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Offener Brief von Ex-Außenministern der EU

Am 14. April haben mehr als dreißig frühere europäische Politiker aus fast allen EU-Staaten in einem Brief an die jetzigen Außenminister der EU-Staaten und die EU-Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik zum israelisch-palästinensischen Konflikt Stellung bezogen. Allein die Tatsache, dass es sich um frühere Politiker aus annähernd allen EU-Staaten handelt, ist bemerkenswert.
Foto: Vier der 37 Unterzeichner. Im Uhrzeigersinn Sigmar Gabriel,
Mary Robinson, Javier Solana, Hubert Védrine

Der Brief ist darüber hinaus deshalb bemerkenswert, weil die Unterzeichner

  • zur Respektierung der Prinzipien des Völkerrechts aufrufen,
  • die jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland als völkerrechtlich illegal bezeichnen (und sich dabei auf die Resolution 2334 des UN-Sicherheitsrates berufen),
  • eine faire Lösung des Flüchtlingsproblems fordern,
  • ausdrücklich erklären, dass Ostjerusalem nicht zum israelischen Staatsgebiet gehört
  • der Überzeugung sind, dass ein tragfähiger Friede der Gründung eines palästinensischen Staates neben Israel bedarf, der auf den Grenzen von vor 1967 beruht und
  • die europäischen Regierungen auffordern, die Bemühungen um eine Zweistaaten-Lösung zu verstärken.

Der Brief in deutscher Übersetzung im Wortlaut:
(Quelle des Originals: hier)

Brief früherer europäischer Führungspersönlichkeiten zum US-Plan für den Israelisch-Palästinensischen Konflikt.

Für Europa ist es Zeit, zu seinen Grundsätzen für einen Frieden zu stehen.

14. April 2019

An die EU-Außenminister und die EU-Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik

Sehr verehrte Kollegen,

wir melden uns zu einem kritischen Zeitpunkt für den Nahen Osten als auch für Europa zu Wort.
Die EU ist tief verankert in die multilaterale, regelbasierte internationale Ordnung. Internationales Recht hat uns die längste Periode an Frieden, Wohlstand und Stabilität auf unserem Kontinent gebracht, die unser Kontinent je genossen hat. Jahrzehnte lang haben wir daran gearbeitet, unsere israelischen und palästinensischen Nachbarn die Friedensdividende genießen zu sehen, die wir Europäer durch unsere Verpflichtung zu dieser Ordnung erhalten haben.

In Partnerschaft mit früheren US-Regierungen hat Europa eine gerechte Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts mit dem Ziel einer Zweistaatenlösung gefördert. Trotz nachfolgender Rückschläge ist das Oslo-Abkommen bis zum jetzigen Zeitpunkt immer noch ein Meilenstein transatlantischer außenpolitischer Kooperation.

Unglücklicherweise ist die derzeitige US-Regierung von der lange geübten US-Politik abgewichen und hat sich von etablierten internationalen Rechtsnormen verabschiedet. Sie hat insoweit nur die Ansprüche einer Seite auf Jerusalem anerkannt und hat gegenüber der Erweiterung israelischer Siedlungen verstörende Gleichgültigkeit gezeigt. Die USA haben die Finanzierung für die UN-Agentur für Palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) und für andere Programme, die den Palästinensern zugutekamen, ausgesetzt – und setzen damit die Sicherheit und Stabilität mehrerer Staaten an Europas Grenzen aufs Spiel.

Vor dem Hintergrund dieses beklagenswerten Fehlens eines deutlichen Bekenntnisses zur Vision von zwei Staaten hat die Trump-Regierung erklärt, der Abschluss und die Vorlage eines neuen Planes für einen israelisch-palästinensischen Frieden stehe kurz bevor. Trotz der Ungewissheit, ob und wann der Plan veröffentlicht wird, ist es für Europa entscheidend, wachsam zu sein und strategisch zu handeln.

Wir glauben, dass Europa einen Plan begrüßen und fördern sollte, der die grundlegenden Prinzipien des Völkerrechts respektiert, wie sie sich in den vereinbarten EU- Grundätzen für eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts widerspiegeln. Diese Grundsätze, die die Union immer wieder bei früheren von den USA geführten Gesprächen bekräftigt hat, widerspiegeln unser gemeinsames Verständnis, dass ein tragfähiger Friede der Gründung eines palästinensischen Staates neben Israel bedarf, auf Grenzen, die auf den Linien von vor 1967 basieren, mit gegenseitig vereinbartem minimalem und ausgeglichenem Land-Tausch; mit Jerusalem als Hauptstadt für beide Staaten; mit Sicherheitsgarantien, die die berechtigten Interessen berücksichtigen und die Souveränität jeder Seite respektieren und mit einer einvernehmlichen fairen Lösung für das Problem der palästinensischen Flüchtlinge.

Europa hingegen sollte jeden Plan zurückweisen, der diesen Grundsätzen nicht entspricht. Während wir Washingtons Frustration hinsichtlich der erfolglosen Friedensbemühungen der Vergangenheit teilen, sind wir überzeugt, dass ein Plan, der die palästinensische Staatlichkeit auf ein Gebilde ohne jegliche Souveränität, ohne territorialen Zusammenhang und ökonomische Lebensfähigkeit reduziert, ernsthaft das Versagen bisheriger Friedensbemühungen bedeuten würde und den Tod der Zweistaaten-Option beschleunigen und die Sache eines dauerhaften Friedens für Palästina und Israel  verhängnisvoll beschädigen würde.

Es ist für Europa natürlich vorzuziehen, gemeinsam mit den USA daran zu arbeiten, den israelisch-palästinensischen Konflikt zu lösen und auch andere globale Probleme in einer starken transatlantischen Allianz anzugehen. Jedoch muss Europa in Situationen, in denen unsere vitalen Interessen und fundamentalen Werte in Gefahr sind seine eigene Strategie verfolgen.

In Erwartung dieses US-Plans glauben wir, dass Europa förmlich die internationalen Grundsätze für eine Zweistaatenlösung bekräftigen sollte. Indem man dies noch vor dem US-Plan tut, bekräftigt man die EU-Kriterien für die Unterstützung der amerikanischen Bemühungen und erleichtert eine geschlossene und gemeinsame europäische Antwort, sobald der Plan veröffentlicht wird.

Europäische Regierungen sollten sich weiterhin dafür einsetzen, die Bemühungen zu verstärken, um die Lebensfähigkeit einer zukünftigen Zweistaaten-Lösung zu erhalten. Es ist von allergrößter Bedeutung, dass die EU und alle Mitgliedstaaten aktiv die Umsetzung der relevanten Resolutionen des UN-Sicherheitsrates sicherstellen – einschließlich der Resolution 2334 des UN-Sicherheitsrates –  zwischen Israel in seinen anerkannten legitimen Grenzen und seinen illegalen Siedlungen in den besetzten Gebieten zu unterscheiden.

Darüber hinaus haben kürzlich zunehmende Bemühungen, die ungehinderte Arbeit der Zivilgesellschaft einzuschränken, die europäische Unterstützung für Verteidiger der Menschenrechte sowohl in Israel als auch Palästina und deren kritische Rolle beim Erreichen eines dauerhaften Friedens wichtiger denn je gemacht.

Israel und die besetzten Palästinensischen Gebiete schlittern gerade in eine Ein-Staat-Realität mit ungleichen Rechten hinein. Das kann so nicht weitergehen. Weder für Israelis, Palästinenser noch für uns in Europa.

Gerade jetzt steht Europa vor einer entscheidenden Gelegenheit, um unsere gemeinsamen Prinzipien und lange geübten Bekenntnisse für den Nahost-Friedensprozess zu bekräftigen und dadurch Europas einzigartige Rolle als Maßstab für eine regelbasierte Weltordnung zu bekunden.

Andererseits würde es weitreichende negative Folgen haben, wenn wir versäumen, diese Gelegenheit zu nutzen, zu einer Zeit, da diese Ordnung wie nie zuvor herausgefordert wird.

Hochachtungsvoll

Douglas Alexander, früherer Europaminister, Vereinigtes Königreich
Jean-Marc Ayrault,  früherer Außenminister und Premierminister, Frankreich
Carl Bildt, früherer Außenminister und Ministerpräsident, Schweden
Wlozimierz Cimoszewicz,  früherer Außenminister und Ministerpräsident, Polen
Dacian Cioloȿ, früherer  Premierminister und EU-Kommissar, Rumänien
Willy Claes, früherer Außenminister und Nato-Generalsekretär, Belgien
Massimo d’Alema, früherer Außenminister und Ministerpräsident, Italien
Karel De Gucht,  früherer Außenminister und EU-Kommissar, Belgien
Uffe Ellemann-Jensen, früherer Außenminister und Präsident der Europäischen Liberalen, Dänemark
Benita Ferrero-Waldner, frühere Außenministerin und EU-Kommissarin für Außenbeziehungen, Österreich
Franco Frattini, früherer Außenminister und EU-Kommissar, Italien
Sigmar Gabriel, früherer Außenminister und Vizekanzler, Deutschland
Lena Hjelm-Wallén, frühere Außenministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin, Schweden
Eduard Kukan, früherer Außenminister, Slowakei
Martin Lidegaard, früherer Außenminister, Dänemark
Mogens Lykketoft, früherer Außenminister  und Präsident der UN-Generalversammlung, Dänemark
Louis Michel,  früherer Außenminister und EU-Kommissar, Belgien
David Milibrand, früherer Außenminister, Vereinigtes Königreich
Holger K. Nielsen,  früherer Außenminister, Dänemark
Marc Otte, früherer EU-Sonderbeauftragter für den Friedensprozess im Nahen Osten, Belgien
Ana Palacio, frühere Außenministerin, Spanien
Jacques Poos, früherer Außenminister, Luxemburg
Vesna Pusić, früherer Außenminister und stellvertretender Ministerpräsident, Kroatien
Mary Robinson, frühere  Präsidentin und UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Irland
Robert Serry, früherer Sonderkoordinator der UN für den Friedensprozess im Nahen Osten, Niederlande
Javier Solana, früherer  Außenminister, Nato-Generalsekretär und  EU-Beauftragter für Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, Spanien
Per Stig Møller, früherer Außenminister, Dänemark
Michael Spindelegger, früherer Außenminister und Vizekanzler, Österreich
Jack Straw,  früherer Außenminister, Vereinigtes Königreich
Desmond Swayne, früherer  Staatsminister für internationale Entwicklung, Vereinigtes Königreich
Erkki Tuomioja, früherer Außenminister, Finnland
Ivo Vajgl, früherer Außenminister, Slowenien
Frank Vandenbroucke, früherer Außenminister, Belgien
Jozias van Aartsen, früherer Außenminister, Niederlande
Hubert Védrine, früherer Außenminister, Frankreich
Guy Verhofstadt,  früherer Premierminister, Belgien
Lubomἱr Zaorálek, früherer Außenminister, Tschechische Republik

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