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Israel greift das größte Krankenhaus in Gaza an

BIP-Aktuell #281:

  1. Al-Shifa-Krankenhaus
  2. Kinder sind Kinder, ob in Israel oder Gaza. Sie verdienen es nicht zu sterben

Das Al-Shifa-Krankenhaus ist das wichtigste Krankenhaus im Gaza-Streifen. Israel hat die drei größten Krankenhäuser im nördlichen Teil des Gazastreifens angegriffen, darunter auch Al-Shifa. Bei den Angriffen wurden Bomben, Panzer und Gewehrfeuer eingesetzt und der Zugang zu lebensnotwendigen Gütern verweigert, so dass Patienten starben und Leichen verwesten, ohne dass die Angehörigen sie nach muslimischem Brauch begraben konnten.

Das Dar Al-Shifa -Krankenhaus (kurz Al-Shifa) ist das größte Krankenhaus im Gazastreifen, der Träger ist der Rote Halbmond. Sein Name bedeutet auf Arabisch „ein Ort der Heilung“. Es wurde 1946, während der britischen Herrschaft in Palästina, in einer britischen Militärkaserne gegründet. Als der Gazastreifen von Ägypten verwaltet wurde (ab 1948), wurde das Krankenhaus in ein neues Gebäude verlegt und zum größten und wichtigsten Krankenhaus des Gazastreifens gemacht. Bei der Eroberung des Gazastreifens durch Israel im Jahr 1967 nahm die israelische Armee das gesamte Personal des Krankenhauses in Gewahrsam. In den 1980er Jahren gestalteten die israelischen Besatzungsbehörden das Krankenhaus um und erweiterten es mit Hilfe von Steuergeldern, die von den Palästinensern unter militärischer Besatzung erhoben wurden. Das Al-Shifa-Krankenhaus befindet sich im nördlichen Teil des Gazastreifens, dessen Räumung die israelische Armee gefordert hat und damit gedroht hat, jeden zu töten, der sich in diesem Gebiet aufhält.




Ein Krankenwagen des Roten Halbmondes, der am 14. Oktober von Israel bombardiert wurde. Quelle: Bildschirmfoto von Al-Jazeera, 2023.

Bei der israelischen Invasion des Gazastreifens 2008/9 und 2014 war das Al-Shifa-Krankenhaus überfüllt mit Patienten. Die Ärzte waren überwältigt von der großen Zahl der Patienten, die dringend behandelt, von Schrapnellen befreit und amputiert werden mussten. Der Journalist Max Blumenthal, der während des Angriffs 2014 im Krankenhaus war, berichtete von einem Arzt, der rief: „Können sie nicht sehen, dass wir Menschen sind“? Während des Angriffs 2014 behaupteten israelische Offiziere, dass sich Hamas-Kämpfer in dem Krankenhaus versteckt hielten, eine Behauptung, für die sie nie Beweise vorlegten. Der norwegische Arzt Mads Gilbert, der ebenfalls als Freiwilliger im Krankenhaus gearbeitet hat, berichtete, dass das Krankenhaus eine dringend benötigte medizinische Einrichtung sei, und wies Andeutungen zurück, wonach das Krankenhaus als Stützpunkt von Hamas-Kämpfern genutzt werde.

Am 14. Oktober kündigte das israelische Militär an, dass alle Palästinenser, die die nördliche Hälfte des Gazastreifens, in der 1,1 Millionen Menschen leben, getötet werden, wenn sie nicht innerhalb von 24 Stunden nach Süden fliehen. Trotz dieser Aufforderung griff das israelische Militär Konvois von Flüchtlingen auf ihrem Weg in den Süden an und zerstörte die Straßen, so dass die Menschen in der nördlichen Hälfte des Gazastreifens gefangen waren. Die Krankenhäuser haben von Anfang an erklärt, dass sie die Kranken nicht evakuieren können, weil sie nicht über die Mittel verfügen, um ihre Patienten zu transportieren. Außerdem gab es schwerkranke Patienten, die man nicht transportieren konnte. Viele Menschen in Gaza haben zunächst geglaubt, dass sie in den Krankenhäusern Schutz suchen könnten in der Annahme und Hoffnung, dass das israelische Militär sie nicht bombardieren werde.

Am 31. Oktober hat die Fernsehsendung Democracy Now! Dr. Hammam Alloh vom Al-Shifa-Krankenhaus interviewt. Die Moderatorin Amy Goodman fragte ihn nach seiner eigenen Sicherheit angesichts der israelischen Forderung, das Krankenhaus zu evakuieren. Er antwortete: „Glauben Sie, ich habe insgesamt 14 Jahre lang Medizin studiert und promoviert, damit ich nur an mein Leben und nicht an meine Patienten denke?“ Am 13. November wurde er im Krankenhaus durch israelischen Beschuss getötet.

Die drei wichtigsten Krankenhäuser im nördlichen Teil des Gazastreifens sind das Al-Ahli Baptist-Krankenhaus, das Al-Shifa- Krankenhaus und das Al-Quds Krankenhaus. Am 17. Oktober bombardierte das israelische Militär das Al-Ahli-Baptist-Krankenhaus und tötete ungefähr 500 Menschen. Die Behauptung, dass die Palästinenser es selbst bombardiert hätten, wurde widerlegt.

Am Freitag, den 3. November, hat das israelische Militär einen Luftangriff auf einen Krankenwagen vor dem Al-Shifa-Krankenhaus geflogen. Der Angriff wurde von Human Rights Watch bestätigt. Die NGO rief dazu auf, den Angriff als mögliches Kriegsverbrechen zu untersuchen. Der Angriff zerstörte den Krankenwagen und tötete eine Frau, die sich auf einer Bahre im Krankenwagen befand, sowie alle Personen in der Nähe: 21 Menschen, darunter fünf Kinder, wurden getötet oder verletzt. Der israelische Militärsprecher behauptete, die Hamas nutze Krankenwagen als Transportmittel für Kämpfer und Munition und bezeichnete sie in einem Tweet als „legitimes militärisches Ziel“. Man kann davon ausgehen, dass die Behauptung falsch war, denn der Tweet wurde später gelöscht, aber ein Screenshot ist noch verfügbar.

Dutzende von israelischen Ärzten haben in einem Brief die israelische Armee aufgefordert, das Al-Shifa-Krankenhaus und andere Krankenhäuser (“die Hornissennester”) zu bombardieren. Der Brief wurde in den sozialen Medien weit verbreitet. Die israelische NGO Physicians for Human Rights hat sich von dem Brief distanziert.

Am 10. November wurde das Al-Shifa-Krankenhaus von israelischen Artilleriegranaten getroffen. Die israelische Armee behauptete, wie im Fall des Al-Ahli – Baptistenkrankenhauses, dass die Palästinenser es selber bombardiert hätten, aber die New York Times veröffentlichte Beweise, die belegen, dass das israelische Militär gelogen hat und dass es sich bei dem Beschuss um vorsätzliche israelische Bombardierung des Krankenhauses handelt.

Am Samstag, den 11. November, griffen die israelischen Streitkräfte das Krankenhaus direkt an. Sie schnitten den Zugang zum Krankenhaus ab und verweigerten dadurch Tausenden von kranken und verletzten Palästinensern in Gaza den Zugang zu medizinischer Versorgung. Der Direktor des Al-Shifa-Krankenhauses, Muhammad Abu Salmiya, sagte gegenüber Journalisten, dass „wir nur noch Minuten vom Tod entfernt sind“. Das Krankenhaus wurde von israelischen Soldaten belagert, und es gab keine Möglichkeit, die toten Patienten zu bestatten. Das Personal musste mit bloßen Händen Gräber für die Patienten innerhalb des Krankenhausgeländes ausheben. Fast 100 Leichen wurden auf diese Weise begraben. Weitere Leichen wurden vor dem Krankenhaus abgelegt, wo das Personal sie nicht erreichen kann, ohne erschossen zu werden. Ärzte warnen, dass die verwesenden Leichen ein Risiko für die Verbreitung von Krankheiten darstellen und dass streunende Hunde bereits begonnen haben, die Leichen anzufressen. Ärzte ohne Grenzen beschrieb die schrecklichen Bedingungen im Al-Shifa-Krankenhaus, das von israelischen Soldaten beschossen und belagert wird.

Am nächsten Tag, am Sonntag, dem 12. November, veröffentlichte die Weltgesundheits-organisation (WHO) eine dringende Mitteilung, dass sie den Kontakt zum Al-Shifa-Krankenhaus verloren habe. Die WHO berichtete außerdem, dass Patienten, die versuchten, aus dem Krankenhaus zu fliehen, erschossen wurden. Am 13. November erklärten die Mitarbeiter des Krankenhauses, dass das Krankenhaus keinen Treibstoff mehr für seine Generatoren hat und daher nicht mehr arbeiten kann. Zu diesem Zeitpunkt starben bereits frühgeborene Babys in den Brutkästen. Das Al-Shifa-Krankenhaus gab bekannt, dass es 83 Frühgeborene in Brutkästen hat, die ohne Strom nicht überleben können (Quelle auf Hebräisch). Auch seien bereits 32  Patienten aufgrund des israelischen Angriffs seit drei Tagen gestorben (Quelle auf Hebräisch). An diesem Tag weiteten die israelischen Streitkräfte den Angriff auf das Al-Quds-Krankenhaus aus, das ebenfalls vom Roten Halbmond betrieben wird.

Die Europäische Union gab am 12. November eine Erklärung ab, in der sie Israel zur Zurückhaltung aufforderte, aber auch die Hamas dafür verurteilte, „Krankenhäuser als menschliche Schutzschilde“ zu benutzen – eine Anschuldigung, die sich ausschließlich auf israelische Quellen ohne Beweise stützt. Das Krankenhauspersonal wies die Behauptung zurück, das Krankenhaus werde als Versteck für Hamas-Mitarbeiter oder Waffen genutzt. Das israelische Militär behauptete, das Krankenhaus sei ein geheimer Stützpunkt der Hamas gewesen, konnte aber keine Beweise vorlegen, und auch die New York Times zweifelte die israelischen Behauptungen an. Die Erklärung der EU verstand das israelische Militär offensichtlich als politische Legitimation, ein Kriegsverbrechen zu begehen und Zivilisten in einem Krankenhaus anzugreifen, was es auch prompt am selben Tag tat. Die Aufforderungen, sich zurückzuhalten, wurden ignoriert. Am Mittwoch, den 15. November, drangen israelische Streitkräfte in das Krankenhaus ein. Die Soldaten gingen im Krankenhaus von Raum zu Raum: „Alle Männer ab 16 Jahren heben die Hände”, rief ein Soldat in akzentuiertem Arabisch, wie ein Journalist gegenüber AFP berichtete. ”Verlassen Sie das Gebäude in Richtung Innenhof und ergeben Sie sich”, befahl der Soldat. Etwa 1.000 palästinensische Männer wurden mit erhobenen Händen in den großen Innenhof des Krankenhauses geführt. ”Einige von ihnen wurden von israelischen Soldaten nackt ausgezogen und auf Waffen oder Sprengstoff untersucht ”, sagte der Journalist.

Als sich die palästinensisch-israelische Knessetabgeordnete Aida Touma-Suleiman gegen die Bombardierung des Al-Shifa-Krankenhauses aussprach und behauptete, das israelische Militär habe weiße Phosphorwaffen gegen das Krankenhaus eingesetzt, wurde sie von der Knesset suspendiert und die ihr zustehenden Diäten wurden beschlagnahmt (Quelle auf Hebräisch).

Ali Abunimah fasste den Bericht von Dr. Abu Salmiya vom Al-Shifa Krankenhaus zusammen, der am 16. November an Al-Jazeera Arabic gegeben wurde:

Auf dem Al-Shifa-Gelände befinden sich etwa 7.000 Menschen unter totaler Belagerung, darunter 650 Verletzte, 45 Dialysepatienten und 36 Frühgeborene. Vor wenigen Stunden ist ein Dialysepatient gestorben, und vier weitere schweben in unmittelbarer Lebensgefahr, weil die Dialysegeräte nicht mit Strom versorgt werden. Drei Frühgeborene starben in den letzten Tagen. Zwei Verletzte starben in den letzten Stunden, weil sie nicht behandelt werden konnten. Es gibt weder Wasser noch Treibstoff oder Strom. Israel hat die Hauptwasserleitung zum Krankenhaus unterbrochen. Es gibt kein gereinigtes Wasser für die Herstellung der Spezialnahrung für die Babys, so dass sie gewöhnliches Wasser verwenden, und einige sind an Durchfall, Infektionen und Fieber erkrankt. Es gibt kein Essen. Die Kinder sind hungrig und verzweifelt. Es gibt keine Medikamente, und die Wunden der Verletzten haben sich auf schreckliche Weise infiziert, einige sogar mit Maden. Die Krankenhausverwaltung hat versucht, eine Delegation zu den Besatzungstruppen zu schicken, um sie um Nahrungsmittel, Treibstoff, Medikamente und eine sichere Evakuierung der Kranken und Verletzten zu bitten, aber die Israelis weigerten sich, mit ihnen zu sprechen. Das Krankenhaus wird von allen Seiten von Panzern und Bulldozern belagert. Die Bulldozer zerstören Bereiche rund um das Gelände, aber niemand kann genau sehen, was sie tun. Jeder, der versucht, sich zwischen den Krankenhausgebäuden zu bewegen, wird von Scharfschützen oder Drohnen beschossen. Hunderte von Soldaten durchsuchen das Krankenhausgelände und verursachen schwere Schäden an den Gebäuden und der Ausrüstung des Krankenhauses. In den 48 Stunden, in denen sich die Besatzungstruppen im Krankenhaus oder auf dem Krankenhausgelände aufgehalten haben, wurde nicht ein einziger Schuss auf sie abgefeuert. Niemand kann das Krankenhaus verlassen oder es betreten. Die Situation ist nicht nur für die Menschen im Shifa katastrophal, sondern für jeden in Gaza-Stadt, der verletzt oder krank wird, weil niemand das Krankenhaus erreichen kann und das Krankenhaus sowieso nichts für ihn tun kann. Wer zu Hause einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erleidet, wird sterben. Dr. Abu Salmiya sagt: „Wir machen die Welt verantwortlich“ für das, was er einen Völkermord nennt. „Wir warten auf einen langsamen Tod.“

Einerseits liefern die USA schwere Bomben an das israelische Militär, andererseits  äußerte sich US-Präsident Biden besorgt über israelische Panzer vor den Toren des Al-Shifa-Krankenhauses. Er sagte, das Krankenhaus müsse geschützt werden.



Frühgeborene im Al-Shifa-Krankenhaus. Quelle: Mondoweiss, 2023.


Prof. Haim Hershko, ehemaliger Leiter der medizinischen Ombudsstelle in Israel, fragte, warum die Patienten des Al-Shifa-Krankenhauses nicht in israelischen Krankenhäusern behandelt werden können, wenn die Armee behauptet, die Eroberung des Krankenhauses sei ein strategisches Ziel, und wies darauf hin, dass der Direktor des Al-Shifa-Krankenhauses sich bereit erklärt hat, mit jedem Krankenhaus zusammenzuarbeiten, das sich der Patienten annehmen würde (Quelle auf Hebräisch). Seine Frage blieb unbeantwortet.

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BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden. 

Kinder sind Kinder, ob in Israel oder Gaza. Sie verdienen es nicht zu sterben

„Ein Foto von Ohad Zwigenberg von Associated Press auf der Titelseite von Haaretz sagte mehr als tausend Worte. Es zeigte einen  israelischen Soldaten in einem Kinderzimmer in Gaza, dessen Fuß auf einem Bett steht. Die rosafarbenen Wände des Zimmers, die eine ruhige Atmosphäre schaffen sollten, konnten das Grauen nicht verbergen: Das Zimmer war ein einziges Durcheinander, alles zerrissen und zerfetzt, nur eine haarlose Puppe lag auf dem Bett und erinnerte den Betrachter daran, dass dies das Zimmer eines Kindes war, das nie wieder als solches dienen wird. Seine Bewohner flohen um ihr Leben oder wurden getötet, oder beides.
Das Zimmer im Gazastreifen sah genauso aus wie die zerstörten Kinderzimmer, die ich am Morgen nach dem Massaker im Kibbuz Be’eri sah. Man kann nicht umhin, über das Schicksal der kleinen Bewohner hier und dort nachzudenken. Wenn die Kinder in Be’eri überlebt haben, können sie zumindest auf eine bessere Zukunft hoffen. Wenn die Kinder in Gaza überlebt haben, gibt es für sie keine Hoffnung.
Kinder sind Kinder, das muss man immer wieder betonen, und man kann nicht anders, als gleichermaßen entsetzt darüber zu sein, was ihnen hier und dort widerfahren ist. In der faschistischen Realität, die jetzt in Israel herrscht, wird sogar diese Aussage als verräterisch, subversiv und als Ausdruck von Israelhass betrachtet. Wie können Sie es wagen, das zu vergleichen?
Am Samstagmittag gab der stellvertretende Gesundheitsminister der Hamas, Yousuf Abu al-Arish, aus dem Al-Shifa-Krankenhaus in Gaza bekannt, dass 39 Frühgeborene vom Erstickungstod bedroht sind, nachdem die Generatoren ausgefallen sind und die Sauerstoffzufuhr zu ihren Brutkästen unterbrochen wurde. Al-Arish schrie auf: „Das ist der Moment, vor dem wir gewarnt haben.“ Draußen lag bereits ein Haufen von 100 nicht identifizierten Leichen, die in weiße Leichentücher gehüllt waren. Sie konnten nicht beerdigt werden, da das Krankenhaus belagert wurde und von allen Seiten von Panzern umgeben war. Die Verwundeten und Kranken sowie die Toten konnten nicht mehr aus dem Inferno herausgeholt werden.
Kurz darauf erklärte Prof. Mads Gilbert, ein norwegischer Arzt, der in allen früheren Kriegen als Freiwilliger im Krankenhaus gearbeitet hatte und nun in Kairo festsaß, dass sich israelische Scharfschützen um das Krankenhaus herum verteilt hätten und es beschossen. Eine Krankenschwester auf der Frühgeborenenstation wurde getötet.
Bevor das Al-Shifa-Krankenhaus abgeschnitten wurde, zeigten Fotos Dutzende von blutenden Verwundeten, die auf dem Boden lagen, und einen schreienden Vater, der zu seinem toten Säugling eilte, der ebenfalls auf dem Boden lag. Die Hölle ist da. Dr. Tanya Haj-Hassan, eine Ärztin von Ärzte ohne Grenzen, sagte, sie habe keine Worte mehr.
Bis Freitagabend gab es 4.506 tote Kinder. Vierzigtausend Wohneinheiten wurden völlig zerstört. Die Hälfte des Gazastreifens liegt in Schutt und Asche. Das Rantisi- Kinderkrankenhaus wird belagert, niemand kann es betreten oder verlassen. Auch das Al-Nasr-Kinderkrankenhaus funktioniert nicht mehr, und alle kranken und verletzten Kinder wurden evakuiert, Gott weiß wohin. Die Al-Buraq-Schule wurde am Freitagabend bombardiert, wobei mindestens 50 Menschen, die dort Zuflucht gefunden zu haben glaubten, getötet wurden. Das israelische Militär meldete, dass sich unter den Toten ein Hamas-Kompaniechef befand, der die Bewohner des Gazastreifens daran gehindert hatte, nach Süden zu ziehen.
Angesichts dieser Szenen kann man nicht gleichmütig bleiben. Vor allem nach den Besuchen in Kibbuzim und Städten im Süden am Tag nach dem Massaker, selbst nachdem man all den Schrecken ausgesetzt war, die dort stattfanden. Selbst nach all den Berichten über Überlebende und Tote und selbst nach dem Anschauen des vom israelischen Militärsprecher herausgegebenen Films. Man kann sich dem Entsetzen über das, was jetzt in Gaza geschieht, nicht entziehen, selbst wenn man weiß, was unter diesen Krankenhäusern liegt.
Nicht weniger entsetzlich ist die Erkenntnis, dass man jetzt Partei ergreifen muss: Entweder ist man schockiert über die von der Hamas begangenen Gräueltaten oder über die vom israelischen Militär begangenen Gräueltaten. Entscheiden Sie sich. Wählen Sie eine Seite. Welche toten Kinder schockieren Sie mehr? Welche hinterbliebenen Eltern beunruhigen Sie mehr? Sehen Sie nicht den Unterschied zwischen der Hamas, die gekommen ist, um zu massakrieren, und einer Armee, die gekommen ist, um Geiseln zu retten und die Hamas auszulöschen? Das kann ich schon, aber die abgeschlachteten Kinder und ihre nicht minder abgeschlachteten Eltern haben wenig Interesse an den Absichten ihrer Mörder.
Auf beiden Seiten haben die Kinder  es nicht verdient zu sterben. Ihre Tötung ist gleichermaßen schockierend, und es gibt keinen Grund, sich für diese Haltung zu entschuldigen.“
Eine nicht repräsentative Auswahl an Kommentaren zu diesem Artikel, wobei der größte Teil dem Autor Gideon Levy zustimmte:
Männer, die Kinder verletzen, sind böse. Kinder sind tabu. Ob ihre Eltern Mitglieder der Hamas sind oder Apartheid liebende Siedlerkolonialisten, ist irrelevant.
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Natürlich sollten Sie Partei ergreifen! Verteidige die Deinen gegen diejenigen, die aufstehen, um Dich zu töten. Schlagt die nieder, die versuchen, euch zu töten. Wenn sie sich hinter kleinen Babys verstecken, sollen wir dann für sie sterben? Wir sterben für die unseren, nicht für die ihren. Die Hamas könnte sich jedes weitere Blutvergießen ersparen, wenn sie sich ergeben und die Geiseln freilassen würde. So einfach ist das.
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Wir ignorieren die Besatzung, den großen Elefanten im Raum. Das ist der Grund, warum die Hasbara nicht funktioniert.
https://www.haaretz.com/opinion/2023-11-12/ty-article/.premium/in-both-israel-and-in-gaza-they-didnt-deserve-to-die/0000018b-bfcf-d03e-a3ab-bfffe07d0000?utm_source=mailchimp&utm_medium=email&utm_content=author-alert&utm_campaign=Gideon%20Levy&utm_term=20231112-00:24


Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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