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Pendler der besonderen Art

Nach 52 Jahren unter militärischer Besatzung befindet sich die palästinensische Wirtschaft in tiefer Abhängigkeit von der israelischen. Im Westjordanland und im Gazastreifen gibt es in den Städten zu wenige Arbeitsplätze. Daher überqueren täglich ungefähr 70.000 Palästinenser die Kontrollstellen ins israelische Kernland, um dort zu arbeiten.

Die israelische Organisation „Kav Laoved“ („Hotline für Arbeiter“) berichtet regelmäßig über die Ausbeutung dieser Arbeiter. Sie sind schlecht bezahlt, erhalten meistens keine Sozialleistungen und bezahlen sogar besondere Steuern, die israelische Arbeiter nicht bezahlen müssen.

Amira Hass referiert in Ha’Aretz einen aktuellen Bericht der israelischen Zentralbank, wonach 20.000 dieser 70.000 Menschen Vermittler bezahlt hatten, um Arbeitserlaubnisscheine zu kaufen. Diese Arbeiter bezahlten 2018 im Durchschnitt 6.000 €, also insgesamt 120 Millionen Euro (480 Millionen Schekel), nur um Zugang zum Kernland Israel zu bekommen.


Qalqilia Checkpoint, Copyright: Götz Schindler

Zum Vergleich: Laut palästinensischem Amt für Statistik liegt der durchschnittliche Tageslohn in Westjordanland und Gaza bei 22 € (87 Schekel).

Obwohl laut dem Pariser Abkommen die israelische Regierung verpflichtet ist, palästinensischen Arbeitskräften den Zugang zum Kernland Israel zu erlauben, genehmigt die israelische Regierung nur eine begrenzte Zahl von Arbeitserlaubnisscheinen, fast alle für Bauarbeit und Landwirtschaft. Wenn Arbeiter wegen Krankheit, Inhaftierung oder andere Gründen nicht kommen können, verkaufen sie ihre Erlaubnisscheine auf einer Art Schwarzmarkt. Kleine Firmen handeln mit solchen Erlaubnissen und erzielten damit 2018 Gewinne von 122 Millionen Schekel (ca. 30 Millionen €).

Eine Arbeitserlaubnis zu verkaufen ist illegal. Die israelischen Behörden verfolgen das aber nicht, weil der israelische Bausektor und die Landwirtschaft von billigen und gut ausgebildeten palästinensischen Arbeitern abhängig sind. Arbeiter, die Erlaubnisscheine eines anderen benutzen, sind jedoch benachteiligt. Arbeitgeber bezahlen keine Sozialabgaben für sie, da ja ihr Name nicht auf dem Schein steht. Generell tragen solche Käufer von Erlaubnisscheinen das Risiko, dass das Geld einfach verloren ist, wenn sie keinen Arbeitsplatz finden oder verhaftet oder krank werden.


Qalqilia Checkpoint, Copyright: Götz Schindler

Bis 1987 konnten palästinensische Arbeiter im Kernland Israel ohne Erlaubnis arbeiten, aber die jetzige Politik der israelischen Regierung heißt auf Hebräisch „Hafrada“, zu deutsch „Trennung“ (auf Afrikaans „Apartheid“). Sogar mit Erlaubnisscheinen dürfen die palästinensischen Mitarbeiter im Kernland Israel nicht übernachten. Der Anreiz, in Israel zu übernachten, ist selbstverständlich stark, weil in den Staus an den Kontrollstellen viele Stunden verloren gehen. Spezielle israelische Einheiten spüren solche sogenannten „Personen mit illegalem Aufenthalt“ auf und verhaften sie.

Wenn wir Produkte aus Israel kaufen, sollten wir daher fragen, ob es für sie Zusicherungen für gerechte Entlohnung und Behandlung palästinensischer Arbeiter gibt. Leider wäre die Antwort meistens negativ.

 

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