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Finanzkrise, Verlust von Produktionsmitteln, Unsicherheit über die Zukunft

BIP-Aktuell #313:

  1. Anzeichen für eine wirtschaftliche Katastrophe mehren sich
  2. Wasserversorgung im palästinensischen Viertel in Ostjerusalem wegen der Hitzewelle reduziert

Israelische Zeitungen, Wirtschaftswissenschaftler und Historiker sprechen von einem systematischen Zusammenbruch der israelischen Wirtschaft, der staatlichen Institutionen und des zionistischen Projekts selbst. Da ausländische Investitionen und der Tourismus zum Erliegen gekommen sind und Hunderttausende von Israelis nach Möglichkeiten suchen, das Land zu verlassen, hat die israelische Öffentlichkeit selbst aufgehört zu glauben, dass sich die israelische Wirtschaft jemals erholen könnte. Wichtige Wirtschaftszweige haben ihre Investitionen ins Ausland verlagert.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Schlagzeilen der israelischen Tageszeitungen und die Slogans der BDS-Bewegung fast identisch sind. Kein Staat auf der Welt war in der Lage, der israelischen Wirtschaft so viel Schaden zuzufügen wie der Staat Israel selbst. Das Ergebnis: Es gibt zunehmende Anzeichen dafür, dass die israelische Wirtschaft in eine Sackgasse geraten ist, die von der ganzen Welt gesehen werden – außer von den USA und Deutschland.



Demonstranten in Tel Aviv beklagen mit einem BDS-Slogan den Niedergang der israelischen Wirtschaft. Quelle: 2023, Twitter.



Als israelische Demonstranten gegen die Regierung ein riesiges Schild mit dem BDS-Slogan „From startup nation to shutdown nation“ trugen, war das nichts anderes als eine Verletzung des Urheberrechts, denn dieser Slogan stammt von der BDS-Bewegung … Aber das war im Februar 2023. Nach dem 7. Oktober erhielt die Krise andere Dimensionen. Zunächst einmal in Gaza. Israels völkermörderischer Angriff auf den Gazastreifen, der mehr als 40.000 Palästinenser, darunter mehr als 15.000 Kinder, getötet hat und möglicherweise über 146.000 weitere Palästinenser aus dem Gazastreifen dazu verdammt hat, in den kommenden Monaten an gesundheitlichen Schäden aufgrund von Verletzungen, Hunger und Krankheiten zu sterben (siehe BIP-Aktuell #312). Der Krieg hat das Leben von 2,3 Millionen Menschen im Gaza-Streifen und von Tausenden im besetzten Westjordanland ruiniert. Nach Schätzungen der UNO wurden 70 % der Häuser zerstört, und es wird 15 Jahre dauern, bis die Trümmer beseitigt sind. Dennoch gibt es kaum Zweifel daran, dass die palästinensischen Überlebenden des Völkermords, auch wenn sie traumatisiert und verarmt sind und um ihre verlorenen Familienmitglieder und Freunde trauern, letztendlich ihre Heimat wieder aufbauen und sich erholen wollen, wie lange es auch immer dauern mag. Israel dagegen hat weniger Tote und weniger physische und wirtschaftliche Zerstörungen zu beklagen, aber die Auswirkungen des Krieges auf die israelische Wirtschaft sind möglicherweise nicht mehr zu beheben.

Die Wirtschaftsindikatoren sprechen von nichts weniger als einer wirtschaftlichen Katastrophe. Mehr als 46.000 Unternehmen sind in Konkurs gegangen, der Tourismus ist zum Erliegen gekommen, die Kreditwürdigkeit Israels wurde herabgesetzt, israelische Anleihen werden zu Preisen verkauft, die fast dem Niveau von „Schrottanleihen“ entsprechen, und die Auslandsinvestitionen, die im ersten Quartal 2023 bereits um 60 % zurückgegangen sind (als Folge der Politik der rechtsextremen israelischen Regierung vor dem 7. Oktober), zeigen keine Aussichten auf Erholung. Der Großteil der in israelischen Investmentfonds angelegten Gelder wurde in Anlagen im Ausland umgeleitet, weil Israelis nicht wollen, dass ihre eigenen Renten- und Versicherungsfonds und ihre eigenen Ersparnisse an das Schicksal des Staates Israel gebunden sind. Dies hat zu einer überraschenden Stabilität des israelischen Aktienmarktes geführt, da die in ausländische Aktien und Anleihen investierten Gelder Gewinne in ausländischer Währung generierten, die durch den Anstieg des Wechselkurses zwischen ausländischen Währungen und dem israelischen Schekel multipliziert wurden. Doch die israelische Finanznachrichten-Website Calcalist berichtete, dass Intel einen Investitionsplan  von 25 Milliarden US-Dollar platzen lasse; obwohl der Bericht vom Chiphersteller weder bestätigt noch dementiert wurde, ist aller Erfahrung nach davon auszugehen, dass er zutrifft – ganz im Sinne der BDS-Forderungen. 

Dies sind alles finanzielle Indikatoren. Aber die Krise sitzt tiefer, nämlich bei den Produktionsmitteln der israelischen Wirtschaft. Das israelische Stromnetz, das weitgehend auf Erdgas umgestellt wurde, ist zur Deckung der Nachfrage immer noch auf Kohle angewiesen. Der größte Kohlelieferant Israels ist Kolumbien, das angekündigt hat, die Kohlelieferungen nach Israel auszusetzen, solange der Völkermord andauert. Nach Kolumbien sind die beiden nächstgrößten Lieferanten Südafrika und Russland. Ohne eine zuverlässige und kontinuierliche Stromversorgung kann Israel nicht länger so tun, als sei es auf lange Stromausfälle gut vorbereitet: Ein hochrangiger Beamter der staatlichen Elektrizitätsbehörde warnte davor, dass ein Krieg mit der Hisbollah die israelische Strominfrastruktur ernsthaft stören könnte. Er sagte voraus, dass Israel innerhalb von drei Tagen nach einem Stromausfall unbewohnbar werden würde.

Serverfarmen funktionieren nicht ohne 24-Stunden-Strom, und niemand weiß, wie viele Stromausfälle der israelische High-Tech-Sektor möglicherweise überleben könnte. Internationale Technologieunternehmen haben bereits damit begonnen, ihre Niederlassungen in Israel zu schließen.

Israels Ruf als „Startup-Nation“ hängt von seinem Technologiesektor ab, der auf gut ausgebildete Arbeitnehmer angewiesen ist. Israelische Akademiker berichten, dass die gemeinsame Forschung mit ausländischen Universitäten dank der Aktivitäten von Studenten in Protestcamps in mehreren Ländern gegen den Gazakrieg stark zurückgegangen ist (siehe BIP-Aktuell #305). Die israelischen Zeitungen sind voll von Artikeln über den Exodus gut ausgebildeter Israelis. Prof. Dan Ben David, ein berühmter Wirtschaftswissenschaftler, wies darauf hin, dass die israelische Wirtschaft von 300.000 Menschen zusammengehalten wird (die leitenden Angestellten in Universitäten, Technologieunternehmen, Krankenhäusern). Wenn ein erheblicher Teil dieser Menschen das Land verlässt, so sagt er, „werden wir nicht zu einem Dritte-Welt-Land, wir werden  einfach  aufhören zu existieren“ (Quelle auf Hebräisch).

Die Daten über die tatsächliche Zahl der Israelis, die das Land verlassen, sind verwirrend und widersprüchlich, und das in einer Zeit, in der israelische Zeitungen Desinformationen über eine weltweite Welle des Antisemitismus verbreiten, als ob Juden in Europa oder Nordamerika stärker gefährdet wären als in Israel. Deshalb machen Familien längere Urlaube und erkunden Möglichkeiten für Arbeit und Studium im Ausland. Die Schätzungen über die Zahl der Israelis, die das Land bereits verlassen haben, gehen weit auseinander.

Die beiden Sektoren der israelischen Wirtschaft, die keinen Absturz zu verzeichnen haben, sind die Rüstungsunternehmen, die hohe Umsätze verzeichnen (weil die meisten von ihnen im Inland tätig sind und den Völkermord bewaffnen), und die „Exits“ – internationale Konzerne, die „Leichen“ des israelischen Technologiesektors auf der Suche nach Schnäppchen durchwühlen. Sogar Google hat Interesse am Kauf des israelischen Cybersicherheitsunternehmens Wiz bekundet, das von israelischen Geheimdienstoffizieren gegründet wurde, die ihr Unternehmen gerne an Google verkaufen würden, um Israel verlassen zu können.

Israelische Wirtschaftswissenschaftler erwarten von der israelischen Regierung dringende Maßnahmen zur Bewältigung der Krise, zur Beendigung des Krieges, zur Kürzung der öffentlichen Ausgaben, zur Erhöhung der Steuern, zur Wiederherstellung des Vertrauens in die öffentlichen Institutionen Israels, zur Wiederherstellung der Außenbeziehungen Israels, insbesondere mit den Ländern, von denen es im Handel abhängig ist, der EU, der Türkei und Kolumbien. Die israelische Regierung setzt stattdessen Pläne zur Zerstörung der palästinensischen Wirtschaft nicht nur im Gazastreifen, sondern auch der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland um, geht aggressiv gegen jeden Staat vor, der ihre Politik kritisiert, und hat in letzter Minute einen unrealistischen Haushalt für 2024 verabschiedet.

Im Zeitalter der Informationswirtschaft werden die wirtschaftlichen Aussichten von Staaten nicht mehr nur von Rohstoffen oder der Qualität der Arbeitskräfte bestimmt. Stattdessen leben wir in einer Ära der „Ökonomie der Erwartungen„. Der Hype um Israels „Startup-Nation“ hat sich in eine „Shutdown-Nation“ verwandelt. Zwei hochrangige israelische Wirtschaftswissenschaftler, Jugene Kendel und Ron Tzur, haben einen geheimen Bericht geschrieben, in dem sie vorhersagen, dass Israel sein hundertstes Jahr nicht erleben wird. Der Bericht wird geheim gehalten, weil sie nicht wollen, dass er zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung wird, aber sie gaben Interviews darüber. Am 76. Unabhängigkeitstag Israels veröffentlichte die Zeitung Haaretz sowohl in ihrer englischen als auch in ihrer hebräischen Ausgabe einen Leitartikel mit der Überschrift „Wird Israel die 100-Jahr-Feier überleben? Nur wenn Netanjahu zurücktritt“. Die hebräische Ausgabe wurde ohne diese Einschränkung veröffentlicht (Quelle auf Hebräisch). Fast drei Monate sind vergangen, und Netanjahu zeigt keine Anzeichen, die Macht abzugeben. Vielmehr sabotiert er die Verhandlungen über einen Waffenstillstand, um Wahlen zu verhindern.



Israelis, die in der Schlange in Tel-Aviv stehen, um einen Reisepass zu beantragen, ohne den sie das Land nicht verlassen können. Quelle: 2023, Cadya Levy, israelisches Innenministerium.



Drei israelische Historiker, zwei Zionisten und ein Antizionist, haben erklärt, dass das zionistische Projekt an sein Ende gekommen ist. Wenn eine kritische Masse von Israelis, unabhängig von ihrer politischen Meinung, zu der Überzeugung gelangt, dass die israelische Apartheid unhaltbar geworden ist, sind sie nicht mehr bereit, Energie und Geld zu investieren, ihr Leben und ihre Familien für das zionistische Projekt zu riskieren. Sie suchen nach einer besseren Zukunft für sich selbst, wie es jeder vernünftige Mensch tun würde.

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BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden. dfsf
Wasserversorgung im palästinensischen Viertel in Ostjerusalem wegen der Hitzewelle reduziert
”Obwohl das Viertel Kfar Aqab innerhalb der städtischen Grenzen liegt, wird es von einem palästinensischen Unternehmen mit Wasser versorgt, das angibt, dass Israel weniger Wasser an dieses Viertel liefert. Nach Angaben der Bewohner des Viertels wurde das Wasser in dieser Woche nur zwei Tage lang geliefert. Israels Wasserversorger: Dafür ist die Palästinensische Autonomiebehörde verantwortlich.
Palästinenser berichten, dass die Wasserversorgung im Ostjerusalemer Stadtteil Kafr Aqab in der vergangenen Woche nur zwei Tage lang möglich war, da Israel nach Angaben der örtlichen Wassergesellschaft die Wasserversorgung in dem Gebiet eingeschränkt hat.
Die Wasserversorgung des Viertels, in dem rund 100 000 Menschen leben, wird von einem palästinensischen Wasserversorger übernommen, der das Wasser von Mekorot, dem staatlichen israelischen Wasserversorger, auf Vermittlung der Palästinensischen Autonomiebehörde kauft und in die Wasserleitungen pumpt.
´Wir entschuldigen uns für das Problem, auf das wir keinen Einfluss haben, und bitten unsere Kunden, den Wasserverbrauch einzuschränken`, teilte das Unternehmen inmitten einer schweren Hitzewelle in der Region mit.
Mekorot erklärte, es habe keine Kenntnis von einer Entscheidung, die Wassermenge für das Viertel zu reduzieren, und es sei Aufgabe der Palästinensischen Autonomiebehörde, Wasser an die in ihrem Gebiet tätigen Wasserunternehmen zu liefern. Die Stadtverwaltung von Jerusalem hat nicht geantwortet.
Kafr Aqab liegt innerhalb der Stadtgrenze Jerusalems und unterliegt der vollen Verantwortung der israelischen Behörden. Durch die Trennmauer ist das Viertel jedoch vom Rest der Stadt abgeschnitten und wird seit dem Bau der Mauer oft vernachlässigt.
´Warum haben alle umliegenden Siedlungen rund um die Uhr Wasser und wir nicht?, fragt Munir Zarier, Vorsitzender des Bewohnerkomitees des Viertels. 
Die Schuldirektoren in der Nachbarschaft sagten, dass sie unter diesen Bedingungen zu kämpfen haben und gezwungen sind, die Kinder früher nach Hause zu schicken. Die Leiter der örtlichen Sommercamps haben erklärt, dass sie nicht in der Lage sind, das Sommercamp zu eröffnen, solange das Problem nicht gelöst ist.
Die Jerusalemer Wasserversorgungsgesellschaft Hagihon, die den Großteil der Einwohner der Stadt mit Wasser versorgt, ist in Kafr Aqab überhaupt nicht tätig. Im Laufe der Jahre haben die Bewohner unter längeren Wasserabschaltungen gelitten, und der Wasserdruck ist regelmäßig niedrig.
Nach eigenen Angaben war die Wasserversorgung bis letzte Woche jedoch recht gut. Da es im Laufe der Jahre immer wieder zu Problemen mit der Wasserversorgung gekommen ist, haben die meisten Bewohner des Viertels Wassertanks auf ihren Dächern aufgestellt, um auf Engpässe vorbereitet zu sein. Wenn das Wasser fließt, verwenden sie Pumpen, um die Tanks zu füllen. Sie behaupten jedoch, dass das gespeicherte Wasser, das oft nur 1.000 oder 1.500 Liter beträgt, nicht ausreicht.
Trotz der Vernachlässigung durch die Behörden ist Kafr Aqab zu einem begehrten Wohnort geworden, da die Jerusalemer Stadtverwaltung die Bauvorschriften in diesem Gebiet kaum durchsetzt. Seit dem Bau des Trennungszauns wurden Tausende von Wohnungen ohne Genehmigung gebaut, und derzeit leben über 100.000 Menschen in dem Viertel, die meisten von ihnen israelische Staatsbürger.”
https://www.haaretz.com/israel-news/2024-06-13/ty-article/.premium/water-supply-reduced-in-palestinian-neighborhood-in-east-jerusalem-amid-heat-wave/00000190-1170-d667-abf0-75fbf3850000


Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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