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Der „Antisemiten“-Jäger entwickelt sich zum hemmungslosen Spammer
Zusammenfassung: In diesem BA 111 berichten wir – passend zur Schnapszahl und garantiert coronafrei – über ein skurriles Geschehen: das merkwürdige Durchdrehen des Journalisten Benjamin Weinthal. Kürzlich verschickte er tagelang an einen Kritiker Hunderte von gleichlautenden E-Mails ordinären Inhalts. Dieses Verhalten mag verblüffen, aber eigentlich ist dieses Gossenniveau doch nur die logische Zuspitzung seiner bisherigen aggressiven Art der Berufsausübung.  

Benjamin Weinthal ist Berliner Korrespondent der englischsprachigen Tageszeitung Jerusalem Post. In Israel ist er eher unbekannt; aber in Deutschland kennen ihn fast alle, die sich mit Israel/Palästina beschäftigen: Er beschränkt sich nicht darauf, über Ereignisse zu berichten, sondern erzeugt durch seine Interventionen selber neue Ereignisse. Wenn er von einer Veranstaltung erfährt, die sich gegen die israelische Politik richtet, droht er den Veranstaltern mit einem Artikel über den angeblich antisemitischen Charakter der Veranstaltung, verlangt ultimativ bis zu einem bewusst knapp gewählten Zeitpunkt die Beantwortung absurd scharf gestellter Fragen und fällt dann in der Jerusalem Post sein Urteil: „Antisemit“.

Mithilfe eines Resonanzbodens von Sympathisanten in Deutschland erzielte er mit solchen Hetzartikeln in der Tat Erfolge: Unter anderem war er 2016 daran beteiligt, dass die Präsidentin einer Hildesheimer Hochschule zurücktreten musste und dass die vor den Nazis als jüdisches Kind geflüchtete Hedy Epstein nicht vor ihrem Tod die Genugtuung erleben durfte, bei einer Veranstaltung des österreichischen Parlaments zu sprechen, und er mischte auch dabei mit, dass nach mehrjährigem Hin und Her die Bank für Sozialwirtschaft der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost das Konto aufkündigte. Ausführliche Informationen über seine Aktivitäten und die hiesige Resonanz finden sich hier.


Foto: Dieses Bild zeigt nicht Benjamin Weinthal, aus copyright-Gründen. Siehe aber https://www.fdd.org/team/benjamin-weinthal/

Dabei kommt Weinthal zupass, dass die Jerusalem Post ihren Sitz im Ausland hat: Klagen wegen Verleumdung über Ländergrenzen hinweg sind natürlich etwas umständlich, und die Erfolgsaussichten einer Klage eines Deutschen gegen die Jerusalem Post vor einem israelischen Gericht, wenn man von Weinthal als „pro-Hamas“ oder „antisemitisch“ bezeichnet wird, wären sehr fraglich. Hinzu kommt, dass Weinthal auch noch Mitarbeiter („research fellow“) einer US-amerikanischen Stiftung ist: Diese Foundation for Defense of Democracies hält große Stücke auf ihn: Für sie ist er von seinem Berliner Standort aus ihr „Auge und Ohr in Europa“ (s. https://www.fdd.org/team/benjamin-weinthal/).

Bei so vielen Lorbeeren kann man übermütig werden: Im letzten Monat (Februar 2020) ereilte Weinthals Antisemitismus-Verdikt nicht nur kleine Lichter wie unsereins, sondern schon die Humboldt-Universität Berlin und Außenminister Maas: Zeus Weinthal, so schien es, kann mit seinem Blitz offenbar jeden treffen.

„fick dich, du bist ein nazi“
Und dann wagte doch glatt so ein Deutscher, ihm zu widersprechen. Björn Luley, Schulkamerad Moshe Zuckermanns in Frankfurt, 1977-2015 beim Goethe-Institut tätig, davon zehn Jahre lang als Leiter des Goethe-Instituts in Damaskus (außerdem Kalkutta, Tokyo, Kyoto, Aleppo, Nikosia), hatte am 25.2.2020 in einer mail an Weinthal einen seiner Artikel kritisiert; Weinthal hatte dort darüber geschimpft, dass es einem iranischen Filmteam vom Auswärtigen Amt erlaubt worden war, nach Deutschland zu kommen und hier einen Film zu drehen. Iraner! Antisemiten!! Luley, darob offenbar sehr erzürnt, schrieb an „Mr. Weinthal“ (kein „sehr geehrter“, kein „lieber“), ob es diesen wirklich etwas angehe, wer in Deutschland filmen dürfe. Die Iraner müssten unter dem schrecklichen Mullah-Regime leiden, aber das sei noch lange kein Grund, das Land dermaßen in den Dreck zu ziehen. „Konzentrieren Sie sich lieber auf die furchtbare Politik Ihres Landes in der Westbank und Ost-Jerusalem oder Hebron“. Luley schrieb auf Englisch, da er offenbar nicht wusste, dass Weinthal in Berlin lebt und deutsch spricht und außerdem gar kein Israeli ist, sondern US-Amerikaner.

Luleys Brief war weder ausgewogen noch höflich. Weinthals Antwort war dagegen zumindest in der Anrede „Shalom Herr Luley“ ein Musterbeispiel an Höflichkeit. Jedoch schrieb er sogleich in Kopie an elf Adressen des Goethe-Instituts und im Text der mail dann mit seinen üblichen Unterstellungen:

„Haben Sie für das Goethe-Institut in Syrien gearbeitet? Wenn ja, gehe ich davon aus, dass Sie von dem Antisemitismus des Assad-Regimes kontaminiert wurden.
Sie sind auch von dem modernen deutschen Antisemitismus verseucht?
Ich freue mich auf die Auskunft.”

Luley antwortete ihm tags darauf mit einem langen Brief, in dem er sich gegen diese Unterstellungen verwahrte. Er endete mit „Shalom und Salaam, und giften Sie ruhig weiter! Etwas anderes können Sie offenbar nicht.“ Dies war auch nicht wirklich höflich.
Weinthal suchte daraufhin Hilfe bei seinen deutschen Gesinnungsfreunden. Er schrieb, nun ohne höfliche Anrede: „ich habe Ihren Brief an Antisemitismus-Experten rumgeschickt. Eine Expertin schrieb an mich: ‚ein bilderbuch-antisemit, björn luley.‘“

Luley seinerseits an „Herr Weinthal“: „Ihre Antwort zeigt das Niveau Ihrer Arbeit. Keine Quellenangabe, nur Vorurteile und Unterstellungen bzw. versuchtes Anschwärzen aus dem Hinterhalt. Was für ein mieser Mensch Sie sein müssen! Sie tun mir echt leid. Ihr Land hätte einen integereren Vertreter seiner Presse in Berlin verdient.“

Ab diesem Moment drehte Weinthal durch. In der folgenden Woche schickte er 1.475 (eintausendvierhundertfünfundsiebzig) mails an Luley, manche 200–300-mal mit immer demselben Inhalt. Zum Beispiel:

„fick dich. du bist ein nazi“.
„du bist ein nazi-schwein.“
„du bist mein lieblingsantisemit. du kannst mich gerne verklagen. ich freue mich darauf. du bist auch der schmock des jahres.“

Diesen spam schickte er übrigens von seiner e-mail-Adresse bei der Jerusalem Post. Inwiefern das den Straftatbestand der Beleidigung erfüllt, könnten deutsche Gerichte mit der bekannten juristischen Sorgfalt (s. den Fall von Renate Künast) klären. Worauf es uns hier ankommt ist aufzuzeigen, dass Weinthal, der die Regeln des Journalismus schon immer sehr eigenwillig auslegte, nun ohne Wenn und Aber auf Gossenniveau angekommen ist.

Weinthal und die Deutschen
Diese Korrespondenz, die mit dem völligen Ausflippen Weinthals endete, begann von Seiten Luleys zweifellos mit Grobheiten. Andererseits muss man fragen: Gibt es denn irgendetwas mit Weinthal Vergleichbares? Gibt es irgendeinen Korrespondenten eines Mediums eines anderen Landes, der sein Gastland permanent mit solchen Kampagnen überzieht wie Herr Weinthal? Doch wohl allenfalls im rechtsextremen Segment der türkisch-nationalistischen Presselandschaft mit Kampagnen gegen liberale Politiker wie Cem Özdemir (als „Vaterlandsverräter“).

In der Tat ist die publizistische Tätigkeit Herrn Weinthals in unseren Augen rechtsextrem: anti-Menschenrechte, anti-liberal, pro-nationalistisch. Die Tatsache, dass Weinthals Stimme trotzdem in Deutschland so viel Resonanz erhält, dass er Palästina-Aktivisten so hartnäckig zusetzen kann, dass so viele Veranstaltungsorte und Institutionen auf seine Briefe mit dem Ausschluss von Solidaritätsaktivisten reagieren – ohne dass diese sich verteidigen könnten – sagt mehr über die deutsche Gesellschaft als über ihn aus. Weinthal kennt die herrschende politische Kultur in Deutschland. Er weiß, dass viele Deutsche nicht zwischen dem Staat Israel und dem jüdischen Volk unterscheiden können und dass es mit der Rede- und Meinungsfreiheit vorbei ist, wenn es um den Staat Israel geht. Eine ganze Reihe von Institutionen und Politikern, die sich auf ihn berufen, haben ihren ganzen Einfluss genutzt, um unliebsame Stimmen zum Schweigen zu bringen. Dabei gehen sie lieber das Risiko ein, als undemokratische Zensoren kritisiert zu werden, als sich mit den Konsequenzen ihrer Mittäterschaft an den israelischen Verbrechen gegen die Palästinenser zu beschäftigen.

Mit seinen Spam-Emails hat sich Weinthal als ihr Verbündeter disqualifiziert. Einen Spammer kann man nicht ernst nehmen.

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