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Macht Deutschland sich mitschuldig am Völkermord?

BIP-Aktuell #301:

  1. Arye Sharuz Shalicar
  2.  Israel hat im Jahr 2024 eine Rekordmenge an Land im Westjordanland zum Staatseigentum erklärt

Major d.R. Arye Sharuz Shalicar ist ein zumeist in Deutschland lebender israelischer Soldat mit deutscher Staatsangehörigkeit, der für die israelische Regierung arbeitet. Seine Äußerungen, in denen er zur Vernichtung der Bevölkerung des Gazastreifens aufruft, sind völkerrechtswidrig, werden aber von den deutschen Behörden strafrechtlich nicht verfolgt. Machen sie sich damit zum Komplizen des mutmaßlichen israelischen Völkermords?

Major d.R. Arye Sharuz Shalicar wurde in Deutschland geboren, hat aber neben der deutschen auch die israelische Staatsbürgerschaft und arbeitet als Nachrichtenoffizier im israelischen Militär. Er ist in Deutschland dafür bekannt, Hass zu verbreiten. Im Jahr 2017 warnte er Friedensaktivisten in Deutschland, sie sollten „in Angst leben“.  Tatsächlich hat die Repression gegen Aktivisten, die sich in Deutschland für die Rechte der Palästinenser einsetzen, ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht. Auf seinem Facebook-Profil schreibt Shalicar, dass er „seit dem 7. Oktober wieder einer der Sprecher des israelischen Militärs ist.“



Screenshot aus der Bildzeitung. Shalicar (links) bei seinem Interview vom 1. November. Quelle: Bild.


Südafrika erklärte, dass südafrikanische Bürger, die im aktuellen Krieg in Gaza für das israelische Militär kämpfen, bei ihrer Rückkehr nach Südafrika strafrechtlich verfolgt werden. Deutschland verbietet  deutschen Staatsbürgern die Rekrutierung für eine ausländische Armee. Dieses Verbot kann auf Major d.R. Shalicar offenbar nicht angewendet werden, weil er nicht nur deutscher Staatsbürger ist, sondern auch die israelische Statsbürgerschaft hat. So hat er sich an der Grenze zu Gaza in voller Uniform für ein Interview mit der Bild-Zeitung ablichten lassen, obwohl er normalerweise in Deutschland lebt, um die israelische Hasbara – die israelische Propaganda – (siehe BIP-Aktuell #174) auf deutschem Boden zu fördern, die Werbetrommel für Israel und für Militärexporte zu rühren und nicht zuletzt die Stimmen palästinensischer Solidaritätsaktivisten zum Schweigen zu bringen.



Ein Tweet von Shalicar, der zur Bombardierung von Krankenhäusern, Schulen und Moscheen in Gaza aufruft. Quelle: 2023, Twitter [Tweet wurde entfernt, aber BIP hat einen Screenshot].


In seinem Buch „Der neu-deutsche Antisemit“ diffamierte er Reiner und Judith Bernstein als Antisemiten. Seine Lesereise wurde gleichwohl von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) mit Mitteln der Bundesregierung unterstützt.

Shalicar hat den Anschlag vom 7. Oktober als „Mini-Holocaust“ bezeichnet. Über 1200 israelis wurden bei dem Angriff getötet, davon ca. 800 Zivilisten und ungefähr 400 Soldaten. Der israelische Angriff auf Gaza, bei dem mehr als 33.000 Zivilisten getötet wurden, würde nach seiner Berechnung 40 „Mini-Holocausts“ darstellen.



Tweet von Shalicar, in dem er erklärt, dass alle Zivilisten in Gaza schuldig sind und dass ganz Gaza mit der Hamas gleichzusetzen ist. Quelle: Dezember 2023, Twitter [der Tweet wurde gelöscht, aber BIP hat einen Screenshot].


In seiner Rolle als Sprecher des israelischen Militärs in Deutschland verglich Shalicar den Kampf Israels gegen die Hamas mit der Entführung von Adolf Eichmann, die mit dessen Hinrichtung in Israel endete. Zwei wichtige Unterschiede müssen dabei klargestellt werden: Eichmann wurde vor Gericht gestellt und durfte sich selbst verteidigen, während Hamas-Mitglieder ohne Prozess getötet werden. Zweitens wurde Eichmann aus Argentinien entführt und in Israel hingerichtet – der einzige Fall, in dem Israel ein Mitglied der Nazipartei für seine Verbrechen hingerichtet hat. Die Tötung von Hamas-Mitgliedern erfolgte ohne Rücksicht auf so genannte „Kollateralschäden“, wobei für jedes bewaffnete Hamas-Mitglied bis zu hundert unbeteiligte Zivilisten getötet wurden und werden. Shalicars Vergleich bestätigt, dass es Israel vor allem darum geht, die Hamas-Mitglieder zu töten  – um nichts Geringeres.

Shalicar ist sich bewusst, dass die Forderung nach der Tötung aller Hamas-Mitglieder aus rechtlicher Sicht riskant ist, und sagte in einem Interview mit der taz, dass „wir weder Geiseln noch unschuldige Palästinenser treffen wollen“ – wobei er hier den Unterschied zwischen unschuldigen Zivilisten und Hamas-Kämpfern anerkennt. In den sozialen Medien hat er jedoch wiederholt „Hamas = Gaza“ gepostet und behauptet, dass die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens der Hamas angehöre. Nach seiner Logik müsste also die gesamte Bevölkerung ausgerottet werden, auch wenn dabei Krankenhäuser in Gaza bombardiert werden. Dies kann als ein Aufruf zum Völkermord verstanden werden, ein Aufruf, der im Namen des israelischen Militärs auf den offiziellen Social-Media-Kanälen erfolgt. Nach deutschem Recht sind derartige Aufrufe strafbar, und es fragt sich, warum  die deutschen Behörden Shalicar nicht strafrechtlich verfolgen. Kann es sein, dass die deutsche Regierung, die derzeit vor dem Internationalen Gerichtshof wegen möglicher Mitschuld an dem von Israel begangenen Völkermord angeklagt ist (siehe BIP-Aktuell #300),  aus rechtstaatlich fragwürdigen Gründen die Augen vor einer Straftat eines hochrangigen israelischen Militärangehörigen mit deutscher Staatsangehörigkeit verschließt? Dieser Mangel an rechtlicher Prüfung könnte die Verteidigung Deutschlands vor dem IGH schwächen.



Screenshot aus der Jüdischen Allgemeine vom 18. Januar. Habecks Besuch in Israel, begleitet von Shalicar (links), trug dazu bei, dass sein Ministerium die Waffenverkäufe an Israel beschleunigte, obwohl es Beweise dafür gibt, dass die Waffen für Völkermord eingesetzt werden (siehe BIP-Aktuell #285). Quelle: Jüdische Allgemeine.


Nicht unerheblich ist, dass Shalicar in seiner Rolle als israelischer Offizier viele Interviews für deutsche Mainstream-Medien gibt. In einem ZDFInterview hat er den Moderator in kumpelhafter Weise geduzt. So sagte er beispielsweise dem Deutschlandfunk, dass die Tötung der sieben Mitarbeiter der World Central Kitchen (WCK) am 3. April ein „schwerer Fehler“ gewesen sei, obwohl die Beweise zeigen, dass die Helfer absichtlich getötet wurden. Denn nachdem sie ihre Fahrten mit dem israelischen Militär koordiniert hatten, um Lebensmittel für die hungernde Bevölkerung in Gaza zu liefern, schoss eine israelische Drohne auf ihr Auto, danach nicht nur auf den in großem Abstand fahrenden zweiten Wagen, der die Passagiere des ersten Wagens retten wollte, sondern auch auf den dritten Wagen, der ebenfalls einen großen Abstand hielt. Es kann keinen Zweifel geben: Shalicar hat die Unwahrheit gesagt, um das von seiner Armee begangene Kriegsverbrechen zu decken.

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BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden. dfsf

Hagar Shezaf schreibt am 11.4. in Haaretz:
Israel hat im Jahr 2024 eine Rekordmenge an Land im Westjordanland zum Staatseigentum erklärt

„Tausende Hektar Land wurden in nur drei Monaten als staatseigenes Eigentum ausgewiesen, während die Neukartierung von Land, das bereits als staatseigen eingestuft wurde, den Weg für den Bau potenzieller Siedlungen ebnete.

Kaum drei Monate nach Beginn des Jahres 2024 wurde bereits eine Rekordmenge an Land im Westjordanland als Staatseigentum deklariert. Darüber hinaus zeigen Zahlen aus den Jahren 2018 bis 2023, dass die Zivilverwaltung etwa 24.000 Dunam (5.900 Hektar) staatseigenes Land neu kartiert hat, die meisten davon in Gebieten tief im Westjordanland – ein Schritt, der den Bau von Siedlungen in diesen Gebieten ankündigen könnte.

Der größte Block bestand aus 8.000 Dunam (fast 2.000 Hektar) im Jordantal. Weitere 650 Hektar wurden in der Nähe von Abu Dis als Staatseigentum ausgewiesen, ebenso wie 42 Hektar in der Nähe des Herodian-Nationalparks im südlichen Westjordanland.

Bevor Baupläne genehmigt werden können, müssen Gebiete, die vor 1999 als Staatsbesitz deklariert wurden, vom Team der sogenannten Blauen Linie der Zivilverwaltung neu kartiert werden.

Der Großteil der in den letzten fünf Jahren durchgeführten Neukartierungen erfolgte in Gebieten, in denen nicht oder nur wenig gebaut wurde. Die Zahlen wurden veröffentlicht, nachdem die Kerem Navot, eine Nichtregierungsorganisation, die die Siedlungsaktivitäten überwacht, einen Antrag auf Informationsfreiheit gestellt hatte, der die Daten ebenfalls analysierte.

Den Daten zufolge wurden in den Jahren 2018-2023 1.070 Hektar in der Region South Hebron Hills neu kartiert. Es umfasst Gebiete in der Nähe der Siedlungen Pnei Hever, in der Nähe der Industriezone Meitarim und Teneh Omarim. Letzteres ist ein Gebiet, in dem in den letzten Jahren mehrere nicht genehmigte Außenposten auf staatlichem Land errichtet wurden.  

In einem Dokument aus dem Jahr 2016 heißt es, dass die Prioritäten des Blue Line-Teams auf Gebieten liegen sollten, die Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen sind oder die zwischen Palästinensern und Siedlern oder dem Staat umstritten sind. Das Team soll sich auch auf die Siedlungsblöcke im Westjordanland (Gush Etzion, Ma’aleh Adumim, das Jordantal, Jerusalem und Ariel), Gebiete, in denen Bildungseinrichtungen gebaut werden sollen, und andere Gebiete konzentrieren, die von der Zivilverwaltung als dringend eingestuft wurden.
Kürzlich kündigte die Zivilverwaltung an, dass sie beabsichtige, die Zuständigkeit der Shiloh-Siedlung auf den Außenposten Ahiya auszuweiten, was einen Schritt in Richtung Legalisierung darstellt. Der Umzug erfolgte, nachdem das Blue Line-Team im April 2023 seine Arbeit in der Region abgeschlossen hatte.

Bezalel Smotrich, der nicht nur Finanzminister ist, sondern auch Minister im Verteidigungsministerium, der für die Zivilverwaltung zuständig ist, hat eifrig daran gearbeitet, den Außenposten einen legalen Status zu verschaffen. Anfang dieser Woche wurde berichtet, dass Smotrich den Mishmar Yehuda, Beit Hogla, Shacharit und Asa’el – Außenposten, die gerade dabei sind, anerkannte Siedlungen zu werden – ´Ortssymbole verliehen hat. Ein Ortschaftssymbol berechtigt eine Siedlung zu staatlichen Mitteln für ihre Entwicklung. Der Schritt steht im Einklang mit einem Kabinettsbeschluss, der bei der Einsetzung der aktuellen Regierung getroffen wurde, um den Status von 10 Außenposten als neun Siedlungen zu formalisieren.

Dror Etkes von Kerem Navot sagt, er sei von der verstärkten Aktivität nicht überrascht gewesen. ´Wie von dieser Regierung zu erwarten ist, gab es im vergangenen Jahr einen starken Anstieg der öffentlichen Mittel, die in den Raub von Tausenden weiterer Dunam investiert wurden, die in mehreren Gebieten tief im Westjordanland verstreut sind, sowie die Förderung der Möglichkeit des Baus auf den Tausenden von Dunams, die frühere Regierungen in den letzten Jahrzehnten geraubt haben. obwohl die meisten von ihnen noch nicht genutzt wurden`, sagt er.“

https://www.haaretz.com/israel-news/2024-04-11/ty-article/.premium/israel-has-declared-record-amount-of-west-bank-land-as-state-owned-in-2024/0000018e-c7a2-dd23-a3cf-e7a713c90000


Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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