Shadow World Investigations UK analysiert israelische Importdaten
- Deutsche Waffenverkäufe an Israel aufgedeckt
- Israelischer Schriftsteller sagt, Gaza zu helfen sei wie „Haie zu füttern“
Ruth Rhode von Shadow World Investigations UK legte einen Bericht zum Export von Waffen aus Deutschland nach Israel im Jahr 2024 vor. Panzer mit deutschen Bauteilen wurden für Gräueltaten in Gaza eingesetzt. Deutschland verletzt durch solche Waffenexporte seine völkerrechtlichen Verpflichtungen.
Am 23. April veröffentlichte die Organisation Shadow World Investigations UK (SWI) einen Bericht, der auf Recherchen über den Waffenhandel zwischen Deutschland und Israel basiert. SWI ist eine britische Nichtregierungsorganisation, die sich auf die Untersuchung des Militarismus, des weltweiten Waffenhandels und der Korruption konzentriert. Geschäftsführender Direktor ist Andrew Feinstein, ein Kriegsdienstverweigerer aus Südafrika, der später für den ANC im Parlament saß und sich mit dem globalen Waffenhandel und der damit verbundenen Korruption befasst hat. Der Bericht wurde von Ruth Rhode verfasst, der Forschungs- und Projektkoordinatorin von SWI und Mitbegründerin des Projekts Corruption Tracker. Sie ist Friedensaktivistin und Teil der deutschen Friedensbewegung, die sich für nukleare Abrüstung, gegen den Waffenhandel und für eine friedliche und solidarische Welt auf nationaler und internationaler Ebene einsetzt.
Für den SWI-Bericht über Rüstungsexporte Deutschlands nach Israel wurden zwei Quellen ausgewertet: zum einen Veröffentlichungen der Bundesregierung zum Wert erteilter Genehmigungen für Rüstungsexporte und zum anderen die (nur auf Hebräisch) veröffentlichten Zolldaten der israelischen Regierung. Der Schwerpunkt der Studie liegt auf der Analyse der Zolldaten. Diese Daten sind für die deutsche Öffentlichkeit wegen der Schwierigkeit, Informationen über die tatsächlich nach Israel durchgeführten Rüstungsexporte zu erhalten (siehe dazu BT-Drucksache 20/10994), von besonderem Interesse.
Nach den vorläufigen Zahlen für 2024, Stand 17.12.2024, hat Deutschland 2024 Genehmigungen für Waffenexporte nach Israel im Werte von 161 Millionen Euro erteilt. (Siehe auch BT-Drucksache 20/14393.)
Die Auswertung der Zolldaten ergab, dass Israel aus Deutschland 2024 Komponenten für Panzer und andere gepanzerte Militärfahrzeuge im Wert von etwa 3,7 Millionen Euro und Waffen und Munition im Wert von etwa 4,3 Millionen Euro importiert hat. Der Bericht legt im Einzelnen dar, warum diese Daten den vollen Umfang von Waffenlieferungen aus Deutschland nach Israel im Jahr 2024 nur unvollständig widerspiegeln.
Titelseite des Berichts von Shadow World Investigations UK. Quelle: 2025, SWI.
Die Erkenntnisse des SWI-Berichts widersprechen einer These, die Außenministerin Annalena Baerbock am 26. Mai 2024 in einem Bürgertalk in Berlin äußerte: Danach könne Deutschland Waffenlieferungen an Israel nicht stoppen, weil es sie nicht gebe. Die Forschungsergebnisse widersprechen auch der im September 2024 gegenüber der österreichischen Zeitung Profil aufgestellten Behauptung deutscher Beamten, dass Deutschland nach März 2024 die Waffenlieferungen an Israel eingestellt habe.
Importe von Panzern und gepanzerten Militärfahrzeugen aus Deutschland nach Israel. Quelle: 2025, SWI.
Panzer und gepanzerte Mannschaftstransporter (APCs) sind Kriegswaffen, die Israel im Gazastreifen im Rahmen seines seit 19 Monaten andauernden völkermörderischen Krieges eingesetzt hat. Israel hat mit Panzern Dutzende von Zivilisten in Gaza überfahren, Krankenhäuser in Gaza angegriffen und am 29. Februar 2024 hungernde Menschen angegriffen, die auf Mehl warteten. Am 19. März 2025 hat Israel einen Panzer gegen eine UN-Einrichtung eingesetzt; ein UN-Mitarbeiter wurde dabei getötet. Da diese Informationen den deutschen Behörden bekannt sind, stellt die Entscheidung, weiterhin Panzerteile an Israel zu verkaufen, eine Mittäterschaft an Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit dar.
Einfuhren von Rüstungsgütern aus Deutschland nach Israel nach Kategorien im Jahr 2024. Quelle: 2025, SWI.
In dem Verfahren, das Nicaragua gegen Deutschland vor dem Internationalen Gerichtshof u.a. wegen seiner Waffenlieferungen an Israel einleitete, lehnte der Gerichtshof es zwar am 30.4.2024 ab, Eilmaßnahmen zu erlassen, er fügte seiner Entscheidung jedoch eine ausführliche Belehrung über die Rechtslage hinzu. Der Gerichtshof erinnerte daran, dass gemäß dem gemeinsamen Artikel 1 der Genfer Konventionen alle Vertragsstaaten verpflichtet sind, die Konventionen unter allen Umständen zu achten und ihre Achtung zu gewährleisten. Zur Völkermordkonvention führte er aus, dass die Verpflichtung zur Verhinderung der Begehung des Verbrechens des Völkermords gemäß Artikel I dieser Konvention Vertragsstaaten, die sich der ernsten Gefahr, dass Völkermord begangen werden würde, bewusst sind oder normalerweise hätten bewusst sein müssen, verpflichtet, alle ihnen vernünftigerweise zur Verfügung stehenden Mittel einzusetzen, um den Völkermord so weit wie möglich zu verhindern. Der Internationale Gerichtshof hielt es für besonders wichtig, alle Staaten an ihre internationalen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Weitergabe von Waffen an Parteien eines bewaffneten Konflikts zu erinnern, um das Risiko zu vermeiden, dass diese Waffen zur Verletzung der Genfer Konventionen und der Völkermordkonvention eingesetzt werden könnten.
Deutschland hat den Vertrag über den Waffenhandel (Arms Trade Treaty – ATT) unterzeichnet und sich damit verpflichtet, keine Waffen in Länder zu liefern, in denen ein glaubhaftes Risiko besteht, dass diese Waffen für Kriegsverbrechen eingesetzt werden. Die vom Internationalen Strafgerichtshof ausgestellten Haftbefehle gegen zwei israelische Führungspersönlichkeiten sind der Beweis dafür, dass Israel tatsächlich in begründetem Verdacht steht, Kriegsverbrechen zu begehen. Wenn Deutschland dennoch Waffen an Israel liefert, wird es dem ATT nicht gerecht. Deutschland verstößt auch gegen den Gemeinsamen Standpunkt des Europäischen Rates betreffend gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Ausfuhr von Militärtechnologie und Militärgütern.
Schon am 5.4.2024 forderte der UN-Menschenrechtsrat ein Waffenembargo gegen Israel, um weitere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und die Menschenrechte zu verhindern. Wann zieht Deutschland diese Konsequenz?
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BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.
Israelischer Schriftsteller sagt, Gaza zu helfen sei wie „Haie zu füttern“
»In einem Beitrag zum Gedenken an den Holocaust fordert Gil Kopatz, ein israelischer Drehbuchautor und Schauspieler, die Auslöschung der Palästinenser und bezeichnet den Krieg gegen Gaza als unverzichtbares „Pestizid“.
Er sagte, er unterstütze die „Ausrottung der Bewohner Gazas“, und verglich die Hilfe für die Palästinenser mit der „Fütterung von Haien“. In einem Facebook-Beitrag Anfang dieser Woche schrieb er: „Wenn man Haie füttert, fressen sie einen am Ende auf. Wenn man die Bewohner Gazas füttert, fressen sie einen am Ende auf. Ich bin für die Ausrottung der Haie und für die Ausrottung der Bewohner Gazas.“ Er schloss den Beitrag mit den Worten: „Reflexionen zum Holocaust-Gedenktag 2025.“
(…) In einem Folgebeitrag schien Kopatz seine Äußerungen noch zu verschärfen. „Ich habe nicht einen Funken Mitgefühl für die Bewohner Gazas. Für Araber im Allgemeinen, ja. Für Menschen im Allgemeinen, ja. Für Haie, nein. Und auch nicht für menschliche Tiere“, sagte er. Trotz seiner hetzerischen Sprache bezeichnete sich Kopatz als „humanen, liberalen und moralischen Menschen“. „Ich behandle diejenigen, die in Gaza aufgewachsen sind und seit ihrer Kindheit mit mörderischem rassistischem Hass gegenüber meiner Familie und meinen Brüdern und Schwestern gefüttert wurden, nicht als Menschen“, fügte er hinzu. „Und um es zusammenzufassen: Es ist kein Völkermord, es ist Pestizid, und es ist notwendig, dies zu tun.“
Seit Beginn der israelischen Militäraktion in Gaza im Oktober 2023 stehen israelische Politiker und Kommentatoren in der Kritik, weil sie zunehmend aufwieglerische und entmenschlichende Sprache verwenden, um die Palästinenser in dem belagerten Gebiet zu beschreiben. Zu Beginn der Bodenoffensive verwies Premierminister Benjamin Netanjahu auf die biblische Geschichte von Amalek [1. Samuel 15,3] – ein Schritt, den Kritiker als „Völkermordbeschwörung“ bezeichneten. Der ehemalige Verteidigungsminister Yoav Gallant bezeichnete die Palästinenser in Gaza als „menschliche Tiere“, als er in den ersten Tagen des Krieges Pläne zur Unterbrechung der Strom-, Wasser- und Lebensmittelversorgung des Gebiets ankündigte. Andere israelische Minister schlugen vor, eine Atombombe auf Gaza zu werfen, und forderten, die palästinensische Enklave „von der Erde zu tilgen“.«
25. April 2025, 15:49 Uhr
https://www.middleeasteye.net/news/israeli-writer-says-aiding-gaza-feeding-sharks
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