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Sabotageakte, vor allem von israelischer Seite, bedrohen die Sicherheit im Nahen Osten

Zusammenfassung: Sabotage, Minen und andere Angriffe gegen iranische Schiffe und Einrichtungen sind mit einer israelischen Kampagne gegen den Iran verbunden, die den gesamten Nahen Osten in einen Krieg zu ziehen droht. Obwohl die Menschen, die in Israel/Palästina und im Iran leben, den Preis für die Eskalation zahlen würden, verstärkt der israelische Premierminister Netanjahu weiterhin diese Angriffe, um seine persönlichen politischen Ziele zu fördern.

In den letzten Wochen bemühte sich die israelische Militärzensur intensiv, Berichte in den israelischen Medien zu verhindern, die eine mögliche Rolle Israels bei der Auseinandersetzung mit dem Iran zu beleuchten versuchen: Dazu gehört vor allem das Frachtschiff aus dem Iran, das im Roten Meer durch die Explosion einer Mine beschädigt wurde sowie eine technische Störung in der Atomanlage in Natanz/Iran. Für diese Angriffe übernimmt niemand die Verantwortung. Die iranische Regierung beschuldigt das israelische Militär, aber die israelische Regierung hüllt sich wie immer in Schweigen. In Fernsehinterviews zwinkern israelische Politiker wissend mit den Augen – viele in Israel vermuten, trotz der Zensur, dass die Angriffe von der israelischen Regierung orchestriert wurden. Angeblich sollen die Angriffe den Iran daran hindern, Waffen nach Syrien oder an die Hisbollah im Libanon zu liefern, und sie sollen das iranische Atomprogramm verzögern. Tatsächlich erhöhen diese Angriffe die Wahrscheinlichkeit einer militärischen Konfrontation und dienen der „bewährten“ Angstkampagne von Premierminister Netanjahu.

Am 17. Februar ereignete sich an der Küste Israels eine Umweltkatastrophe: Hunderte Tonnen von schwarzem, klebrigem Teer wurden aus dem Meer an Land gespült und töteten einen 25 Tonnen schweren Wal sowie Tausende von Meerestieren, darunter auch gefährdete Meeresschildkröten. Viele Menschen meldeten sich freiwillig, um bei der Reinigung der Strände zu helfen. Die israelische Zensur verbot jegliche Berichte über die Untersuchung der Ursache der Katastrophe. Durch die Beteiligung der israelischen Spionagefirma Black Cube wurde später herausgefunden, dass der Teer mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Öltanker stammt, der Rohöl  geladen hatte, nämlich vom Tanker Emerald, der Rohöl aus dem Iran transportierte und das Öl vor den Küsten des Libanon auslaufen ließ. Greenpeacefand durch Satellitenbilder heraus, dass sich die Ölverschmutzung bereits seit Tagen der Küste Israels näherte. Dennoch unterließ die israelische Regierung die Warnung der Öffentlichkeit und ergriff auch keinerlei Maßnahmen zum Schutz der Umwelt. Es ist durchaus möglich, dass die Emerald von israelischen Streitkräften angegriffen wurde, um den Iran daran zu hindern, Öl an Syrien zu liefern. Nachdem diese Fakten trotz der Zensurbemühungen in Israel öffentlich bekannt wurden, versuchten israelische Politiker*innen, die Schuld auf den Iran zu schieben: Die Emerald habe absichtlich Öl ins Meer geleitet, damit es an die Küste Israels gespült wird und dort Umweltschäden verursacht. Netanjahu versprach, Millionen auszugeben, um die israelischen Küsten vor solchen Katastrophen zu schützen, und kaufte schließlich einen Bulldozer, um den Teer zu reinigen.

Teer am Strand der israelischen Küste. Quelle: Dafna Bin-Nun, 2021, Israel’s Nature and Parks Authority.

Am 6. April veröffentlichte die New York Times einen Artikel von Ronen Bergman über eine Reihe von Scharmützeln zwischen iranischen und israelischen Schiffen. Bergman berichtete von einem israelischen Angriff auf ein iranisches Frachtschiff namens Saviz vor der Küste des Jemen. Später stellte sich heraus, dass der israelische Angriff auf die Saviz um einen Tag verzögert wurde, so dass Bergmans Artikel vor dem eigentlichen Angriff erschien. Dies zeigt, dass Bergman seine Informationen von einer hochrangigen israelischen Quelle bekommen haben musste, bevor das Militär beschloss, den Angriff zu verschieben. Dieser Artikel erschien auch in Haaretz, allerdings durch die israelische Zensur stark gekürzt. Richard Silverstein zeigte, wie die Informationen vor dem Angriff durchgesickert waren, aber trotz Bergmans Artikel war der Iran nicht schnell genug, um den israelischen Angriff zu vereiteln. Bergman, Autor des Buches „Rise and Kill First“ (deutsch „Der Schattenkrieg“), berichtete auch über die Ermordung von Prof. Mohsen Fakhrizadeh im November 2020, die zur Eskalation zwischen Iran und Israel erheblich beitrug (siehe BIP-Aktuell #149).

Am 11. April wurde auf die iranische Nuklearanlage in Natanz ein Sabotageakt verübt, gerade als neue Anlagen zur Urananreicherung in Betrieb genommen worden waren. Nach Meinung der iranischen Behörden war dies ein Sabotageakt durch einen israelischen Cyberangriff. Weder dementierte noch bestätigte Israel diesen Vorwurf. Eine der Hallen in Natanz ist nach Mustafa Ahmad Roshan benannt, einem iranischen Wissenschaftler, der angeblich im Januar 2012 vom israelischen Mossad ermordet wurde. Zwei Tage später, am 13. April 2021, wurde ein israelisches Frachtschiff in der Nähe der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate im Persischen Golf angegriffen. Die israelischen Behörden machten den Iran für den Angriff verantwortlich und behaupteten, dies sei bereits der dritte Angriff auf israelische Schiffe innerhalb von zwei Monaten. Keines der Besatzungsmitglieder wurde verletzt. Auch fuhr das Schiff weder unter israelischer Flagge, noch hatte es israelische Besatzungsmitglieder.

Diese jüngsten Ereignisse reihen sich ein in eine lange Liste von Sabotageakten, die von israelischer Seite gegen iranische Ziele verübt werden, während der Iran einen eher strategischen Ansatz verfolgt und Militärbasen und Verbündete in Syrien und im Libanon unterstützt. Der Krieg zwischen Aserbaidschan und Armenien um Bergkarabach diente Israel als einem Verbündeten Aserbaidschans als Stellvertreterkonflikt, in dem Aserbeidschan auch israelische Waffen einsetzte (siehe BIP-Aktuell #143).

Als Reaktion auf die Sabotage in Natanz kündigte die iranische Regierung an, die Urananreicherung auf 60% zu erhöhen.

Rückt die Gefahr eines Atomkrieges zwischen Iran und Israel näher? Netanjahu begann 1992, vor einer iranischen Atombombe zu warnen. Im Jahr 2008 wurde jedoch aufgedeckt, dass die CIA Informationen hatte, nach denen der Iran sein Atomwaffenprogramm eingestellt hatte. Diese Informationen wurden aber von der CIA unterdrückt, um es der US-Regierung zu ermöglichen, den Konflikt mit dem Iran eskalieren zu lassen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Iran versucht, eine Atomwaffe zu entwickeln, aber es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Iran damit einen atomaren Schlag gegen den Staat Israel, einen engen Verbündeten der Vereinigten Staaten, vorbereiten will. In diesem Licht ist auch die Entscheidung der deutschen Regierung zu sehen, U-Boote an Israel zu verkaufen, die in der Lage sind, Interkontinentalraketen (einschließlich Atomraketen) einzusetzen. Es sind keine „Kalte-Kriegs-Phantasien“ über einen Zweitschlag Israels gegen den Iran, sondern sie sind bestimmt durch Profitgier und Korruption (siehe BIP-Aktuell #158).

Atomanlage Natanz. Quelle: Hamed Saber, 2006, Wikipedia.

Das Säbelrasseln gegen den Iran ist das Markenzeichen Netanjahus. Israel und der Iran waren vor der Islamischen Revolution enge Verbündete, israelische Sicherheitsexperten und hochrangige Offiziere glauben auch nicht, dass ein Krieg mit dem Iran in Israels Interesse wäre. Netanjahu sabotierte wiederholt das Iran-Atomabkommen und drohte mit einem einseitigen Angriff auf den Iran. Dies veranlasste den ehemaligen Chef des israelischen Mossad, Meir Dagan, sich offen gegen Netanjahu auszusprechen und vor dessen Abenteurertum zu warnen. Da Präsident Biden bei den Sanktionen gegen den Iran nicht mehr so strikt sein will wie Trump, glaubt Netanjahu nun, seinen Wählern beweisen zu müssen, dass er der einzige Politiker ist, der Israel vor einer Zerstörung bewahren könne. Er hat daher großes persönliches Interesse daran, den Konflikt mit dem Iran zu eskalieren – im Widerspruch zum nationalen Interesse Israels. Der israelische Journalist Yossi Melman behauptet, Netanjahu selbst ordne Angriffe auf iranische Ziele an, ohne das Verteidigungsministerium und das Militärkommando zu konsultieren oder zu informieren. Er schaffe damit einen sehr gefährlichen Präzedenzfall, der Teile des israelischen Geheimdienstes und der Spezialkräfte in eine „Präsidentengarde“ nach dem Vorbild von Diktatoren verwandelt.


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Die vierte Folge der BIP-Gespräche finden Sie hier, ein Gespräch mit BIP-Mitglied Annette Groth, ehemalige Bundestagsabgeordnete.

BIP-Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverstöße im besetzten Palästina

  1. Israelische Truppen erschossen einen palästinensischen Vater. Sein Verbrechen? Er fuhr seine Frau in eine Klinik

Montag, 5. April, 2.45 Uhr: Ein palästinensisches Ehepaar, das nachts auf der Hauptstraße des Dorfes Al-Jib in der Westbank auf dem Weg zum Nachbardorf Bir Naballah nördlich von Jerusalem nach Hause fährt, wird von Soldaten angehalten, befragt und danach zum Weiterfahren durchgewinkt. Doch dann feuert ein Soldat eine Kugel auf das Fahrzeug, und seine Kameraden beginnen ebenfalls zu schießen. Der Ehemann wird getötet. Die Armee behauptet, er habe versucht, die Soldaten zu überfahren, aber diese haben nicht einmal versucht, das Auto zu verfolgen. Bereits dreimal zuvor in dieser Nacht hatte die israelische Armee das Dorf Al-Jib überfallen. (Gideon Levy in Haaretz:
ww.haaretz.com/israel-news/twilight-zone/.premium.MAGAZINE-idf-troops-shot-and-killed-a-palestinian-his-crime-driving-his-wife-to-a-clinic-1.9715059?utm_source=mailchimp&utm_medium=email&utm_content=author-alert&utm_campaign=Gideon%20Levy&utm_term=20210415-23:49

  1. Auf Anordnung von Siedlern in South Hebron Hills nehmen Polizei und Soldaten fünf Minderjährige im Alter zwischen 9 und 13 Jahren fest.

B’Tselem-Feldforscher Musa Abu Hashhash berichtet am 11. März 2021 (s. Video unten):
„Einer der insgesamt 15 Soldaten sagte, die Kinder seien mit einigen anderen Soldaten in dem Waldgebiet bei Havat Ma’on und würden bald freigelassen werden. Nach über einer Stunde fragten wir die Soldaten erneut; man schickte uns zur Polizeistation in Kiryat Arba, wo wir mit den Beamten sprechen könnten. Niemand kam. Gegen 14.30 Uhr beschloss ich, dorthin zu gehen, wo der Beamte am Tor sagte, sie seien nicht hier. Ich rief eine Anwältin an, die Fälle mit Kindern bearbeitet. Gegen 19 Uhr sagte sie mir, dass die Kinder auf der Polizeistation freigelassen werden würden. Wir fuhren dorthin zurück und warteten vor dem Tor, bis sie die Kinder dorthin brachten. Das war etwa um 20 Uhr.
Wir kamen gegen 20.45 Uhr nach Hause. Die Kinder waren erschöpft und verängstigt. Mein Sohn Jaber (13) erzählte mir, dass Saqer (9) und sein Cousin Yasin (11) die ganze Zeit, in der sie inhaftiert waren, geweint hatten. Er erzählte mir auch, dass die Soldaten sie beschuldigt hätten, die Tür eines Siedlers aufgebrochen und versucht zu haben, ihn zu bestehlen, was die Kinder bestreiten. Die Soldaten hätten auch damit gedroht, mich und meinen Bruder sowie den Vater von Zeid (11) zu verhaften, wenn sie nicht gestehen würden. Ich war sehr besorgt, bis die Kinder nach Hause kamen.“ (übersetzt mit deepl.translator)
Das B´Tselem-Video ist schwer zu ertragen. Es zeigt ungeschminkt die Grausamkeit und Brutalität der Soldaten bei der Festnahme der Kinder:
https://www.btselem.org/video/20210325_soldiers_arrest_five_children_aged_in_south_hebron_hills#full

Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever.
V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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