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P.S. zum vorgestrigen BIB-Aktuell

Konstantin Wecker, 2018 mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnet, schrieb heute folgenden Brief.


https://www.wecker.de/de/fotos.html
Foto Thomas Karsten http://www.thomaskarstenphotography.com/

Sehr geehrte Frau Prof. Dr. Beisiegel, sehr geehrter Herr Köhler, sehr geehrter Herr Hald,

für mich als Preisträger des Göttinger Friedenspreises sind die Vorwürfe, dass es sich bei der Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ um eine antisemitische Bewegung handeln solle, nicht nachvollziehbar.

Wie könnte ich, ein Künstler, der sich in vielen Texten und Liedern gegen Antisemitismus schon immer engagiert hat, es wagen, eine engagierte Gruppe jüdischer(!) Menschen des Antisemitismus anzuklagen? Einen Verein, in dessen Satzung unter Paragraph 2 ausdrücklich aufgeführt ist, dass sich die „Jüdische Stimme uneingeschränkt jeder Form von Antisemitismus, Antiislamismus sowie allen anderen Spielarten des Rassismus oder der Diskriminierung von Menschen aufgrund von Merkmalen wie Hautfarbe, Herkunft und Religion widersetzt“. Einen Verein, in dessen Satzung ebenso eindeutig steht, dass „Positionen, hinter denen sich antisemitische Einstellungen verbergen, mit dem Anliegen der jüdischen Stimme unvereinbar sind“!

Eine Bewegung, die sich auf derart großartige und menschliche Weise um eine Beendigung der entsetzlichen Konflikte zwischen Juden und Palästinensern bemüht, straft derart abstruse Antisemitismus-Unterstellungen von Grund auf Lügen. Und für mich, der sich seit vielen Jahrzehnten mit einsetzt für den Frieden auf diesem Planeten, ist es schwer zu verstehen, dass eine Bewegung, die weit über die eigenen engen Nationalgrenzen hinaus Frieden zu schaffen und vorbildlich Mitmenschlichkeit zu leben versucht, auf solchermaßen unzutreffende Weise mit dem Antisemitismus-Vorwurf überzogen wird.

Was – ich erwähne es nur am Rande – geeignet ist, unsäglich zu verharmlosen, was tatsächlich Antisemitismus ist. Ich kann und will mir nicht vorstellen, dass Sie allen Ernstes der Gleichsetzung etwa einer Nirit Sommerfeld, dieser großartigen israelisch-jüdischen und deutschen Künstlerin, oder eines Rolf Verleger, der sogar einmal … beim Zentralrat der Juden in Deutschland [war], zustimmen wollen mit den Hitlers und Goebbels von einst. Und was sind das eigentlich für Deutsche, die in ungeheurer Anmaßung unsere jüdischen MitbürgerInnen belehren wollen, was Antisemitismus sei und dass sie, diese (und andere) Juden, sogar selber Antisemiten seien? Für mich ist das unfassbar!!
Seit Jahrzehnten setze ich mich für Pazifismus ein, und meine Sympathie und meine Solidarität gilt auch deshalb dieser wichtigen Bewegung, die – so hoffe ich – noch für viele, viele andere Menschen zum Vorbild werden wird: für die unsäglich-leidenden Opfer des Nahost-Konfliktes – auf beiden Seiten! –, aber auch für uns, die wir nicht unmittelbar von diesen grausamen Konflikten betroffen sind.

Mein Herz schlägt nun mal für die Menschen, die über ihren eigenen Schatten zu springen vermögen – wie es diese zu Recht mit dem Göttinger Friedenspreis ausgezeichnete Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ tut.

Verbundenheit der Menschen zeigt sich gerade über trennende Gräben hinweg, und ich bin dankbar dafür, dass es eine Organisation wie die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ gibt, die eine solche zutiefst menschliche Verbundenheit – vorbildlich für uns alle – zu leben und für sie einzutreten versucht. Und bitte übersehen Sie auch dieses nicht: Hier soll nicht die Boykottbewegung BDS mit dem Friedenspreis ausgezeichnet werden, sondern eben diese auf Frieden und Verständigung setzende Menschenrechtsorganisation, die ein Ende all dieser furchtbaren Auseinandersetzungen will!
Und in deren Satzung – notabene – kein Wort der Unterstützung des BDS zu lesen ist.

Meine große Bitte an Sie ist: Unterstützen auch Sie den Versuch, dass in Göttingen ein solches Zeichen der Mitmenschlichkeit gesetzt werden kann – mit all Ihrer Unterstützung wie in den Jahren zuvor! Bitte sorgen Sie mit aller Kraft dafür, dass es wieder zum Frieden kommt um die Verleihung dieses Friedenspreises – auch von Ihrer Seite aus!

Mit freundlichen Grüßen
Konstantin Wecker

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