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Während immer mehr Beweise aufgedeckt werden, weigern sich die israelischen Behörden weiterhin, bei den Ermittlungen mitzuarbeiten

Weitere Beweise erhärten die Behauptung, dass israelische Soldaten die palästinensische Al-Jazeera-Journalistin Shireen Abu Akleh erschossen haben. Sogar die UNO hat die Beschuldigung gegen das israelische Militär erhoben. Die israelischen Behörden haben nur den Angriff auf ihre Beerdigung untersucht und weigern sich selbst dort, jemanden zur Verantwortung zu ziehen. Die verblüffenden Ähnlichkeiten zwischen der Ermordung von Shireen Abu Akleh und Jamal Khashoggi machen die Heuchelei in den Beziehungen der USA zu Israel deutlich.

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Mehr als 100 zivilgesellschaftliche Organisationen starten eine Kampagne zur Sammlung von einer Million Unterschriften von EU-Bürger*innen, um den europäischen Handel mit illegalen Siedlungen in besetzten Gebieten zu beenden.
Die Europäische Bürgerinitiative ist ein offizielles Instrument, um die Stimmen der EU-Bürger zu verstärken und ihre demokratische Beteiligung zu verbessern. Wenn die Initiative innerhalb eines Jahres nach ihrem Start eine Million Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern in allen EU-Mitgliedstaaten sammelt, ist die Europäische Kommission gesetzlich verpflichtet, den Vorschlag zu prüfen, mit den Unterzeichnern zu diskutieren und gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten.
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) unterliegt EU-Regularien:  https://www.cidse.org/de/2022/04/07/take-action-to-end-european-trade-with-illegal-settlements/
Hier kann man teilnehmen.
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In der letzten Ausgabe von BIP-Aktuell #218 vom 21. Mai berichteten wir über die Ermordung der palästinensischen Al-Jazeera-Journalistin Shireen Abu Akleh, die in der Stadt Jenin im besetzten Westjordanland von einem Scharfschützen in den Kopf erschossen wurde. Da niemand die Verantwortung für die Ermordung übernommen hat, waren wir in unserer Analyse vorsichtig und haben nicht geschrieben, dass sie definitiv von israelischen Streitkräften getötet wurde, obwohl die Indizien dies am wahrscheinlichsten erscheinen ließen.

Shireen Abu Akleh. Quelle: 2022, Al-Jazeera.

In den letzten Wochen sind weitere Beweise aufgetaucht. Nach einer umfassenden Studie von CNN hat die UNO eine zusätzliche Untersuchung durchgeführt und ihre Ergebnisse am 24. Juni veröffentlicht. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UNHCHR)fand heraus, dass mehr als eine einzige Kugel auf Abu Akleh und ihr Team abgefeuert wurde. Scharfschützen feuerten Sperrfeuer mit einzelnen Schüssen (kein automatisches Feuer) in dem Gebiet ab. Eine Kugel verletzte den Al-Jazeera-Korrespondenten Ali Sammoudi, eine andere tötete Shireen Abu Akleh. Als Menschen in der Nähe versuchten, ihre Leiche zu bergen, wurden weitere Schüsse abgefeuert. Die Schüsse kamen eindeutig aus der Richtung des israelischen Militärkonvois, der sich in diesem Zeitpunkt in Jenin befand.

Die palästinensischen Sicherheitskräfte verfügen über das Geschoss, das aus dem Kopf von Shireen Abu Akleh geborgen wurde. Es handelt sich um ein 5,56er-Geschoss, das NATO-kompatibel ist und üblicherweise in israelischen Scharfschützengewehren verwendet wird. Das Geschoss wurde durch den Aufprall auf den Helm, den Abu Akleh trug, verformt. Da die palästinensischen Sicherheitskräfte und Al-Jazeera anders als die israelischen Behörden mit der UN-Untersuchung kooperierten, veröffentlichten die UN-Ermittler ihre Schlussfolgerung, nach der die israelischen Streitkräfte das Feuer eröffnet und die Journalistin getötet haben.

In der Zwischenzeit ließ die israelische Militärstaatsanwaltschaft gegenüber Haaretzdurchblicken, dass sie nicht die Absicht habe, die Tötung von Shireen Abu Akleh zu untersuchen. Die israelischen Behörden kennen offenbar die Identität des Mörders, weigern sich aber, sie preiszugeben und den Soldaten strafrechtlich zu verfolgen. Nach den Römischen Statuten des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag (IStGH) ist der Internationale Strafgerichtshof für Ermittlungen und Strafverfolgung zuständig, wenn ein Land Verbrechen, die von seinen Sicherheitskräften begangen wurden, nicht verfolgt. Al-Jazeera hat zwar den Internationalen Strafgerichtshof angerufen, um die Ermordung von Shireen Abu Akleh zu untersuchen, aber es ist unwahrscheinlich, dass der Gerichtshof eine Untersuchung der Ermordung einer Einzelperson einleitet: Er wurde gegründet, um Entscheidungsträger zu verfolgen, die kriminelle politische Entscheidungen treffen, nicht aber einzelne Mörder. Sollte das Gericht zu der Überzeugung gelangen, dass es sich mit der Tötung von Shireen Abu Akleh beschäftigen muss, müsste es die israelischen Politiker (wie den Verteidigungsminister und den Ministerpräsidenten), die sich geweigert haben, bei den Ermittlungen mitzuwirken und den Namen des Mörders preiszugeben, strafrechtlich verfolgen und nicht den Soldaten, der geschossen hat.

Die israelische Polizei hat jedoch eine interne Untersuchung des Angriffs auf die Beerdigung von Shireen Abu Akleh in Ostjerusalem durchgeführt. Eine große Gruppe israelischer Polizisten stürmte in das Krankenhaus, in dem die Leiche von Shireen Abu Akleh für die Beerdigung vorbereitet wurde und terrorisierte Patienten im Krankenhaus. Eine andere Gruppe schwer bewaffneter und gepanzerter Polizisten stürmte die Beerdigung und griff die Sargträger mit Knüppeln an, um die auf dem Sarg drapierte Palästina-Flagge herunterzureißen. Dieser Angriff war eine Verletzung der Religionsfreiheit der Palästinenser unter militärischer Besatzung und ein unnötiger Einsatz von Gewalt. Die israelische Untersuchung kam in der Tat zu diesem Schluss und befand, dass der Angriff unnötig war, zumal die palästinensischen Flaggen nach israelischem Recht nicht verboten sind. Dennoch haben die Ermittler beschlossen, niemanden für den Angriff zur Rechenschaft zu ziehen und weder Anklage zu erheben noch disziplinarische Maßnahmen gegen Polizeigeneral Doron Turgeman zu ergreifen. Dieser hatte den Angriff angeordnet, als er in Deutschland war, um der deutschen Polizei israelische Polizeimethoden zu erläutern. Der israelische Polizeichef Yaakov Shabtai sagte am 23. Juni, dass „wir nicht in Ordnung waren, aber es gibt keinen Grund, jemanden zu köpfen“.

Der israelische Polizeipräsident Yaakov Shabtai. Quelle: Israelische Polizei, 2021.

Die israelischen Medien berichteten in makabrem Ton über die Tötung. Hauptberichterstatter war der Militärkorrespondent Or Heller. Heller konzentrierte sich auf Abu Aklehs Religion (eine Christin) und nicht auf die Tatsache, dass sie als Journalistin getötet wurde. Er behauptete, dass die Palästinenser ihren Tod „feiern“, weil der Ruf Israels durch ihre Ermordung geschädigt wurde und ignorierte die tiefe Trauer von Millionen von Palästinensern über den Tod einer von ihnen verehrten und hoch geachteten Journalistin, deren Stimme gegen die Brutalität der israelischen Besatzung in den internationalen Medien nun nicht mehr gehört werden kann (Quelle auf Hebräisch).

Die deutschen Medien veröffentlichten nur wenige Artikel, lediglich TAZFAZ und Telepolis. Unter ihnen ist vor allem der Nahostkorrespondent der FAZ, Christian Meier zu erwähnen, dessen Artikel zum Besten gehören, was die deutschen Printmedien zu bieten haben.

Khashoggi hatte seinen Wohnsitz in den USA und Shireen Abu Akleh war US-Staatsbürgerin. Die israelische Offensiv-Cyber-Firma NSO Group (siehe BIP-Aktuell #181) war an der Ermordung Khashoggis beteiligt, indem sie sein Handy mit Hilfe des Pegasus-Programms hackte, das es ermöglichte, ihm im saudischen Konsulat in Istanbul aufzulauern. Der Unterschied zwischen den beiden Morden liegt in der Reaktion der USA.

Die Ermordung Khashoggis löste in den USA eine politische Krise aus. Präsident Biden sagte klar und deutlich, dass er davon ausgehe, dass die saudische Regierung, insbesondere Kronprinz Mohammed Bin Salman, den Mord in Auftrag gegeben habe. Aufgrund der steigenden Ölpreise infolge des Krieges in der Ukraine beschloss Biden dennoch, nach Saudi-Arabien zu fliegen, um über die OPEC-Quoten und -Preise zu verhandeln. Er versprach, sich nicht mit Mohammed Bin Salman zu treffen, räumte aber ein, dass der Kronprinz tatsächlich an einem Treffen teilnehmen wird, an dem auch Biden selbst zugegen ist. Aus Protest wurde die Straße in Washington DC, die bisher als New Hampshire Avenue N.W. bekannt war und in der sich die saudi-arabische Botschaft befindet, in „Jamal Khashoggi Way“ umbenannt.

Die USA forderten Israel offiziell auf, den Mord an Shireen Abu Akleh zu untersuchen, reagierten aber nicht auf die Tatsache, dass weder eine Untersuchung geplant ist noch Anklage gegen den Mörder erhoben wird. Während einzelne Mitglieder der Demokratischen Partei weiterhin Druck auf die Regierung Biden ausüben, damit diese entschiedenere Maßnahmen ergreift, um die Verantwortlichkeit für den Mord einzufordern, plant Biden, Israel in diesem Sommer zu besuchen (obwohl er den Besuch angesichts des Zusammenbruchs der israelischen Koalition und der für 1. November geplanten Wahlen möglicherweise verschieben wird). Die BDS-Bewegung hat einen Tweet veröffentlicht, in dem sie fragt, wann die Straße, in der die israelische Botschaft in Washington DC liegt (International Dr N.W. genannt), in „Shireen Abu Akleh Way“ umbenannt wird.

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Am 13. Juli lädt BIP ein zur Veranstaltung mit Dr. Tamar Amar-Dahl zum Thema „Israel im neuen Millennium: Okkupation, Zivilmilitarismus, Neo-Zionismus“. Hier ist die Einladung.

BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.

Israelische Armee tötet palästinensisches Kind in der Nähe von Ramallah (26. Juni 2022)
„Das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte (PCHR) verurteilt die Ermordung eines palästinensischen Kindes durch die israelischen Besatzungstruppen, das von israelischen Soldaten, die in einem militärischen Wachturm im Dorf Silwad, nordöstlich von Ramallah, stationiert waren, direkt erschossen wurde. Die Ermittlungen des PCHR bestätigen, dass die Soldaten ohne Grund das Feuer auf das Kind aus einer Entfernung von 50 Metern eröffneten, als es sich auf der Straße befand, wo keine Ereignisse stattfanden. Das Kind wurde etwa zwei Stunden lang blutend zurückgelassen, während die Armee ihm erste Hilfe verweigerte.

Palästinensische junge Männer und Jungen versammelten sich in der Gegend von al-Junadi an der Umgehungsstraße (60), als die Soldaten das Feuer auf Mohammed ‚Abdullah Salah Suliman (16) eröffneten. Soldaten der israelischen Armee (IDF) hinderten palästinensische Krankenwagen daran, ihn zu erreichen und eröffneten wahllos das Feuer, um zu verhindern, dass sich jemand ihm näherte.  Danach traf ein israelischer Krankenwagen ein und leistete ihm erste Hilfe, bevor er in ein Krankenhaus im besetzten Ost-Jerusalem gebracht wurde. Gegen 01:40 Uhr am Samstag, den 25. Juni 2022, wurde Mohammeds Familie über seinen Tod informiert, nachdem er seinen Wunden erlegen war.

Seit Anfang 2022 hat die IDF 63 Palästinenser ermordet, darunter 49 Zivilisten: 14 Kinder, 5 Frauen (eine davon war die Journalistin Sherin Abu ‚Aqlah) und ein Palästinenser, der von einem israelischen Siedler erstochen wurde. Die übrigen waren Aktivisten; 6 von ihnen wurden ermordet. Außerdem wurden Hunderte von Palästinensern verletzt.

Die PCHR fordert die internationale Gemeinschaft erneut auf, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Verbrechen der israelischen Besatzung zu beenden. Sie appelliert an die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), auf der Grundlage von Art. 1 der Vierten Genfer Konvention die Situation in Palästina ohne Verzögerung zu untersuchen, ähnlich wie sie dies in der Ukraine getan hat.“ 
https://pchrgaza.org/en/israeli-occupation-forces-kill-palestinian-child-in-ramallah/


Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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