnot erlebt haben, einschränken, für die nächste Generation zu sorgen. Eine Hungersnot ist eine humanitäre Katastrophe, die länger anhaltende Auswirkungen als ein Erdbeben oder ein Brand haben kann, und sie ist keine Naturkatastrophe, sondern ein vorsätzliches Verbrechen.

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Angesichts der zumeist sehr deprimierenden Berichte in unserem Newsletter steht an dieser Stelle die Rubrik „Erfreulich“ – in der Hoffnung, dass diese Meldungen uns allen Mut machen, denn „Aufgeben ist keine Option“!

Erfreulich BIP-Aktuell #356:


Brief von 75 deutschen Wissenschaftlern an die Bundesregierung
75 deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, darunter die Professoren Christine Binzel und Michael Barenboim, werfen in einem Brief der Bundesregierung vor, Deutschland unterstütze eines der größten Verbrechen unserer Zeit, nämlich die Vernichtung und Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung und die Zerstörung jeglicher Lebensgrundlagen in Gaza und zunehmend in der West Bank. „Seit 20 Monaten verfolgen wir täglich diesen horrenden Völkermord ‚live‘ mit, während die neu amtierende Bundesregierung diese Realität davon losgelöst diskutiert und agiert… Ihr aktuelles Handeln, ebenso wie das der vorherigen Regierung, ist völkerrechtswidrig und politisch hochgefährlich: Deutschland untergräbt damit aktiv jenes internationale Rechtsystem, das nach dem Zweiten Weltkrieg auch als Reaktion auf deutsche Verbrechen geschaffen wurde.“
„Deutschland muss endlich das falsche Narrativ aufgeben, Israels Vorgehen in Gaza sei legitime Selbstverteidigung… Tatsächlich handelt es sich um die radikale Verwirklichung eines historischen Traums vieler Zionisten: die Umsiedlung und Vertreibung der palästinensischen Bevölkerung – bis hin zu ihrer möglichen Vernichtung.“
Die 75 Wissenschaftler fordern:

  • Die Verhängung eines vollständigen Waffenembargos gegen Israel.
  • Die sofortige Überprüfung aller diplomatischen, politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Israel.
  • Die Ergreifung aller notwendigen Schritte, um das palästinensische Recht auf Selbstbestimmung im besetzten palästinensischen Gebiet zu garantieren.
  • Wirtschaftliche Sanktionen und die Aufhebung oder Aussetzung der Handelsabkommen und akademischen Beziehungen zu Israel, die seine illegale Besatzung und das Apartheidregime unterstützen.
  • Die aktive Unterstützung des IGH und des IStGH.

Die Wissenschaftler fordern als weitergehende Maßnahmen:

  1. Den internationalen Schutz für die palästinensische Zivilbevölkerung.
  2.  Aufnahme und medizinische Evakuierung schutzbedürftiger Geflüchteter aus Gaza.

Außerdem die Beendigung der repressiven Hochschulpolitik und Wiederherstellung von Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit:


„Wir fordern ein sofortiges Ende der Einschränkungen von Wissenschafts- und Meinungsfreiheit in Deutschland. Aktuell werden kritische Stimmen zu Israels Vorgehen und seiner Besatzung unter dem Einsatz wissenschaftlich fragwürdiger Antisemitismus-Definitionen diffamiert, Veranstaltungen abgesagt und Proteste … kriminalisiert.“


Der vollständige Brief ist abrufbar unter https://drive.google.com/file/d/1sVzBcr6EKIr0JXX2CvX_jT9Yac2Jvnus/view

BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.

Israelischer Plan zur Zwangsumsiedlung der Bevölkerung Gazas „Blaupause für Verbrechen gegen die Menschlichkeit“
Militär soll Ruinen von Rafah in „humanitäre Stadt“ verwandeln – Experten sprechen von Internierungslager für alle Palästinenser in Gaza
Der israelische Verteidigungsminister hat Pläne vorgelegt, alle Palästinenser in Gaza in ein Lager auf den Ruinen von Rafah zwangsumzusiedeln. Rechtsexperten und Wissenschaftler bezeichnen dies als Blaupause für Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
Israel Katz sagte, er habe das israelische Militär angewiesen, Vorbereitungen für die Errichtung eines Lagers, das er als „humanitäre Stadt“ bezeichnete, auf den Ruinen der Stadt Rafah zu treffen, berichtete die Zeitung Haaretz.
Palästinenser würden vor dem Betreten einer „Sicherheitskontrolle“ unterzogen und dürften das Lager nicht mehr verlassen, sagte Katz bei einer Pressekonferenz für israelische Journalisten.
Israelische Streitkräfte würden das Gelände sichern und zunächst 600.000 Palästinenser in das Lager „umsiedeln” – überwiegend Menschen, die derzeit aus der Region al-Mawasi vertrieben wurden.
Letztendlich soll die gesamte Bevölkerung Gazas dort untergebracht werden. Es geht Israel um die „Umsetzung des Auswanderungsplans, die stattfinden wird,“ zitierte Haaretz Katz.
https://www.theguardian.com/world/2025/jul/07/israeli-minister-reveals-plan-to-force-population-of-gaza-into-camp-on-ruins-of-rafah


Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

Autor: Shir Hever

BIP-Aktuell #356: „Hungerspiele“

Hunger als Waffe erreicht in Gaza ein neues Niveau Die Verteilungszentren der Gaza Health Foundation (GHF) sind zu Orten geworden, an denen hungrige Palästinenser getötet werden, die ihr Leben riskieren,

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BIP-Aktuell #354: Krieg gegen Iran

„Ein verrücktes und gefährliches Glücksspiel“ Der unprovozierte Angriff Israels auf den Iran hat eine massive Eskalation ausgelöst. Israel nannte die Operation „Rising Lion (sich erhebender Löwe)“ und bezog sich dabei

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BIP-Aktuell #353: Genozid mit Ansage

Von Annette Groth Das BIP-Mitglied Annette Groth, ehemalige Bundestagsabgeordnete, berichtet darüber, wie israelische Politiker und Prominente zu ethnischer Säuberung und Völkermord an den Palästinensern in Gaza aufrufen und große Teile

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