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Zensur und Angst sind der Tod des Journalismus

BIP-Aktuell #278:

  1. Israel verschließt Augen und Ohren
  2. Brennende Zigaretten, Schläge, versuchter sexueller Übergriff: Siedler und Soldaten misshandelten Palästinenser.

In Israel wird der Ausnahmezustand verschärft, der seit 1948  kontinuierlich in Kraft ist, um die Pressefreiheit einzuschränken, mehr als je zuvor. Die Polizei verhaftet bereits Journalisten und versäumt es, sie vor Morddrohungen und rassistischen Ausbrüchen zu schützen. Israelische akademische Einrichtungen bestrafen Studenten dafür, wenn sie ihre Empathie für Palästinenser zum Ausdruck bringen, und die Regierung verlagert ihre Propagandaanstrengungen nach innen – um eine einseitige Unterwürfigkeit zu erzwingen. Selbst die Zeitung Haaretz kommt ihrer Pflicht nicht nach, über die wachsende weltweite Empörung über Israels Kriegsverbrechen zu berichten, und mobilisiert stattdessen ihre Leser für den Krieg.

In einem Staat wie Israel, der den Medien eine Militärzensur auferlegt, hat es Meinungs- und Pressefreiheit nicht allgemein gegeben. Der 1948 verhängte und immer noch gültige Ausnahmezustand erlaubt es der Regierung, Zeitungen und andere Medien zu schließen. Die israelische Polizei überwacht auch soziale Medien und hat 2018 die palästinensische Dichterin Dareen Tatour verhaftet und wegen eines von ihr verfassten Gedichts fünf Monate lang inhaftiert. Doch mit dem Beginn des Angriffs der Hamas vom 7. Oktober und dem beispiellosen Gewaltausbruch gegen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen aus Rache an der Hamas sind die Grenzen des Diskurses in Israel geschrumpft, und kritische Stimmen werden zum Schweigen gebracht.


Israels Minister für Kommunikation Shlomo Karhi. Quelle: 2020, Wikipedia.

Kommunikationsminister Shlomo Karhi versucht die Bestimmungen des Ausnahmezustands auszuweiten, um ein Gesetz zu erlassen (normalerweise darf nur die Knesset Gesetze erlassen, nicht die Regierung), das die Regierung ermächtigt, Ausrüstung von Journalisten zu beschlagnahmen und sie zu verhaften. Der Vorwand:  Unliebsame Botschaften könnten die nationale Moral untergraben. Dieselben Notstandsregelungen wurden von der israelischen Regierung bereits angewandt, um die Büros von Al-Jazeera in Israel zu schließen und dem Sender Aufnahmen in Israel und in den besetzten palästinensischen Gebieten zu verbieten. Die Redaktion von Haaretz protestierte kurz gegen die Unterdrückung der Medien, aber alle anderen Zeitungen haben die neuen Regeln stillschweigend akzeptiert.

Am 19. Oktober verhaftete die israelische Polizei den Journalisten Anas Mousa, einen palästinensischen Israeli, in der Stadt Um El-Fahem in Nordisrael. Mousa wollte über eine Demonstration gegen israelische Kriegsverbrechen in Gaza berichten. Israels Polizeichef Kobi Shabtai sagte dazu: „Jeder, der israelischer Staatsbürger sein will, ist willkommen. Jeder, der seine Solidarität mit Gaza zum Ausdruck bringen will, ist willkommen. Ich werde ihn in die Busse setzen, die gerade dorthin fahren“ (Quelle auf Hebräisch).

Die Sängerin Dalal Abu Amana aus Nazereth schrieb in den sozialen Medien: „Es gibt keinen Sieger außer Gott.“ Sie erhielt Morddrohungen von rechtsgerichteten Israelis und bat die Polizei um Schutz. Die Polizei verhaftete sie stattdessen, und ein Richter verlängerte ihre Haft mit der Begründung, ihr Beitrag sei „ein Verhalten, das den öffentlichen Frieden gefährden und die Polizei bei der Ausübung ihrer Pflichten stören könnte“ (Quelle auf Hebräisch). Die Schauspielerin Maisa Abed Alhadi wurde verhaftet, nachdem sie ein Bild des gesamten Zauns um Gaza mit dem Text „let’s go Berlin style“ gepostet hatte (Quelle auf Hebräisch).

Der jüdische israelische Journalist Israel Frey musste mit seiner Familie aus seinem Haus fliehen, nachdem rechtsgerichtete Israelis gedroht hatten, sie zu ermorden. Frey ist orthodoxer Jude und verrichtete das Kaddisch-Gebet zum Gedenken an die unschuldigen Menschen, die in Israel und im Gazastreifen getötet wurden. Das Gebet ist der Grund für die Drohungen gegen ihn. Frey berichtete, dass die Polizei seine Familie aus der Wohnung holte, um sie vor den rechtsgerichteten  Israelis zu schützen, ihn dabei aber auch wegen seiner Empathie für die Zivilisten in Gaza angriff.

In der israelischen akademischen Welt, die als eine Bastion des freien Denkens gilt, wird nicht mehr zwischen Palästinensern und der Hamas unterschieden. Die Kunsthochschule Bezalel in Jerusalem verwies zwei Studenten von der Hochschule und veranstaltete Anhörungen für neun weitere Studenten. Der Grund war, dass diese Studenten mit ihren Kunstwerken „die Terrorakte der Hamas unterstützten, die palästinensische Seite erklärten oder zu Spenden für die Bewohner des Gazastreifens aufriefen“ (Quelle auf Hebräisch). Auch andere Universitäten und Hochschulen haben Disziplinarmaßnahmen gegen ihre Studenten, allesamt palästinensische Staatsbürger Israels, eingeleitet. Etwa 40 weiteren Studenten droht seit dem 16. Oktober eine Bestrafung (Quelle auf Hebräisch).

Die Beschränkungen der Meinungsfreiheit haben direkte Auswirkungen auf die israelische Propaganda, die sogenannte Hasbara (siehe BIP-Aktuell #174). Ein Beispiel dafür, wie sich ein eingeschränkter Diskurs auf die Propaganda auswirkt, ist, dass israelische Hasbara-Produzenten, die nicht wissen, dass die Lüge über 40 enthauptete Babys bereits widerlegt wurde, diese Lüge weiterhin verbreiten. Dies untergräbt ihre Glaubwürdigkeit. Die israelische Öffentlichkeit ist sich der Restriktionen in den Medien nicht bewusst und weiß nicht, wie die Fakten des Krieges in den internationalen Medien dargestellt werden. Das israelische Diasporaministerium unter der Leitung von Minister Amichai Chikli hat die Aufgabe, sich an die jüdischen Gemeinden in aller Welt zu wenden und sie für Israel zu gewinnen. Chikli hat auch ein Sonderbudget für die „Bekämpfung des Antisemitismus“ in der Welt erhalten. Als der Krieg begann, leitete Chikli das Budget für die Bekämpfung des Antisemitismus für eine PR-Kampagne auf Hebräisch um, die sich an die israelische Öffentlichkeit richtete (Quelle auf Hebräisch). Die Israelis können nicht wissen, dass  jüdische Gemeinden in der Welt einen Waffenstillstand fordern, den Schutz der Zivilisten in Gaza verlangen und Israel des Völkermords beschuldigen, es sei denn, sie verfolgen die internationalen Medien. Am 22. Oktober hat Israel das Hasbara-Ministerium geschlossen. Ministerin Galit Distel Atbaryen trat zurück und gab zu, dass ihr Ministerium überflüssig ist. 


Das Ministerium für Diaspora-Angelegenheiten hat die Verteilung seines Budgets für Öffentlichkeitsarbeit in Israel veröffentlicht, neben einem Text, in dem es sich der Arbeit rühmt, die es leistet, um den Kontakt mit den jüdischen Gemeinden in der Welt zu halten und den Antisemitismus zu bekämpfen. Quelle: Twitter.



Die Zeitung Haaretz ist für BIP-Aktuell eine unverzichtbare Informationsquelle, da sie die einzige liberale Zeitung in Israel ist, die ein breites Meinungsspektrum veröffentlicht. Seit Beginn des Krieges ist dies fast vollständig eingestellt worden. Die Redaktion von Haaretz erlaubt drei Journalisten noch immer für Zurückhaltung bei der Tötung von Zivilisten in Gaza zu plädieren und über einen Teil des Leidens der Palästinenser zu berichten: Amira Hass, Gideon Levy und Hagar Shezaf (s.u.). Neben den Beiträgen dieser drei gibt es jedoch viele andere Artikel, in denen Israelis, die sich selbst als „links“ bezeichnen,  ihre Überraschung, ihre Enttäuschung und ein Gefühl des Verrats zum Ausdruck bringen, weil  internationale Medien Israel Brutalität vorwerfen (Quellen auf Hebräisch hierhierhierhier und hier). Alle israelischen Zeitungen und Fernsehsender, mit Ausnahme einer Handvoll alternativer Medienkanäle, präsentieren eine einheitliche Front. Plötzlich werden US-Universitäten, die BBC, Demonstranten auf der ganzen Welt und jeder, der sein Mitgefühl für den Gazastreifen und die Menschen, die dort getötet und verstümmelt werden, zum Ausdruck bringt, zu einem „pro-Hamas, antisemitischen, anti-israelischen Fanatiker“ degradiert. Diese Art von Berichten macht es Israelis erheblich schwerer, kritisch zu denken und die Informationen, die sie von israelischen Medien erhalten, zu überprüfen. Sie fürchten sich davor, internationale Medien zu lesen, weil sie (aus gutem Grund) Angst haben, zu sehen, wie sie in den Augen der Welt dastehen und wie einsam sie in ihrer Auffassung sind, dass Israel die Kraft des Guten darstellt und die Palästinenser das reine Böse.

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BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.

Brennende Zigaretten, Schläge, versuchter sexueller Übergriff: Siedler und Soldaten misshandelten Palästinenser

Hagar Shezaf schreibt in Haaretz:„Eine Woche nach den Übergriffen in Wadi as-Seeq kämpfen Palästinenser und israelische Aktivisten um ihre Genesung – und beschuldigen eine Armeeeinheit der „Hilltop-Youth“ und Siedler. Die Armee hat den Kommandeur der Einheit abgesetzt und eine Untersuchung eingeleitet.
Die Übergriffe dauerten fast einen ganzen Tag. Soldaten und Siedler nahmen drei Palästinenser aus dem Dorf Wadi as-Seeq im Westjordanland fest und legten ihnen Handschellen an. Nach Angaben der Palästinenser wurden sie stundenlang schwer verprügelt, bis auf die Unterwäsche entkleidet und in Handschellen und in Unterwäsche fotografiert. Ihre Entführer urinierten auf zwei von ihnen mit brennende Zigaretten gefoltert. Es wurde sogar versucht, einen von ihnen mit einem Gegenstand zu penetrieren.
Zur gleichen Zeit nahmen Soldaten und Siedler anwesende linke israelische Aktivisten, darunter einen Minderjährigen, fest, legten ihnen Handschellen an, drohten, sie zu töten, und hielten sie stundenlang fest. Einige der Aktivisten wurden verprügelt. Die Aktivisten berichten, dass zusätzlich zur Anwesenheit von Uniformierten irgendwann ein junger Siedler in Zivil mit der Bewachung beauftragt wurde.
Die Israelis wurden nach drei Stunden freigelassen. Die Palästinenser wurden erst am Abend von Beamten der Zivilverwaltung befreit und in ein Krankenhaus in Ramallah gebracht. Beide Gruppen wurden in großem Umfang ausgeraubt, darunter Bargeld und ein Auto.
Die Ereignisse ereigneten sich am Donnerstag vor über einer Woche, dem 12. Oktober. Die Soldaten gehörten zur Einheit Desert Frontier („Sfar Hamidbar“), die vor einigen Jahren gegründet wurde und „Hilltop Youth“, radikale, oft gewalttätige Siedlerjugendliche aus illegalen Außenposten, für den Militärdienst rekrutiert, wobei sie insbesondere Jugendliche aus den im Westjordanland weit verbreiteten landwirtschaftlichen Außenposten auswählen.
Ein Militärsprecher erklärte gegenüber Haaretz, dass die Ermittlungsabteilung der Militärpolizei angesichts des schwerwiegenden Verdachts eine Untersuchung eingeleitet und der Brigadekommandeur im Jordantal den Truppenkommandeur entlassen habe.
Haaretz hat mit sechs Zeugen des Vorfalls gesprochen, drei Palästinensern und drei israelischen Aktivisten. Zwei der Palästinenser, die die schlimmsten Übergriffe erlebten, schickten zahlreiche Fotos von den blauen Flecken, den Spuren der Schläge und den Verbrennungen, die hier aus Rücksicht auf die Privatsphäre der Befragten nicht alle veröffentlicht werden.
„Haben Sie von dem Gefängnis Abu Ghraib im Irak gehört? Es ist genauso, wie es dort passiert ist“, sagte Mohammad Matar, bekannt als Abu Hassan, gegenüber Haaretz. Fast eine Woche nach dem Vorfall wies sein ganzer Körper noch immer schwere Prellungen auf: „Abu Ghraib mit der [israelischen] Armee“.
Die in diesem Artikel beschriebenen Vorfälle ereigneten sich nicht in einem Vakuum. Sie ereigneten sich vor dem Hintergrund von Faktoren, die die aktuelle Situation im Westjordanland beeinflussen. Der erste ist, dass aufgrund des Krieges und der Verlegung des größten Teils des stehenden Heeres in den Süden Israels der größte Teil der im Westjordanland stationierten Streitkräfte nun aus Reservisten besteht, zu denen auch eine große Zahl von einberufenen Siedlern gehört.
Ein weiterer Faktor ist, dass die bereits schwer bewaffneten Siedler noch mehr Waffen erhalten. Nach den Richtlinien des Militärs sind viele Siedler berechtigt, Waffen zu tragen, und es gibt eine umfangreiche und dokumentierte Geschichte von Siedlern, die Gewalttaten oder andere illegale Handlungen begangen haben, während sie mit Gewehren der israelischen Armee bewaffnet waren. 
Der dritte Faktor ist die Kultur der Drohungen und der Gewalt gegen die palästinensischen Hirtengemeinschaften im Westjordanland – ein Trend, der sich im letzten Jahr, seit die derzeitige Regierung an der Macht ist, verstärkt hat, aber mit dem Ausbruch des Krieges in Gaza zu einem Tsunami geworden ist. 
Mohammad Khaled, 27, und Abu Hassan, 46, sind Angestellte der Palästinensischen Autonomiebehörde und arbeiten in der „Kommission für den Widerstand gegen die Mauer und die Siedlungen“ in Ramallah. Sie hielten sich in den letzten Wochen in dem Dorf auf und halfen den Bewohnern. Sie waren in ihr Auto gestiegen und hatten sich verabschiedet, bevor sie nach Hause fuhren. ´Wir fuhren auf den Eingang zu`, sagt Abu Hassan. ´Plötzlich sahen wir zwei Pickup-Trucks mit Siedlern in Armeeuniformen. Alle waren bewaffnet und einige waren maskiert. Zwanzig bis 25 Männer sprangen aus den Fahrzeugen und richteten ihre Gewehre auf uns.`
Die Pickups überholten die beiden Palästinenser in der Nähe der Häuser des Dorfes. Sie sagen, dass die uniformierten Siedler sie auf den Boden drückten und begannen, sie mit ihren Waffen zu schlagen, ihre Köpfe auf den Boden zu drücken und auf sie einzutreten. Danach, so die beiden Männer, seien ihre Hände mit Seilen gefesselt worden.
Nach Angaben von Abu Hassan teilte ein Soldat der Zivilverwaltung den Soldaten und Siedlern mit, er habe die beiden Palästinenser überprüft und festgestellt, dass Abu Hassan in der Vergangenheit wegen Steinewerfens und Mordes verhaftet worden sei. Die Soldaten und Siedler nahmen Abu Hassans Tasche aus dem Auto und präsentierten große Messer, die sie angeblich darin gefunden hatten. Abu Hassan seinerseits besteht darauf, dass die Messer platziert worden seien. ´Sie sagten, sie hätten Messer bei uns gefunden und dass wir einen Terroranschlag planten`, sagt er. ´Ich sagte zu dem Soldaten der Zivilverwaltung: ´Was für einen Terroranschlag? Schließlich bin ich derjenige, der die palästinensische Verbindungsstelle angerufen hat, und die hat Sie angerufen. Wer würde einen Terroranschlag begehen und die Verbindung anrufen?’´ 
(…) In dieser Phase, so sagen die beiden Männer, wurden die Beschimpfungen intensiver. Sie sagen, dass die Männer, die aus dem Pickup gestiegen waren, sie in ein leeres Gebäude ohne Fliesen auf dem Boden brachten, ihre Augen mit einem Tuch abdeckten und das Seil, mit dem ihre Hände gefesselt waren, durch Metalldraht ersetzten. Die beiden Männer vermuteten, dass das Gebäude als Tierstall gedient haben könnte, da der Boden mit Dung bedeckt war.
´Sie legten uns mit dem Gesicht nach unten und einer von ihnen zerriss unsere Kleidung mit einem Messer`, sagt Abu Hassan. ´Wir hatten nur noch unsere Unterwäsche an.` 
Nach Angaben der drei wurden ihre Telefone, ein Auto, andere Gegenstände im Auto und 2.200 NIS [ca. 550 €] in bar gestohlen.
Gleichzeitig mit diesen Vorfällen wurden in einem anderen Teil des Dorfes fünf linke israelische Aktivisten, darunter ein Minderjähriger, stundenlang festgehalten. Drei von ihnen, die mit Haaretz unter der Bedingung der Anonymität sprachen, hatten sich am Morgen in das Dorf begeben, um den Bewohnern zu helfen, die gezwungen waren, das Dorf zu verlassen.
Als sie hörten, dass Siedler Palästinenser am Eingang des Dorfes angegriffen hatten, fuhren sie dorthin, so die Aktivisten. ´Als sie uns sahen, fingen sie an, uns zu jagen`, sagt T., einer der Aktivisten. ´Einige von ihnen trugen Uniform oder halb Uniform und halb Zivil, aber ihre Fahrzeuge waren zivil.`
Den israelischen Aktivisten gelang es, diese Phase der Ereignisse zu filmen und das Video in Echtzeit an andere Aktivisten zu senden, die zu diesem Zeitpunkt zu Hause waren. Das Video erreichte auch Haaretz, wird aber nicht veröffentlicht, um die Aktivisten zu schützen, die anonym bleiben möchten. Zusammen mit dem auf Facebook veröffentlichten Foto ist das Video eines der wenigen Dokumente, die von dem Vorfall übriggeblieben sind. 
Die israelischen Aktivisten sagen auch, dass sie Neria Ben Pazi an dem Ort gesehen haben.
´Wir versteckten uns mehrere Stunden lang in einem halb verfallenen Haus einer der Familien`, sagt D. ´Die meisten Leute waren schon weg, aber eine Familie versteckte sich dort mit uns.` 
Während sie sich versteckten, so D., bemerkten sie, dass die Siedler hinter den wenigen Palästinensern her waren, die noch im Dorf verblieben waren.
´Die Leute rannten mit den Schafen und allem, was sie hatten, ins Wadi, Frauen und Kinder in Panik. Nicht alle konnten weglaufen“, sagt T. „Sie erwischten zwei Palästinenser und wir sahen, wie sie sie traten und auf einen Felsen warfen, und die Siedler standen mit M-16-Gewehren über ihnen.“
Die Aktivisten sagten, dass sie, während sie sich versteckten, wiederholt die Polizei anriefen. Aktivisten, die nicht vor Ort waren, aber die Notrufe erhielten, riefen ebenfalls die Polizei an, um Hilfe zu holen. Kein einziger Polizeibeamter tauchte auf. Gegen 14 Uhr kamen die Aktivisten und die palästinensischen Familien aus ihren Verstecken hervor und hofften, die Autos zu erreichen und zu entkommen. Doch dann, so berichten sie, stießen sie auf ein weißes Fahrzeug, aus dem etwa zehn Soldaten mit Helmen und kugelsicheren Westen stiegen. Sie beschlagnahmten die Kamera eines der Aktivisten und die Mobiltelefone der anderen. Die Versuche der Aktivisten, zu erklären, dass sie versuchten, den Ort zu verlassen, halfen nicht.
D. sagt, dass die Siedler für die Situation verantwortlich waren. ´Einer der Siedler sagte, ich sei ein Anhänger des Terrorismus, woraufhin ein Soldat, der ein typischer Reservist und kein Siedler zu sein schien, aus etwa zwei Metern Entfernung zu mir rannte und mich schlug. Die Palästinenser waren mit Handschellen gefesselt, mit den Gesichtern im Sand, und Siedler und Soldaten traten einfach auf ihren Rücken´, sagt er. ´Ich sah, dass einer von ihnen aus dem Gesicht blutete. Irgendwann nahm einer der Siedler eine der Brieftaschen des Palästinensers und verstreute den Inhalt in der Luft. Man sieht, wie ein Soldat einen Palästinenser festhält und ein Siedler auf ihn einprügelt. Es war offensichtlich, wer für wen arbeitet.´ 
Gegen 17 Uhr wurden die israelischen Aktivisten freigelassen. ´Zuerst kam ein Siedler mit dem klassischen Aussehen: schwarze Schläfenlocken, in Zivil`, sagt Z. Er sagte: ‚Wir würden euch gerne auseinandernehmen‘. Nach ihm kam ein großer, muskulöser Mann, der aussah wie ein Kommando – Waffen, Dolche, ein ganzes Arsenal, und fertig. Er sah nicht wie ein Siedler aus. Er sagte: ´Du kommst hier nicht wieder her, sonst verstehst du, dass wir dich in Stücke reißen werden. Verschwindet von hier und kommt nicht zurück.‘ 
Abu Hassan glaubt, dass der Grund für die besonders schlimmen Misshandlungen, einschließlich des Versuchs der sexuellen Nötigung, darin liegt, dass er bei den Siedlern als Aktivist bekannt ist, der den Hirten hilft. ´Sie wollten zwei Botschaften senden: erstens, dass die Juden nach dem [Hamas-Angriff auf die Gemeinden im Gazastreifen] verrückt geworden sind, und zweitens, dass wir Araber es nicht wagen dürfen, uns mit ihnen anzulegen`, sagt er. ´Ich habe ihnen gesagt, dass ich gegen die Hamas und den Islamischen Dschihad bin, aber das hat sie nicht interessiert. Sie sagten, alle Araber seien Scheiße und sollten nach Jordanien geschickt werden. Was passiert ist, hat nichts mit Recht und Ordnung oder dem Verhalten eines normalen Landes zu tun. Es ist einfach eine Bande, die sich zusammengerottet hat.´
Der Militärsprecher sagte daraufhin: „Eine Gruppe Soldaten kam zu einem Bauernhof in der Gegend von Wadi Zik im Sektor der regionalen Benyamin-Brigade, nachdem eine Meldung über eine Reihe von palästinensischen Verdächtigen eingegangen war. Die Truppe nahm die Verdächtigen fest und fand bei ihnen nach einer Durchsuchung ein Messer und eine Axt. Die Festnahme und das Verhalten der Truppe vor Ort verstießen gegen die Erwartungen, die an Soldaten und Kommandeure der IDF gestellt werden. Der Vorfall wird derzeit von den Kommandeuren untersucht, wobei sich mehrere Unstimmigkeiten ergeben haben. Im Anschluss an die vorläufige Untersuchung wurde beschlossen, den Kommandeur der Einheit, die die Verhaftung vorgenommen hat, abzusetzen. Unter den gegebenen Umständen und in Anbetracht der Schwere der Verdachtsmomente wurde beschlossen, eine militärpolizeiliche Untersuchung zu eröffnen. Bei jeder Konfrontation wird von den IDF-Kräften erwartet, dass sie handeln, um die Parteien zu trennen, um die Sicherheit und Ordnung im Bezirk aufrechtzuerhalten.
Militärsprecher: Der Kommandeur wurde abgesetzt.“
https://www.haaretz.com/israel-news/2023-10-21/ty-article-magazine/.premium/beatings-burns-attempted-sexual-assault-settlers-and-soldiers-abused-palestinians/0000018b-530f-d1d7-ab8b-7f5fca1d0000

Christian Meier aus dem FAZ schreibt auch über die Gewalt in Westjordanland: https://m.faz.net/aktuell/politik/ausland/biden-kritisiert-gewalttaetige-uebergriffe-von-israelis-im-westjordanland-19270725.html?premium=0x6450f09876e0bb7f2f6483926175dd7aa7093032a2fd7cb85c2163d8aea44b11

Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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