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Ein Regierungswechsel wird keinen Politikwechsel bringen

Im Wahlkampf ging es primär darum, ob am Sabbat Busse fahren dürfen, ob man die Bescheinigung eines Rabbiners braucht, um zur Heirat nicht nach Zypern fliegen zu müssen, wieder einmal, ob die Streng-Orthodoxen zum Militär gehen müssen usw.
Wer geglaubt hatte, das Thema Zukunft des Westjordanlands und Gespräche mit der Palästinensischen Autonomiebehörde würden eine Rolle spielen, wurde enttäuscht. Zwar hatte Netanjahu die Annexion von Teilen des Jordangrabens gefordert (s. BIP aktuell #84), aber sein Herausforderer Benny Gantz war ganz der gleichen Auffassung und hatte Netanjahu sogar vorgeworfen, seinen Vorschlag „geklaut“ zu haben. (SZ 19.9.2019, S. 2) – also war das Thema zwischen den beiden Hauptkonkurrenten unstrittig und musste nicht groß diskutiert werden. Auch im Wahlprogramm von Benny Gantz sucht man das Thema vergeblich. (S. dazu hier in haAretz.)

Überhaupt muss man sich von dem in Teilen unserer Medien vermittelten Eindruck verabschieden, in wichtigen Themen gäbe es zwischen Netanjahu und Gantz große Unterschiede. Gantz kritisiert zwar das Nationalstaatsgesetz, fordert „Respekt für die arabischen Israelis“, ist aber wie Netanjahu („Es wird und kann keine Regierung geben, die sich auf arabische, antizionistische Parteien stützt„) gegen eine Beteiligung der Vereinigten Arabischen Liste an der Regierung und will Teile des Westjordanlandes und das Jordantal unter israelischer Kontrolle halten. Im Übrigen ist nicht bekannt, dass Gantz Probleme damit hat, dass der Ort Kfar Achim („Dorf der Brüder“), aus dem er stammt, 1949 auf den Ruinen des palästinensischen Dorfes Kastina errichtet wurde.


Olivier Fitoussi für haAretz

Angesichts so großer Übereinstimmung ist es nicht überraschend, dass Netanjahu Gantz aufforderte, mit ihm eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden: „Benny, es ist an uns, eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Die Nation erwartet heute von uns beiden, Verantwortung zu übernehmen und zusammenzuarbeiten. (…) Ich appelliere an dich, einem Treffen zuzustimme, noch heute, ganz egal zu welcher Stunde.“

Natürlich ist eine Einheitsregierung unter seiner Führung für Netanjahu eine Frage des politischen Überlebens, da er unter dem Verdacht des Betrugs, der Korruption und der Vorteilsgewährung steht und ein Immunitätsgesetz plant, das ihn vor einer Anklage schützt.
Dass Netanjahu Koalitionsverhandlungen mehr oder weniger offen mit der juristischen Frage eines ihm drohenden Prozesses verbindet, wirft ein Licht auf die politische Kultur in Israel. „Nicht erst in diesem Wahlkampf, sondern schon seit Jahren polarisiert Netanjahu mit seinem steroidgeschwängerten Weltbild und seiner Ignoranz für Recht und Ausgleich Israels Gesellschaft. Immer mehr entwickelte er sich zu einem autoritären Machthaber, der die demokratische DNA Israels deformierte und den säkularen Staat in einen religiösen Machtapparat verwandelte.“ kommentiert die Süddeutsche Zeitung.

Kern dieser politischen Kultur ist, dass für Gerechtigkeit für Israelis und Palästinenser kein Platz ist. Nicht zuletzt wird das daran deutlich, dass ausgerechnet Liebermann mit seiner Partei „Unser Haus Israel“ für die Regierungsbildung das Zünglein an der Waage ist. Liebermann, der 2015 gefordert hatte, Israelis arabischer Herkunft, die sich dem Staat gegenüber illoyal verhielten, sollten geköpft werden, mehrheitlich arabische Städte in Israel sollten gegen jüdische Siedlungen im Westjordanland eingetauscht werden, und palästinensische Israelis, die die Gründung des Staates Israel und die anschließende Vertreibung der arabischen Bevölkerung in den Grenzen des neuen Staates als „Nakba“ (Katastrophe) bezeichnen, sollten ins Westjordanland deportiert werden.

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