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Der berühmteste Palästinenser in den Vereinigten Arabischen Emiraten hat viel vom Abkommen zwischen Israel und den VAE zu gewinnen
Zusammenfassung: Mohammed Dahlan war wohl einer der Hauptarchitekten des Abkommens zwischen Israel und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Unter Arafat stieg Dahlan als Palästinenser aus Gaza zum Oberhaupt der palästinensischen Sicherheitskräfte auf, wurde aber nach Arafats Tod der Beteiligung an dessen Ermordung beschuldigt. Dahlan hat auch versucht, die Hamas im Gaza-Streifen gewaltsam von der Macht zu entfernen, und war als Sicherheitsberater des VAE-Kronprinzen angeblich am Putschversuch gegen Erdoğan in der Türkei und am Bürgerkrieg im Jemen beteiligt.
 
Mohammed Dahlans Biographie erinnert an einen Spionageroman des Kalten Krieges. Als Palästinenser aus dem Gaza-Streifen wurde Dahlan Sicherheitschef der Palästinensischen Autonomiebehörde im Gazastreifen und ein prominentes Mitglied der Fatah-Partei. Als der Vorsitzende Jassir Arafat im Juli 2004 seinen Cousin Moussa Arafat zum Chef der Gaza-Polizei ernannte, brachen in Gaza Proteste gegen diese Ernennung aus; Dahlan wurde verdächtigt, diese Proteste organisiert zu haben. Am 28. Oktober 2004 erkrankte Jassir Arafat in seiner Residenz in Ramallah plötzlich schwer und starb zwei Wochen später in einem Militärkrankenhaus in Clamart bei Paris. Die Palästinensische Autonomiebehörde behauptet, er sei in Ramallah vergiftet worden; für eine Vergiftung durch Polonium gibt es einige, wenn auch nicht völlig überzeugende Belege.
 

Mohammed Dahlan im World Economic Forum on the Middle East. Quelle: John Cole, Flickr, 2010.
 
Im Jahr 2007, als die Hamas den Gazastreifen gewaltsam übernahm, wurde Dahlan beschuldigt, Fatah-Kämpfer in Gaza mit US-Waffen versorgt und versucht zu haben, die Macht der Fatah über den Gazastreifen zu sichern, obwohl die Hamas die nationalen Wahlen 2006 gewonnen hatte. 140 Palästinenser wurden in dieser „Schlacht von Gaza“ getötet. Dies hat Dahlan in der palästinensischen Öffentlichkeit seine Glaubwürdigkeit gekostet, da viele anfingen, ihn als US-amerikanischen oder israelischen Agenten zu bezeichnen. Im Jahr 2011 wurde er aus der Fatah-Partei ausgeschlossen, nachdem Präsident Mahmud Abbas behauptet hatte, es gebe Beweise dafür, dass Dahlan im Namen Israels an der Vergiftung von Jassir Arafat beteiligt war.
 
Mohammed Dahlan floh 2010 nach Abu Dhabi in den VAE. Er wurde wegen seiner umfassenden Sicherheitserfahrung zum Sicherheitsberater des VAE-Kronprinzen Mohamed Bin Zayed ernannt; dieser gab ihm Unterschlupf und übertrug ihm verschiedene Aufgaben bei Versuchen, den regionalen Einfluss der VAE zu stärken. Am 29. Juli 2016, zwei Wochen nach dem Putschversuch in der Türkei gegen Präsident Erdoğan, veröffentlichte die Online-Zeitung mit Schwerpunkt auf dem Nahen Osten Middle East Eye Beweise dafür, dass die VAE Dahlan dazu benutzt hatten, Geld an die Verschwörer zu leiten. Dahlan reichte eine Klage gegen Middle East Eye ein, aber als Middle East Eye sich weigerte, einen Rückzieher zu machen, ließ Dahlan die Klage fallen und musste 500.000 britische Pfund zahlen, um die Gerichtskosten zu decken. Im November 2019 schrieb die Türkei eine Belohnung von 700.000 Dollar für die Verhaftung Dahlans wegen des Verdachts seiner Beteiligung an dem Putsch aus. In der vergangenen Woche bat die türkische Regierung INTERPOL, Dahlan zu verhaften.
 
2017 handelte er ein Abkommen über den Verkauf von Dieselkraftstoff aus den Vereinigten Arabischen Emiraten an die Hamas in Gaza aus, um den Energiemangel zu lindern, der die Gesundheitsdienste in Gaza zusammenzubrechen drohte. Dahlan stellte sich damit gegen die Palästinensische Autonomiebehörde, die Israel angewiesen hatte, die Benzinverkäufe an den Gaza-Streifen zu kürzen, um Druck auf die Hamas auszuüben. Damit gewann er einen Teil seines verlorenen Ansehens zurück, obwohl das Dieselgeschäft nie zustande kam. Seine Anhängern innerhalb der Fatah-Partei nennen sich „Bewegung für eine demokratische Reform der Fatah“ und sie zeigen, dass Dahlan in palästinensischen Kreisen nicht mehr als völliger Paria wahrgenommen wird. Im Jahr 2018, als Israel und Hamas ein Waffenstillstandsabkommen und einen Gefangenenaustausch aushandelten, diente Dahlan erneut als Vermittler im Namen der VAE. Mahmoud Abbas lehnte den Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas wegen der Beteiligung Dahlans ab.
 

Türkische Anfrage an Interpol zur Verhaftung von Mohammed Dahlan. Quelle: Agentur Anadulo, 20. August 2020.
 
Im Jahr 2018 veröffentlichte Aram Roston von der Nachrichtenorganisation Buzzfeed einen schockierenden Artikel über den Krieg im Jemen, in dem er aufzeigte, wie die VAE auf Söldnereinheiten angewiesen sind, um den Krieg zu führen und Attentate zu verüben. Roston enthüllte, dass Mohammed Dahlan der Verantwortliche für die Zusammenstellung dieser Einheiten war. Besonders interessant ist, dass er dabei für diesen innerarabischen Krieg auch eine Söldner-Einheit namens Spear Operations Group beschäftigte. Die Spear Operations Group wurde von einem Israeli, Abraham Golan, gegründet. Golan, der bei einer Umarmung mit Dahlan fotografiert wurde, gab zu, dass seine Einheit Attentate verübte.
 
Wie wir letzte Woche berichteten (BIP-Aktuell #134), geht es bei dem Abkommen zwischen den VAE und Israel hauptsächlich um Waffenhandel. Es dient den Zielen sowohl der VAE, moderne Waffen für den Kampf im Jemen, in Libyen und Syrien zu erwerben, als auch der israelischen Rüstungsunternehmen, Waffen zu verkaufen und von diesen Konflikten zu profitieren. Als Palästinenser aus dem Gaza-Streifen und ehemaliger palästinensischer Sicherheitschef kennt Dahlan die israelische Sicherheitstechnologie sehr gut. Als leitender Sicherheitsberater von Prinz Bin Zayed hat Dahlan die Möglichkeit, dieses Wissen im Namen seines Arbeitgebers zu nutzen. Amira Hass von Haaretz spekulierte sogar, dass Dahlan eine wichtige Rolle dabei spielte, israelische und VAE-Beamte für die Unterzeichnung des neuen Abkommens zusammenzubringen.
 
Dahlans Hilfe könnte den VAE Zugang zu den US-amerikanischen F35-Stealth-Kampfflugzeugen verschaffen, was im Bürgerkrieg in Libyen und im Krieg im Jemen einen großen Unterschied machen könnte. Das Abkommen zwischen Israel und den VAE schwächt auch die Palästinensische Autonomiebehörde, und wenn Präsident Abbas und sein Team zurücktreten, hat Dahlan vielleicht sogar die Möglichkeit, nach Palästina zurückzukehren und die Präsidentschaft für sich zu beanspruchen. Die israelische Regierung wird sicherlich nichts dagegen haben, dass er die palästinensischen Sicherheitskräfte wieder kontrolliert. Demokratische Wahlen für die Abbas-Nachfolge werden die USA und Deutschland nicht zulassen, da ihnen das Risiko zu groß ist, dass die Hamas eine Mehrheit erhält. Also stehen Dahlans Chancen gar nicht so schlecht.
 
Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever.
V. i. S. d. P. Prof. Dr. Rolf Verleger, BIP-Vorsitzender 

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Das Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V. (BIP) lädt ein zu einer Video-Konferenz am Donnerstag, 8. Oktober 2020, 19 Uhr MEZ, zum Thema:
 
„Die Annexion palästinensischen Landes geht weiter.
Wie reagieren die Palästinenser?“
 
Referentin: Dr. Bettina Marx, Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah
 
Auch ohne dass der offizielle Annexionsplan umgesetzt wird, schaffen Siedler und israelische Armee facts on the ground. Wie reagieren palästinensische Autonomiebehörde (PA) und Zivilgesellschaft? Zeigt sich eine Spaltung zwischen der PA und dem Widerstand an der Basis in den Dörfern?
Diesen Aspekten und Fragen wird Dr. Bettina Marx nachgehen. Sie leitet das HBS-Büro in Ramallah seit September 2015 und verfügt über langjährige Erfahrungen im Nahen Osten als Journalistin für die ARD und die Deutsche Welle. Sie ist ausgewiesene Expertin insbesondere für Fragen der innerpalästinensischen Politik und der Lage der Menschen vor Ort. Ihr Grund legendes Buch „Gaza. Berichte aus einem Land ohne Hoffnung“ aus dem Jahr 2009 unterstreicht ebenso wie zahlreiche Artikel in diversen Medien ihre große Kenntnis unterschiedlicher Aspekte der Situation im Nahen Osten. Für ihre Arbeit wurde sie 2015 durch die „Deutsche Initiative für den Nahen Osten“ mit einem Medienpreis ausgezeichnet.

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