Deutschland bereitet sich darauf vor, Waffen zu kaufen, die eine militärische Besatzung finanzieren, um eine andere militärische Besatzung zu verhindern
Die CDU und Bundeskanzler Olaf Scholz fordern die Bundeswehr auf, israelische Raketenabwehrsysteme zu kaufen, ohne ihren Zweck, den sie erfüllen sollen sowie vor allem die moralischen Implikationen weder zu diskutieren noch zu berücksichtigen. Die israelischen Unternehmen haben ihre Waffen in Militäreinsätzen getestet, die ebenso illegal und unmoralisch sind wie die des russischen Militärs.
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Mehr als 100 zivilgesellschaftliche Organisationen starten eine Kampagne zur Sammlung von einer Million Unterschriften von EU-Bürger*innen, um den europäischen Handel mit illegalen Siedlungen in besetzten Gebieten zu beenden.
Dabei handelt es sich nicht um eine Petition, sondern um eine verbindliche Kampagne, die die Europäische Kommission dazu zwingen soll, den rechtlichen Status von Produkten zu erörtern, die aus den besetzten Gebieten in Palästina und Westsahara eingeführt werden.
Hier kann man teilnehmen.
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In eigener Sache:
Der Schwerpunkt dieses BIP Aktuell #212 mag manchem unserer Leser zu stark auf der Darstellung militärtechnischer Überlegungen liegen. Angesichts der gegenwärtigen öffentlichen Diskussion halten wir aber fundierte Informationen über die fraglichen Waffensysteme für wichtig und gerechtfertigt. Wir möchten aber betonen, dass für uns als Redaktion eine Politik, die sich an Menschenrechten orientiert, ohne Alternative ist. Diese Position bezieht sich auch ausdrücklich auf den Kauf von Waffensystemen.
Am Sonntag, den 27. März, erwähnte Bundeskanzler Scholz, dass Deutschland den Kauf eines israelischen Verteidigungssystems in Erwägung ziehe, ohne jedoch zu präzisieren, ob er das Raketenabwehrsystem oder das Flugkörperabwehrsystem meinte. Die deutsche Regierung hat offenbar auch keine Bedenken, was es bedeutet, Waffensysteme zu kaufen, die an wehrlosen Zivilisten getestet wurden und nicht solche, die gegen ein reguläres Militär entwickelt wurden. Der Film von Yotam Feldman „Das Labor“ von 2013 zeigt die Methoden, die israelische Rüstungsfirmen nutzen, um Werbung für ihre Waffen zu machen – auf Kosten des Lebens von Palästinensern.
Yair Ramati, israelischer Ingenieur, ehemaliger Oberstleutnant der israelischen Streitkräfte, begrüßte überschwänglich die Entscheidung Deutschlands, den Verteidigungshaushalt zu erhöhen und sagte, dass dies den Verkauf israelischer Waffen steigern werde (Quelle auf Hebräisch).
Gaza Großerrückmarsch. Quelle: 2018, ECCP.
Die ursprünglichen Überlegungen in der deutschen Politik und medialen Öffentlichkeit bezogen sich auf das Iron-Dome-System, das entwickelt wurde, um palästinensische Qassam-Raketen aus dem Gazastreifen abzufangen, deren Raketen vom bewaffneten Flügel der Hamas-Partei, den Izz-ad-Din al-Qassam-Brigaden, entwickelt wurden. Sie sind billig in der Herstellung, haben eine kurze Reichweite, keinen Sprengkopf und sind daher nicht in der Lage, großen Schaden an befestigten Strukturen anzurichten.
Die Süddeutsche Zeitungberichtet, die deutsche Regierung neige dazu, das System Arrow-3 zu favorisieren, obwohl es noch nicht einsatzfähig ist. Arrow-3 ist eine gemeinsame Entwicklung des amerikanischen Unternehmens Boeing und des israelischen Unternehmens IAI und ist noch nicht ganz fertig. Es ist darauf ausgelegt, Raketen und möglicherweise sogar Satelliten im Weltraum abzufangen, theoretisch auch eine Atomrakete. Die israelischen Ingenieure, die es entwickelt haben, hatten nie Gelegenheit, es gegen echte feindliche Raketen zu testen, da seit 1973 kein Land mehr Langstreckenflugkörper auf Israel abgefeuert hat. Die Waffen der Hisbollah, des Irak und der Hamas, die auf Israel gerichtet waren, waren lediglich Raketen oder Kurzstreckenraketen. Daher gibt es keinen Hinweis darauf, dass dieses System wirksam ist.
Im Jahr 2014 führte Israel einen Test des Arrow-2-Systems im Mittelmeer durch. Die russische Regierung entdeckte den Raketenstart und veröffentlichte, die Arrow-2 sei gescheitert, wodurch sie die israelische Regierung in Verlegenheit brachte. Im Jahr 2019 ist eine israelische Abfangrakete in Syrien abgestürzt und wurde der russischen Armee übergeben (Quelle auf Hebräisch). Das bedeutet, dass das russische Militär über die Fähigkeiten der israelischen Raketenabwehrtechnologie Informationen besitzt.
Ein weiteres Indiz dafür ist die Tatsache, dass im Krieg Russlands gegen Georgien 2008 viele israelische Waffen an die georgische Armee verkauft wurden und von der russischen Armee erbeutet und analysiert wurden. Die Ukraine hat im Gegensatz zu Georgien nicht auf israelische Technologie zurückgegriffen, mit Ausnahme der Tavor-Gewehre, die von der rechtsextremen Miliz Asow-Bataillonverwendet werden. Das Asow-Bataillon hat sich für den Kauf israelischer Waffen entschieden, um dem Vorwurf zu entgehen, es handele sich um eine Neonazi-Gruppe.
Das russische Luftabwehrsystem S-300. Quelle: Vitaly V. Kuzmin, 2009, Wikipedia.
Ethische Überlegungen, erst recht die Unterstützung der universalen Menschenrechte, sollten für ein demokratisches Land absoluten Vorrang vor technischen und strategischen Erwägungen haben. Wenn aber Bundeskanzler Scholz ein Luftverteidigungssystem will, sind die besten heute verfügbaren Systeme die S-300 und S-400, die beide vom russischen Rüstungskonzern MZiK hergestellt werden. Die israelischen Raketenangriffe auf Syrien sind viel weniger wirksam geworden, nachdem Russland dort 2018 ein S-300-System installiert hat. Sollte Deutschland russische Luftabwehrsysteme kaufen? Die deutsche Regierung wird den Kauf russischer Waffen nicht in Betracht ziehen, weil sie Sanktionen gegen Russland verhängt, ein Land, das Kriegsverbrechen begeht und eine illegale militärische Besatzung betreibt. Es wäre inakzeptabel, dann Waffen von Israel zu kaufen, einem anderen Land, das Kriegsverbrechen begeht und eine illegale militärische Besatzung betreibt. Dies ist eine Doppelmoral, die Deutschlands Anspruch, eine Position zu vertreten, die sich an den Menschenrechten orientiert, untergräbt. Wenn Deutschland seinen Ruf als Staat, der militärische Aggression und Besatzung ablehnt, schützen will, kann es nicht die Aggression und Besatzung durch Israel finanzieren.
Diese Doppelmoral wird noch deutlicher, wenn man bedenkt, dass alle israelischen Waffen, mit Ausnahme von Arrow-3, an wehrlosen Zivilisten getestet wurden. Arrow-3 wurde noch nie in einem tatsächlichen Konflikt getestet. Die Unternehmen, die die israelischen Waffen verkaufen, insbesondere die drei größten Unternehmen IAI, Elbit Systems und Rafael, betonen auf ihren Websites, dass ihre Systeme „kampferprobt“ sind. IAI, das Unternehmen, das an der Produktion von Arrow-3 beteiligt ist, ist zudem von Korruption durchzogen.
Auch sogenannte Verteidigungswaffen sind immer noch Kriegswaffen. Wie die Panzerung eines Panzers sind sie so konzipiert, dass sie einen Angriff ermöglichen, ohne selbst zerstört zu werden.
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Eine neue Folge des Podcasts BIP-Gespräch ist da. Diese Woche sprechen wir mit dem BIP-Mitglied Ahmed Tubail, der für die Universität Kassel arbeitet und von seiner Reise zu seiner kranken Mutter in den Gazastreifen erzählt.
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Der Sonderberichterstatter über die Lage der Menschenrechte in den seit 1967 besetzten Palästinensischen Gebieten, Michael Lynk, hat einen Sonderbericht veröffentlicht, der bestätigt, dass Israel in den besetzten palästinensischen Gebieten das Verbrechen der Apartheid praktiziert. Dabei handelt es sich um einen weiteren Bericht über die israelische Apartheid, der sich zu drei Berichten gesellt, über die wir in BIP-Aktuell berichtet haben (siehe BIP-Aktuell #154, BIP-Aktuell #169, BIP-Aktuell #205) . Der Bericht wurde in der New York Times und in der FAZ erwähnt.
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Liebe Nahost -Interessierte,
BIP organisiert eine große internationale Konferenz in Nürnberg vom 27. bis 29. Mai in der Meistersingerhalle. Renommierte Referenten und Referentinnen aus dem In- und Ausland werden das Konferenzthema Israelis und Palästinenser – Leben unter Diskriminierung und Rechtlosigkeit? diskutieren.
Leider hat Frau Aydan Özoguz aus terminlichen Gründen ihre Teilnahme absagen müssen.
Folgende Informationen bitte ich zu beachten:
- Die Anmeldung für die Konferenz bitte nur an Dr. Götz Schindler per e-Mail goeschi42@googlemail.com, per Post: Breite Wiese 23, 85617 Aßling.
2. Die Kosten für die Konferenz betragen inklusive Verpflegung 125€ (für Rentner mit Grundsicherung/Studenten/HartzIV-Empfänger 80€). Bitte überweist den Betrag an BIP Bündnis für Gerechtigkeit, Stichwort BIP-Konferenz, Kontonummer DE43 2545 1345 0051 0579 58.
3. Wenn Ihr nach einer Hotelunterkunft sucht, so gibt es neben vielen anderen Möglichkeiten:
a. das Ramada-Parkhotel https://ramada-nuernberg.de Münchner Str. 21 in unmittelbarer Nähe der Meistersingerhalle (fußläufig 2 Minuten). Mit dem Manager des Ramada haben wir Folgendes vereinbart:
Jeder Gast muss sich selbst anmelden: (im Ramada info@ramada-nuernberg.de), und dann auch selbst an der Rezeption bezahlen.
Das Ramada verfügt über etwa 200 Zimmer. Die mit dem Manager abgesprochenen Kosten betragen: Für das EZ 65€ und für das DZ 110€, jeweils inkl. Frühstück. Bitte gebt bei der Reservierung an: „BIP-Konferenz“.
b. Falls Ihr andere Hotelwünsche habt, so gibt es z.B. auch das ibis am Hauptbahnhof (EZ 78€) sowie das B&B am Bahnhof, das mit 48€ das günstigste ist. Beim ibis könnt Ihr reservieren unter „BIP-Konferenz“.
Liebe Nahost-Interessierte, es sind noch Anmeldungen möglich. Wir würden uns freuen, wenn Ihr diese Einladung auch großflächig weiterleiten könntet.
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BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.
BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.
Ein Teenager geht zur Arbeit. Wenige Minuten später wird sein Körper von 12 Kugeln durchbohrt
Gideon Levy schreibt: „Zwei palästinensische Jugendliche waren in Nablus auf einem Motorrad unterwegs, als ein Konvoi der Grenzpolizei vorbeifuhr. Die Beamten behaupteten zunächst, die beiden hätten auf sie geschossen, dann sagten sie, sie hätten nur eine Waffe auf sie gerichtet, die aber nie gefunden wurde. Das ändert aber nichts am Ergebnis: Die Beamten schossen auf einen der Jugendlichen, als dieser floh, und durchlöcherten seinen Körper mit Kugeln.
Schreckliche Bilder, die den Leichnam eines 16-jährigen Jungen zeigen, der von Einschusslöchern übersät ist. Der ganze Körper von Nader Rayan, Sohn einer Flüchtlingsfamilie aus dem an Nablus angrenzenden Flüchtlingslager Balata, ist mit tiefen, blutenden Einschusswunden übersät, tiefe Fleischwunden, sein Gehirn quillt heraus, sein Kopf und sein Gesicht sind durchlöchert. Die Soldaten der Grenzpolizei haben ihn mit krankhaftem Wahnsinn erschossen, in einem Wutanfall, brutal und hemmungslos. Sein Vater zählte 12 Einschusswunden im Körper seines Sohnes, alle tief, groß, blutüberströmt. Kopf, Brust, Bauch, Rücken, Beine und Arme: Es gibt keinen Körperteil seines Sohnes, der nicht ein großes, klaffendes Loch aufweist.
Nichts kann diese wiederholten Schüsse auf einen Teenager rechtfertigen, der um sein Leben rannte, schon gar nicht, nachdem er getroffen wurde und verwundet auf der Straße lag. Nicht einmal, wenn die ursprüngliche Darstellung der Grenzpolizei, die aus irgendeinem Grund in der darauf folgenden Woche auf magische Weise geändert wurde – dass der Jugendliche oder sein Freund auf die Truppen geschossen hat -, richtig ist. Nichts kann derartige Schüsse auf einen Jugendlichen rechtfertigen.
Der Vorfall ereignete sich am frühen Dienstagmorgen, dem 15. März. Um 6 Uhr morgens verließ Naders Vater Haytham das Haus. Er erzählt, dass er Nader noch schlafend auf dem Wohnzimmersofa sah. Nach Angaben der Familie stand Nader ein paar Minuten später auf, zog sich an und fuhr mit seinem Motorrad los, um seinen Freund aus der Nachbarschaft abzuholen, der auf dem Weg zu dem Kaffeestand war, den sie drei Wochen zuvor in Balata eröffnet hatten. Wenige Minuten später lag Nader tot am Straßenrand, sein Körper war von Kugeln durchlöchert.
Ein 90 Sekunden langes Video, das in den sozialen Medien kursiert, zeigt, was dann geschah. Der Konvoi fährt die Straße entlang, das Motorrad nähert sich von der anderen Seite. Es ist 6:19 Uhr. Plötzlich hält das Motorrad an, der Beifahrer springt ab und rennt los. Unmittelbar nach ihm steigt auch der Fahrer ab, wirft das Motorrad auf der Straße ab und beginnt mit seinem Freund in Richtung der Gasse zu rennen, die von der Hauptstraße abzweigt. Die Gasse verschluckt sie. https://www.youtube.com/watch?v=Gcz477IbkjE
Der gepanzerte Konvoi kommt zum Stillstand. Es vergehen ein paar sehr lange Sekunden, bis sich die hintere Tür eines der Fahrzeuge öffnet. Fünf Grenzpolizisten springen heraus und rennen in die Gasse, um die Jugendlichen zu verfolgen, die sich außerhalb der Reichweite der Kamera befinden. Ein weiteres gepanzertes Fahrzeug erscheint aus der anderen Richtung. Ein zufällig vorbeikommendes Auto wird von einem Grenzpolizisten mit dem Gewehr in der Hand verjagt. Auf der Straße, die zu dieser frühen Stunde ansonsten leer und ruhig ist, werden keine Steine geworfen.
In einem Kommuniqué der Grenzpolizei, das nach dem Vorfall veröffentlicht wurde, heißt es: „Während der Tätigkeit der Mista’arvim [verdeckte Beamte, die sich als einheimische Araber ausgeben] der Grenzpolizei im Flüchtlingslager Balata wurde eine gesuchte Person festgenommen und ein Gewehr, das sich in seinem Besitz befand, beschlagnahmt. Als die Einsatzkräfte das Lager verließen, kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, bei denen Sprengsätze, Steine und verschiedene Gegenstände auf die Polizisten geworfen wurden, die daraufhin die Menge vertrieben und mit dem Beschuss durch Ruger-Gewehre reagierten. Während dieser Aktion tauchte ein Motorrad auf, auf dem zwei Terroristen saßen. Einer der Terroristen stieg vom Motorrad ab und feuerte mit einer Pistole auf die Mista’arvim der Grenzpolizei, die sofort mit Schüssen antwortete und den Terroristen neutralisierte.“
https://www.haaretz.com/israel-news/twilight-zone/.premium.HIGHLIGHT.MAGAZINE-a-teen-leaves-for-work-minutes-later-his-body-is-pierced-by-12-bullets-1.10698949?utm_source=mailchimp&utm_medium=email&utm_content=author-alert&utm_campaign=Gideon%20Levy&utm_term=20220326-10:06
Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.