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Nur wenn jeder Bürger die gleichen Rechte hat, gibt es in Israel keine Apartheid mehr.
Zusammenfassung: Je mehr die zionistischen Parteien versuchen, die Vereinte Liste zu delegitimieren, desto mehr Unterstützung erhält sie. Die in der Liste vereinten vier Parteien vermitteln übereinstimmend die Botschaft, dass der Teil der Bevölkerung, der sie unterstützt, seine politischen Rechte nicht aufgeben und weiterhin Gleichberechtigung fordern wird, trotz struktureller Hindernisse für die politische Beteiligung nichtjüdischer Bürger in Israel.

Die Vereinte Liste ist die drittgrößte Fraktion in der israelischen Knesset (dem israelischen Parlament). Sie wurde ironischerweise aufgrund der Bemühungen eines der rassistischsten Politiker Israels gegründet: Avigdor Lieberman. Lieberman ist der Vorsitzende der vor allem von Einwanderern aus der Ex-Sowjetunion gewählten Partei „Israel unsere Heimat“. Er führte eine Kampagne zur Sicherung einer „jüdischen Mehrheit“ im Staat Israel. Dabei drohte er, von nichtjüdischen Bürgern einen Loyalitätsschwur zu fordern und hunderttausenden palästinensischen Bürgern Israels die israelische Staatsbürgerschaft zu entziehen. Im Jahr 2013 nahm die Knesset seinen Gesetzesvorschlag an, mit dem die Mindestquote an Wählerstimmen, die eine Partei für den Einzug in die Knesset erreichen muss, auf 3,25% erhöht wurde. Er hoffte, dass die vier kleinen, miteinander uneinigen Parteien, die palästinensische Bürger Israels vertreten, diese Quote nicht erreichen und den Einzug in die Knesset nicht schaffen würden. Um dies zu verhindern, schlossen sich diese vier Parteien zur Vereinten Liste zusammen.

Bei den vier Parteien handelt es sich um „Balad“, die nationalistische palästinensische Partei, „Chadasch“ oder „Djabha“, die palästinensisch-jüdisch linke Partei, zu der die israelische Kommunistische Partei gehört, „Ra‘am“, die islamische Partei, und „Ta’al“, die Partei für soziale und politische Gerechtigkeit. Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Ideologien haben die vier Parteien viele Gemeinsamkeiten: Die meisten ihrer Wähler sind Angehörige der palästinensischen Minderheit; sie sind nicht zionistisch, werden von den zionistischen Parteien regelmäßig als „Verräter“ und „Terroristen“ beschuldigt und von politischen Gesprächen ausgeschlossen. (Tatsächlich sind Palästinenser im ganzen von Israel beherrschten Gebiet nicht in der Minderheit; aber nur die Palästinenser, die im Israel der Grenzen von 1967 leben, sind für die Knesset wahlberechtigt. Daher ist Israel keine Demokratie, s. Beck, 2020).


Foto: von Links Mansour Abbas (Ra‘am), Ayman Odeh (Chadasch), Ahmad Tibi (Ta’al), Quelle: Wikipedia, 2014

Nach dem israelischen Grundgesetz der Knesset von 1958, §7a, (s. hier) zum juristischen Status der israelischen Grundgesetze) darf kein Kandidat zur Wahl zugelassen werden, der die Existenz des Staates Israel als „jüdischer und demokratischer Staat“ verneint. Wie können Politiker, die gleiche Rechte für nichtjüdische Bürger fordern, die Idee eines „jüdischen Staates“ unterstützen? Vor jeder Wahl zur Knesset versuchen rechte zionistische Parteien, die palästinensischen Politiker von der Teilnahme an der Wahl auszuschließen. Das Nationalstaatsgesetz vom Juli 2018 hat die Dinge noch schlimmer gemacht. Es legt in Artikel 1 fest, dass nur Juden ein Recht auf Selbstbestimmung im Staat Israel haben.

Nur etwa jeder vierte Palästinenser unter israelischer Herrschaft hat das Recht, für die Knesset zu stimmen (denn drei Viertel sind unter der israelischen Militärbesetzung staatenlose Untertanen), aber selbst dieses Votum wird von den zionistischen Parteien nicht ernst genommen. Die Blau-Weiß-Partei (von Benny Gantz) sagte mehrfach, dass sie es der Vereinten Liste unter keinen Umständen erlauben werde, sich einer Koalition unter ihrer Führung anzuschließen, und sagte sogar, dass eine Minderheitsregierung, die durch die Vereinte Liste unterstützt wird, in ihren Augen nicht legitim sei. Binjamin Netanjahu von der Likud-Partei ging sogar noch weiter und sagte, er solle Premierminister bleiben, weil er die Mehrheit der „zionistischen“ Stimmen habe; andere Stimmen, d.h. die Stimmen der Vereinten Liste, zählen bei seiner Berechnung nicht mit.

Für Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft ergibt sich daraus ein schwieriges politisches Dilemma. Wenn sie sich an den Wahlen beteiligen, verleihen sie einem System, das sie diskriminiert, Glaubwürdigkeit und Legitimität und bestätigen die israelische „Hasbara“ (Propaganda), die behauptet, dass auch Nichtjuden am politischen System Israels teilnehmen können. Wenn sie die Wahlen boykottieren, geben sie die Möglichkeit vollständig auf, sich im politischen System Gehör zu verschaffen. Der populäre palästinensisch-israelische Rapper Tamer Nafer drückte dieses Dilemma mit einem Lied in einem Video aus, in dem er einen Boxkampf gegen sich selbst veranstaltet – und mit den Argumenten für die Wahl und für den Boykott mit sich selbst kämpft. Schließlich kommt er zu dem Schluss, dass das Wählen wichtig ist.

In der Tat haben in den letzten drei Wahlgängen in Israel innerhalb eines Jahres die rassistischen Äußerungen gegen palästinensische Bürger in Israel einen neuen Höhepunkt erreicht. Netanjahu kehrte zu seiner alten Parole zurück, mit dem er 1996 die Wahlen gewann: „Entweder Bibi oder Tibi“ („Bibi“ ist Netanjahus Spitzname, und „Tibi“ ist der Name von Ahmad Tibi von der Ta’al-Partei, einem Knesset-Mitglied der Vereinten Liste). Politiker aus dem gesamten Spektrum der zionistischen Parteien warfen der Vereinten Liste Illoyalität und Unterstützung des Terrorismus vor. Um arabische Wähler vom Wählen abzuschrecken, stellte die Likud-Partei bei den Wahlen im September 2019 Kameras vor den Wahlkabinen der arabischen Gemeinden auf und lancierte beim letzten Wahlgang am 2. März Gerüchte, dass das Coronavirus besonders in den arabischen Gemeinden verbreitet sei.


Foto: „Israel Apartheidwoche“ (jedes Jahr im März) in der Universität Johannesburg, Südafrika, 2011. Quelle: Wikipedia

Dennoch wächst in jeder aufeinander folgenden Wahlrunde der Anteil der palästinensischen Bürger Israels, die zur Wahl gehen, immer weiter. Er liegt jedoch immer noch unter der Beteiligungsquote der jüdischen Bürger. Die Vereinte Liste hat jetzt 15 von 120 Sitzen, ist somit die drittgrößte Fraktion in der Knesset. Bei den letzten Wahlen hat die Vereinte Liste sogar versucht, die Stimmen der palästinensischen Wähler und anderer Minderheiten zu bündeln. Sie hat Wahlkampfanzeigen in Arabisch, Hebräisch, Russisch, Amharisch (für Juden äthiopischer Abstammung) und in Jiddisch (für ultra-orthodoxe Juden mit einer Kampagne gegen die Wehrpflicht) geschaltet.

Da sowohl Netanjahu als auch Benny Gantz ohne die Unterstützung der Vereinten Liste keine Mehrheit für eine Koalition finden, steigen die Chancen, dass ihre Stimme in der Knesset und bei der Regierungsbildung nicht mehr ignoriert werden kann. Fernsehsendungen laden die Mitglieder der Vereinten Liste öfter als je zuvor ein, das Wort zu ergreifen. Anstatt sich auf die rassistischen Angriffe gegen sie zu konzentrieren, konzentrieren sich ihre Mitglieder, wie der Fraktionsvorsitzende Ayman Odeh (Chadasch), die Psychologin Aida Touma Suleiman (Chadasch), die junge Soziologin Hiba Yazbak (Balad), der Politologe Mtanes Shehade (Balad), der Gynäkologe Ahmad Tibi (Ta’al), der jüdische Philosophieprofessor Ofer Cassif (Chadasch), der Zahnarzt Mansour Abbas (Ra’am) und andere auf eine Botschaft der Gleichberechtigung aller Bürger, der Redefreiheit und eines integrativen demokratischen Prozesses.

Als einzige demokratische Partei in der israelischen Knesset ist sie eine Insel der Vernunft und Hoffnung in einem Meer der Apartheid.

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