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Eine neue Entscheidung des JNF leitet Gelder offen für die Ansiedlung von Jüdinnen und Juden in den besetzten Gebieten um

Zusammenfassung: Der JNF ist 120 Jahre alt geworden, eine Organisation, die seit 120 Jahren Land zur ausschließlichen Nutzung durch Jüdinnen und Juden erwirbt und verwaltet. Er beging sein Jubiläum, indem er die Politik der Geheimhaltung bezüglich des Erwerbs von Land im besetzten Westjordanland beendete. Er verwendet nun öffentlich Spenden, die er in der ganzen Welt sammelt, um das C-Gebiet im Westjordanland ethnisch zu säubern – mit der Unterstützung und in Zusammenarbeit mit deutschen Behörden.

Der Jüdische Nationalfonds (JNF-KKL) ist eine umstrittene Organisation. Im Jahr 2013 spendete die SPD anlässlich des 65. Geburtstags des Staates Israel Geld an den JNF. Das Geld wurde verwendet, um den „SPD-Wald“ im Süden Israels zu pflanzen, auf dem Land von Beduinen, die im Zuge der anhaltenden ethnischen Säuberung des Gebiets, das Israel „Negev“ nennt, von ihrem Land vertrieben wurden. Zu diesem Thema gestaltete der freie Journalist Michael Olbert die mehrseitige Titelgeschichte im SZ-Magazin. Die Stadt Köln war 2016 Gastgeberin des JNF-Kongresses und warb offen für die Organisation. Die Bank für Sozialwirtschaft, die erste Bank in Deutschland, die ein Konto einer jüdischen Organisation seit dem Zweiten Weltkrieg geschlossen hat (sie hat das Konto der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten zweimal geschlossen – 2016 und 2019), führt ein Konto des deutschen Zweigs des JNF-KKL.

Die blaue Box ist ein Symbol des JNF, in dem Spenden gesammelt wurden, um Land in Palästina zu kaufen. Quelle: Flickr, Alan Hikes, 2012.

Der JNF ist eine alte Organisation, gegründet vor 120 Jahren. Er ist als ottomanischer Verein registriert, was ihn von der Verpflichtung entbindet, nach israelischem Recht transparent über seine Tätigkeit zu berichten. Dennoch ist er ein verlängerter Arm der israelischen Regierung und arbeitet als staatliche Institution. Alle israelischen zionistischen politischen Parteien (einschließlich Meretz) haben Vertreter im Vorstand des JNF. Obwohl der JNF eine politische Organisation und ein staatliches Organ ist, gibt er vor, sich hauptsächlich mit der Anpflanzung von Wäldern und dem Schutz der Umwelt zu beschäftigen, was kritische Aktivisten als „Greenwashing“ bezeichnen. Die meisten Organisationen in Deutschland, die den JNF unterstützen, sind sich nicht bewusst oder wollen es nicht wahrhaben, dass der JNF ein aktives Werkzeug für die jüdische Kolonisierung der besetzten palästinensischen Westbank und des syrischen Golan ist. In Großbritannien und in Kanada gibt es Organisationen, die sich dafür einsetzen, dem JNF den Status als zivilgesellschaftliche Organisation zu entziehen und zukünftige staatliche Zusammenarbeit mit ihm und steuerlich absetzbare Spenden an ihn zu verhindern.

Im Jahr 2012 berichtete die Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten e.V.  Zwar behauptet der JNF, nur Land innerhalb der Grünen Linie (d.h. innerhalb der international anerkannten Grenzen Israels) zu kaufen, aber eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des JNF namens Himanuta kauft Land in Ost-Jerusalem und in anderen Teilen des besetzten Westjordanlandes, um das besetzte Gebiet demographisch zu verändern, indem auf der einen Seite Palästinenser daran gehindert werden sollen, ihr Land zu nutzen und auf der anderen Juden ermutigt werden, es zu besiedeln. Seit 1986 arbeitet der JNF mit der Ir-David-Stiftung zusammen, um palästinensische Häuser in Ostjerusalem zu übernehmen (s. BIP Aktuell 140).

Diesem Ziel diente der Beschluss des JNF von Anfang Februar 2021, diese Politik zu ändern, den Namen von Himanuta in „Eastwards Judea and Samaria“ zu ändern, wodurch offen und aktiv Land im C-Gebiet der Westbank von Nicht-Juden gesäubert werden kann. Die Entscheidung muss vom JNF-Vorstand erst noch genehmigt werden, aber der Vorsitzende des JNF, Avraham Duvdevani, gab zu, dass die Politik bereits vor Ort umgesetzt wurde.

Der JNF ist sich bewusst, dass die Zuweisung von Land an eine bestimmte ethnische oder religiöse Gruppe, während anderen Gruppen der Zugang zu diesem Land verwehrt wird, rassistisch ist. Es ist ein Verbrechen der Apartheid, strafbar nach internationalem Recht. Die Politik des JNF, nur Juden zu erlauben, auf den Ländereien zu leben, die er besitzt oder verwaltet (die etwa 13 % des Territoriums innerhalb der Grünen Linie umfassen), wurde vor israelischen Gerichten angefochten. Allerdings hat der JNF Wege gefunden, Nicht-Juden von seinen Ländereien fernzuhalten, ohne dies offen auszusprechen. Dies erfolgte durch die Verwendung eines Gesetzes aus dem Jahr 2009, das in ganz Israel und im Westjordanland Gültigkeit hat und es Gemeinden erlaubt, Komitees einzurichten, die entscheiden, wer Immobilien in der Gemeinde kaufen oder mieten kann. Im Jahr 2019 gab der JNF ein Rechtsgutachten beim ehemaligen Richter Yosef Alon in Auftrag. Alon schrieb, dass der JNF Land im Westjordanland „zum Zweck der Ansiedlung von Juden“ kaufen darf. Der JNF hielt seine neue Entscheidung so lange wie möglich geheim und schickte den Entwurf nur in Papierbriefen (und nicht in digitaler Form) an den Vorstand, um das Risiko zu verringern, dass die Entscheidung öffentlich gemacht wird.

Avraham Duvdevani, Vorsitzender des JNF. Zuvor war Duvdevani der Leiter der Jewish Agency for Israel. Quelle: Leor Nevo, 2016, Wikipedia.

In einem Artikel in Haaretz analysierte Gideon Levy die neue JNF-Entscheidung. Um diese Entscheidung sowie die Erklärung von Avraham Duvdevani in einem auf Hebräisch geführten Interview, das er im israelischen Fernsehen dem Journalisten Kalman Liebskind gab, international publik zu machen, hat BIP Teile des entlarvenden Gesprächs übersetzt. In diesem Interview erklärte Duvdevani, dass der direkte Kauf von Land in den besetzten Gebieten keine neue Politik ist. Der JNF habe einfach beschlossen, diese Praxis nicht mehr zu verheimlichen. Wenn Juden besorgt sind, dass ihr jüdischer Nachbar sein Land an einen Araber verkaufen könnte – egal ob innerhalb Israels oder im Westjordanland – können sie nun den JNF anrufen, der entsprechende Maßnahmen veranlassen wird, damit es nicht in die Hände eines Arabers fällt. Der Journalist Kalman Liebskind fragte Duvdevani, was ein arabischer Bürger Israels wohl denkt, wenn er das hört. Duvdevani erklärte, dass es „in der DNA des JNF liegt, Land zu befreien. Wir [Juden] hätten einen guten Staat in Uganda gründen können, aber Herzl gründete den JNF, um hier Land zu befreien!“ „Landbefreiung“ ist ein religiöses jüdisches Konzept, das die Wiederherstellung des Eigentums von Menschen ermöglicht, die es aufgrund von Schulden verloren haben. Der JNF wendet dieses Konzept auf der nationalen und nicht auf einer persönlichen Ebene an, so als seien die heutigen Jüdinnen und Juden die rechtmäßigen Erben des gesamten Landes Palästina. Jeder Akt der Konfiszierung von Land von Nicht-Juden ist dadurch ein Akt der Wiederherstellung von verlorenem Eigentum. Liebskind fragte Duvdevani auch nach dem Image des JNF als einer grünen Organisation. Duvdevanis Antwort: Das Pflanzen von Bäumen sei in der Tat Teil der „Markenbildung“ des JNF, aber im Kern sei es eine Organisation zur Landbefreiung für Juden.

Das US-Außenministerium hat auf die neue Entscheidung des JNF mit Unmut reagiert und erklärt: „Es ist entscheidend, einseitige Schritte zu vermeiden, die die Spannungen verschärfen und die Bemühungen um eine Zwei-Staaten-Lösung untergraben. Dazu gehören Annexion, Siedlungsbau, Abrisse, Aufwiegelung und Zahlungen für Terroristen.“

Die deutschen Behörden messen mit zweierlei Maß. Keine Organisation, die systematisch Eigentum aufkauft, um es ausschließlich in den Händen einer bestimmten ethnischen, nationalen oder religiösen Gruppe zu halten, dürfte in Deutschland agieren. Eine Organisation, die mit dem Ziel handeln würde, judenfreie Wohnungen oder Häuser zu kaufen, würde zu Recht als rassistische Organisation gelten und wäre in Deutschland illegal. Aber der JNF ist hier nicht nur legal, sondern genießt auch den Status einer anerkannten gemeinnützigen Organisation und unterhält gute Beziehungen zu deutschen Institutionen.

Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever.
V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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BIP wöchentliche Hinweise:

Die erste Sendung des neues Podcast BIP-Gespräch ist da. Hier können Sie das Gespräch mit Iris Hefets, Vorsitzende der Jüdischen Stimme für einen gerechten Frieden im Nahen Osten e.V. hören.

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