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„Situation der Menschenrechte in den palästinensischen besetzten Gebieten seit 1967“

Angesichts des neuen Berichts von Francesca Albanese, der UN-Sonderberichterstatterin für die besetzten palästinensischen Gebiete (UN: Occupied Palestinian Territory), und der Beweise für das israelische Apartheidregime schreibt der BIP-Mitbegründer und Professor für Völkerrecht Prof. Dr. Norman Paech seine Analyse.

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Mehr als 100 zivilgesellschaftliche Organisationen starten eine Kampagne zur Sammlung von einer Million Unterschriften von EU-Bürger*innen, um den europäischen Handel mit illegalen Siedlungen in besetzten Gebieten zu beenden.
Die Europäische Bürgerinitiative ist ein offizielles Instrument, um die Stimmen der EU-Bürger zu verstärken und ihre demokratische Beteiligung zu verbessern. Wenn die Initiative innerhalb eines Jahres nach ihrem Start eine Million Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern in allen EU-Mitgliedstaaten sammelt, ist die Europäische Kommission gesetzlich verpflichtet, den Vorschlag zu prüfen, mit den Unterzeichnern zu diskutieren und gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten.
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) unterliegt EU-Regularien:  https://www.cidse.org/de/2022/04/07/take-action-to-end-european-trade-with-illegal-settlements/
Hier kann man teilnehmen.
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An Berichten über die Situation der Menschenrechte in den von Israel besetzten Gebieten Palästinas fehlt es dem UN-Menschenrechtsrat nicht. Seit dem ersten Bericht des Südafrikaners John Dugard im Jahr 2007 haben er und sein Nachfolger seit 2014, der US-Amerikaner Richard Falk, als UN-Sonderberichterstatter mehrere Untersuchungen der Menschenrechtslage in den besetzten Gebieten vorgelegt. In einem waren sie sich alle einig, in der scharfen und ungeschminkten Verurteilung der Gewalt, der Unterdrückung und schweren Menschenrechtsverbrechen der Besatzung. Sie nannten es schon damals ein Apartheidsystem. Und eines war ihnen auch noch gemeinsam, eine Veränderung der Verhältnisse in Israel und Palästina konnten sie nicht bewirken. Beide Autoren, angesehene jüdische Völkerrechtsprofessoren, wurden vielmehr von der israelischen Regierung  angegriffen, und nach wenigen Jahren verloren sie ihre Aufgabe. Als dann Richard Falk und seine Kollegin Virginia Tilley im Auftrag der Wirtschafts- und Sozialkommission der UNO (ECOWAS) 2017 einen weiteren Bericht erstellten, steigerte sich die Empörung über den Vorwurf der Apartheid und des Rassismus derart, dass UN-Generalsekretär Antonio Guterres den Bericht kurz nach seinem Erscheinen von der Website der UNO nehmen ließ.

UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese. Quelle: Twitter.

Und nun liegt ein weiterer Bericht der neuen Sonderberichterstatterin Francesca Albanese vor, noch analytischer, schärfer und pointierter die schweren Verbrechen aufzeigend, die sich aus ihrem Befund des Siedlerkolonialismus und des Apartheidsystems notwendig ergeben. Auch ihr wurde der Zutritt zu den besetzten Gebieten verwehrt, sodass sie ihre Untersuchung auf die juristische Analyse der reichhaltig vorhandenen Dokumente, Reports und Literatur sowie Gespräche, Interviews und online-Treffen stützte.

Schon zu Beginn macht sie deutlich, dass der in jüngerer Zeit in den Vordergrund gerückte Begriff der Apartheid zwar den systematischen Charakter der israelischen Verbrechen hervorheben kann, aber dennoch einige Begrenzungen hat. So beziehe er nicht die Erfahrungen der palästinensischen Flüchtlinge mit ein und berücksichtige nicht die dem System von Anfang an innewohnende Rechtswidrigkeit der Besatzung. Vor allem aber benenne er nicht die Grundursachen des Netzes rassendiskriminatorischer Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen, die das tägliche Leben in den besetzten Gebieten seit 1967 strangulieren mit der eindeutigen Absicht, sich das Land anzueignen, die Bevölkerung zu vertreiben und durch die eigenen Siedler zu ersetzen. „Das ist das Markenzeichen des Siedlerkolonialismus und ein Kriegsverbrechen nach dem Römischen Statut.“ (II A 10c, S. 15)

Francesca Albanese legt ihrer Untersuchung das Recht auf Selbstbestimmung zugrunde, welches in den Kämpfen der Dekolonisation in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts im Völkerrecht und gestützt auf zahllose Resolutionen der UN-Generalversammlung zu einem zwingenden Recht erstarkte. Siedler-Kolonialismus und Apartheid erklären sich ihr zufolge erst durch den Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der Unterworfenen. Es wird ihnen systematisch verweigert, ob in seiner politischen Dimension, eine eigene Regierung und Rechtsprechung ohne fremde Einmischung bilden zu können, seiner ökonomischen und kulturellen Dimension, frei über ihr Eigentum und Ressourcen verfügen zu können oder in seiner außenpolitischen Dimension, die die volle Souveränität über das eigene Territorium und die uneingeschränkte Handlungsfähigkeit auch international bedeutet. Die israelischen Regierungen haben nie einen Zweifel daran aufkommen lassen, das okkupierte Land nie mehr zu verlassen und auch dort die „demographische Suprematie“ zu erlangen. Die Berichterstatterin macht deutlich, dass alle Regierungen ihre Vision eines jüdischen Staates vom Jordantal bis zum Mittelmeer ohne Rücksicht auf die palästinensische Bevölkerung verfolgt haben: vom Allon-Plan 1967 mit seinen entmilitarisierten Bantustans im jüdischen Staat, über die Annexion Ost-Jerusalems 1980, die Fragmentierung der Westbank durch den Oslo-Vertrag 1993 in die A-, B- und C-Zonen, die Verwandlung des Gaza-Streifens in eine überbevölkerte, verarmte Enklave nach den Wahlen 2006, bis zu den täglichen Demütigungen, Anschlägen, Überfällen, Razzien und Verhaftungen ohne Schutz der Gerichte in der Gegenwart. Immer ist es das Ziel gewesen, das Leben für die Menschen so unerträglich zu machen, dass sie freiwillig ihr Land verlassen.

Die Berichterstatterin erwähnt zahlreiche der bekannten Maßnahmen wie die Monopolisierung der Wasserquellen und die Verdrängung der palästinensischen Landwirtschaft aus der Zone C, dem fruchtbarsten Anbaugebiet im Jordantal. Die Vereinten Nationen kamen 2019 zu der Schätzung, dass ohne die Besatzung das Pro-Kopf-Einkommen in der Westbank 44 % höher wäre als aktuell. Man kann hinzufügen, dass die Weltbank seinerzeit den jährlichen finanziellen Verlust der Palästinenser durch die Vertreibung aus dem Jordantal auf über 3 Mrd. US-Dollar schätzte. Sie erinnert an die Zerstörung des Marokkanischen Viertels in Ost-Jerusalem zu Beginn der Besatzung, um Platz für die Klagemauer zu schaffen, die Entfernung der palästinensischen Geschichte aus den Schulbüchern und die Umwandlung oder Schließung von Stätten, die die kulturelle, politische und religiöse Identität der palästinensischen Gesellschaft bewahren.

Die Berichterstatterin brauchte nur auf die wöchentlichen Veröffentlichungen des United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (UNOCHA – Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheit) zu schauen, um all die Vorwürfe und Anklagen bestätigt zu finden, die sie aus ihren Gesprächen und Interviews erfahren hat. So sind derzeit fast 4500 Palästinenserinnen und Palästinenser in israelischen Gefängnissen, 730 ohne Anklage und meistens auf Grund geheimer Anschuldigungen – die berüchtigte Administrativhaft. Zwischen 500 – 700 Kinder unter zwölf Jahren werden jährlich willkürlich verhaftet. Hinzu kommen gezielte außergerichtliche Tötungen, Entzug der Wohnerlaubnis und Deportationen, Angriffe auf Häuser, Wohnungen und Gebäude. Die täglichen Meldungen aus den besetzten Gebieten könnten eine Vielzahl weiterer Beispiele rechtswidriger Gewalt und Aggression hinzufügen, die alle nur den Befund des Berichts unterstreichen, dass es sich um ein „vorsätzlich habgieriges, die Rassentrennung förderndes, repressives Regime“ (“intentionally acquisitive, segregationist and repressive regime“, VI, S. 21) handelt, mit dem einzigen Ziel, dem palästinensischen Volk den Gebrauch seines Rechts auf Selbstbestimmung zu verhindern.

Der Bericht ist skeptisch gegenüber den Möglichkeiten einer Friedenslösung nach dem Modell der bisher gescheiterten Versuche. Sie hätten sich nicht auf die Menschenrechte, insbesondere das Selbstbestimmungsrecht konzentriert und den „Siedler-kolonialen“ Charakter der israelischen Besatzung übersehen. Da das Selbstbestimmungsrecht aber zwingend und für alle verpflichtend sei, müsse die israelische Regierung die „Unterjochung“ („subjugation“) des palästinensischen Volkes beenden und sich aus den besetzten Gebieten zurückziehen.

Das ist dann auch die erste Empfehlung bzw. Forderung des Berichts, dass Israel seine Besatzung beende, sich sofort und bedingungslos zurückziehe und Reparationen leiste. Alle Staaten werden aufgefordert, die Verletzungen des palästinensischen Rechts auf Selbstbestimmung durch Israel zu verurteilen, das sofortige Ende der rechtswidrigen Besatzung, die Rückgabe des geraubten Landes und aller Ressourcen zu fordern und in der UN-Generalversammlung einen Plan zu entwickeln, „um die Siedler-koloniale Besatzung und das Apartheid-Regime zu beenden“ (VI, S. 21). Sollte Israel den Forderungen nicht folgen, sollten die Staaten diplomatische, ökonomische und politische Maßnahmen entsprechend der Charta der Vereinten Nationen ergreifen. Es sollte eine umfassende und transparente Untersuchung aller Menschenrechtsverletzungen, des humanitären Völkerrechts bis hin zu möglichen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen der Aggression unternommen werden. Die Staaten sollten schließlich die Täter mit Hilfe des Internationalen Strafgerichtshofs und anderer universeller Justizorgane zur strafrechtlichen Verantwortung ziehen.

Der Bericht ist wie die vorangegangenen eine scharfe und schnörkellose Abrechnung mit einem kriminellen System auf der Basis unanfechtbarer Tatsachen. Unsere Medien und Politik haben darauf bisher nicht reagiert, nur Israel – mit heftigen Angriffen auf die Autorin. Hoffen wir, dass sich die Spitze der UNO diesmal nicht von dem Bericht und ihrer Berichterstatterin distanziert.

Prof. Dr. Norman Paech
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Eine neue Folge von BIP-Gespräch ist da. Diese Woche sprechen wir mit Fuad Hamdan, dem  Geschäftsführer des Dritte Welt Zentrums.

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BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.

Blutflecken und Zerstörung in diesem palästinensischen Haus erzählen die ganze Geschichte
Gideon Levy berichtet am 22.10.: „Die Polizei führte eine Razzia im Ostjerusalemer Stadtteil Beit Hanina durch, um Shadi Khoury zu verhaften. Als der 16-Jährige sich weigerte, sich in ihrem Beisein zu entkleiden, wurde er vor den Augen seiner Eltern verprügelt und dann abgeführt. Niemand sagte den Eltern – die beide örtliche Kultureinrichtungen leiten -, warum ihr Sohn verhaftet wurde.
Die naiven und unschuldigen Jungs in Schwarz von der israelischen Polizei sind einem ans Herz gewachsen. Ein 16-jähriger Junge hat sie „angegriffen“, heißt es – und sein Vater, der Komponist, und seine Mutter, die ein Kulturzentrum leitet, haben auch mitgemacht. Und vielleicht hat sich auch Lora, die ältere Nachbarin und Verwandte, an dem wilden Angriff auf die Gesetzeshüter beteiligt. Eine kurze Bekanntschaft mit den Bewohnern dieses Hauses genügt, um zu begreifen, wie lächerlich die Behauptungen der Polizei sind.
Blutflecken übersäen die geräumige, elegante Villa. Wo immer die Polizei ihr Opfer hinschleppte, hinterließ es eine schmale Spur aus Blutstropfen, Tropfen für Tropfen, als wollte es den Weg der Verhaftung und der Schläge markieren. Der Junge schrie; die Nachbarn hörten seine Schreie und waren erschrocken.
Beit Hanina ist ein wohlhabendes und relativ ruhiges Viertel, und es kommt nicht jeden Tag vor, dass dort Gewalttaten wie diese geschehen. Der betroffene Jugendliche, Shadi Khoury, lebt mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder in einem Familienanwesen in einer Straße, die den Namen eines der Vorfahren der Familie trägt, Yusuf Khoury, des Ingenieurs, der die Straße und diese stattliche Häusergruppe an den Nordhängen Jerusalems gegründet hat.
Alles ist mit Blut befleckt. Der Teppich in seinem Zimmer, der Marmorboden im Korridor, die Treppe, der Hof, der Garten und die Straße, sogar eine Papierkarte auf seinem Tisch ist blutverschmiert.
Als wir am vergangenen Dienstag, wenige Stunden nach Shadis brutaler Verhaftung, bei ihm ankamen, war das Blut noch nicht getrocknet, und die Familie war verzweifelt. Shadi Khoury, 16, Schüler der 11. Klasse der Quakers Friends School in Ramallah, wurde gewaltsam in Gewahrsam genommen, barfuß und im Schlafanzug. Als die Polizisten ihn aufforderten, sich anzuziehen, weigerte er sich, sich vor ihnen zu entkleiden und bat sie, ihn vorübergehend in seinem Zimmer zu lassen, dessen Fenster vergittert sind. Daraufhin begannen die Beamten, ihn brutal zu schlagen – vier schwarz gekleidete Hooligans, die sich über den verängstigten Jugendlichen beugten und mit ihren Fäusten auf seinen Kopf, sein Gesicht und seine Brust einschlugen. Die Eltern sahen entsetzt zu, unfähig, ihrem Sohn zu Hilfe zu kommen. Stellen Sie sich vor, es wären Ihre Kinder.
Am frühen Dienstagmorgen erhielt ich einen Anruf von Lora Khoury, einer 91-jährigen Frau, die Haaretz liest und gelegentlich anruft, um einen Kommentar abzugeben, aber dieses Mal war sie von ihren Gefühlen überwältigt. Der Sohn ihrer Nachbarn – es sind ihre Verwandten – war vor dem Morgengrauen verhaftet worden, und sie hörte seine Schreie in ihrem Haus, ein paar Häuser von ihrem entfernt.
„Sie kommen, um eine Verhaftung vorzunehmen, warum schlagen sie dann Menschen? Was für eine Armee und was für eine Polizei habt ihr euch denn da ausgedacht?“, fragte sie in ihrem ausgezeichneten Englisch. (…)
Am Montag dieser Woche ging Shadi gegen 23 Uhr schlafen. „Er hat Schule“, sagt seine Mutter. „Hatte Schule“, korrigiert ein Verwandter sie. Jeder in diesem Haus, ob alt oder jung, spricht fließend Englisch.
Am Dienstag um 5:45 Uhr erwachte die Familie durch das Klopfen an der Tür und das unaufhörliche Klingeln an der Tür. Zusammen mit ihrem deutschen Schäferhund öffneten die Eltern in ihren Schlafanzügen und verschlafen die Tür, während Shadi und Yusuf hinter ihnen standen. Die Anrufer waren sechs schwarz gekleidete, bewaffnete Polizeibeamte, die ihnen befahlen, den Hund wegzubringen. Sie hatten auf dem Weg zum Gelände die Parkschranke durchbrochen und versucht, zum Haupteingang des Hauses zu gelangen, der aber nur mit einem Zugangscode zugänglich ist, so dass sie von hinten durch das Treppenhaus eindrangen.
„Wer ist Shadi?“, fragten sie. „Du? Yalla, du bist verhaftet.“
Sie forderten die Familie auf, sie in Shadis Zimmer zu bringen, in das sich die Männer in Schwarz nun zusammen mit dem Teenager und seinen Eltern zwängten. Suhail verlangte einen Haftbefehl; sie zeigten ihm ein Dokument auf Hebräisch, das er nicht lesen kann. „Und haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?“, fragte er. Einer der schwarz gekleideten Beamten antwortete: „Wir haben einen Durchsuchungsbefehl für alles“. Die Eltern versuchten zu argumentieren, dass der 16-Jährige die Rechte eines Minderjährigen habe, worauf die Antwort lautete: „Wir kennen das Gesetz. Belehren Sie uns nicht.“
Sie verlangten Shadis Handy, er sagte, er würde es ihnen geben, aber es nicht entsperren. Dann befahlen sie Shadi, sich anzuziehen, um in Gewahrsam genommen zu werden, aber bevor er seine Unterwäsche anziehen konnte, musste er seinen Pyjama ausziehen. Er weigerte sich, sich in ihrer Gegenwart auszuziehen. Die Beamten fingen an zu schreien, bevor sie Shadi zu Boden stießen, woraufhin vier von ihnen begannen, auf ihn einzuschlagen. Vier gegen einen.
Shadi begann zu schreien, sie schlugen weiter auf ihn ein. Seine Mutter versuchte, einzugreifen: „Er ist ein Junge, gib ihm zwei Minuten, um sich anzuziehen.“ Nichts half.
Er wurde nach draußen gezerrt, barfuß. Auf der Straße standen Fahrzeuge der Grenzpolizei und andere Beamte. Shadi wurden die Hände auf dem Rücken gefesselt und ihm wurden die Augen mit einem Tuch verbunden – eine Standardprozedur. Er schrie weiter. Seine Eltern sind sich sicher, dass die Beamten im Fahrzeug weiter auf ihn einschlugen.
Es ist nicht klar, woher er blutete, aber später am Morgen waren die Flecken und Tropfen überall zu sehen. Die Polizisten zogen mit ihrer Beute ab. Sie teilten den Eltern mit, dass sie ihn in die Hafteinrichtung im Russian Compound in der Jerusalemer Innenstadt bringen würden. Suhail ging sofort hinter seinem Sohn her; Rania hatte Angst, nach draußen zu gehen – sie hat keine Aufenthaltserlaubnis in ihrer Stadt.
Am 22. Juli 2020 waren Einheiten der israelischen Armee in die beiden von Suhail und Rania geleiteten Kultureinrichtungen eingedrungen, hatten deren Ausstattung beschlagnahmt und sie geschlossen. Zuvor waren die beiden Eltern in ihrem Haus verhaftet worden – demselben Haus, in dem sie diese Woche eine Razzia durchführten, um ihren Sohn zu verhaften. Das Ehepaar wurde nach einer Befragung über die von ihnen geleiteten Kulturzentren und ihre Finanzierungsquellen freigelassen, aber Rania wurde die befristete Aufenthaltsgenehmigung, die sie im Rahmen eines Antrags auf Familienzusammenführung erhalten hatte, entzogen, und seitdem kämpft sie auf juristischem Wege darum, in ihrer Wohnung bleiben zu dürfen.
Rania wurde in Bethlehem geboren und lebt seit 1998 mit ihrem Mann und ihren Kindern mit einer befristeten Aufenthaltsgenehmigung in Jerusalem. Sie legte über das Hamoked Center for the Defense of the Individual Berufung gegen die Aufhebung der Genehmigung ein, und ihre Ausweisung wurde bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens ausgesetzt. Jetzt traut sie sich nicht einmal mehr auf die Straße, weil sie befürchtet, ausgewiesen zu werden. Sie kann ihre Familie in Bethlehem nicht besuchen, weil sie möglicherweise nicht wieder einreisen darf, und sie können sie nicht besuchen, weil sie keine Einreiseerlaubnis für Jerusalem haben. Nach dem Verhör und der Schließung der Einrichtungen – sie haben inzwischen wieder geöffnet – schrieb Suhail einen Artikel und veröffentlichte ihn in den sozialen Medien mit der Überschrift „Wir lieben Beethoven“.
Nachdem Shadi in Gewahrsam genommen worden war, kehrten die Männer in schwarzen Uniformen in sein Zimmer zurück und begannen, alles auf den Boden zu werfen und das Bettgestell zu zerschlagen. „Das ist die Geschichte unseres Lebens“, sagt die 91-jährige Lora, die alles gesehen hat.
Ein Polizeisprecher erklärte diese Woche auf Anfrage von Haaretz: „So sieht eine verzerrte Beschreibung der Realität aus. Der Verdächtige wurde unter dem Verdacht festgenommen, an einer schweren Gewalttat beteiligt gewesen zu sein, bei der letzte Woche in Beit Hanina jüdische Fahrzeuge angegriffen und gesteinigt wurden. Während seiner Verhaftung, die durch einen Gerichtsbeschluss gestützt wurde, griff er die Polizeibeamten mit Fäusten und Tritten an, schubste, tobte und versuchte aktiv, die Durchführung der Verhaftung zu verhindern.“
In der Abenddämmerung am Dienstag wurde Shadi für 48 Stunden in Untersuchungshaft genommen. Den ganzen Tag über stand sein Vater auf der Straße vor dem „Raum Nr. 4“, dem berüchtigten Verhörraum im Russian Compound in der Jerusalemer Innenstadt, in den Shadi gebracht wurde.
Als Rania Khoury am Donnerstag um einen aktuellen Bericht über die Situation ihres Sohnes gebeten wurde, berichtete sie, dass ihr Mann und die anderen Kinder an diesem Tag im Gericht gewesen seien, als Shadis Haft bis Sonntag verlängert wurde, eine Entscheidung, gegen die sein Anwalt Berufung einlegt. „Ich werde Sie auf dem Laufenden halten“, sagte sie.“
https://www.haaretz.com/israel-news/twilight-zone/2022-10-22/ty-article-magazine/.highlight/bloodstains-and-destruction-at-this-palestinian-home-tell-the-whole-story/00000183-fb2a-d4e5-adeb-fbaaa0000000?utm_source=mailchimp&utm_medium=Content&utm_campaign=daily-brief&utm_content=7d3771e0fd

Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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