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Linke Menschen kann man auch ohne Polizei ins Gefängnis stecken

Zusammenfassung: Die israelische Justiz behandelt jüdische Israelis und Palästinenser unterschiedlich. Ein tapferer Aktivist, Jonathan Pollak, sitzt jetzt im Gefängnis, weil er sich weigert, besser als die Palästinenser behandelt zu werden.

Jonathan Pollak, 38, (s. das Foto weiter unten) ist einer der Gründer der Organisation „Anarchisten gegen die Mauer“. Als jüdischer Israeli protestiert er regelmäßig mit PalästinenserInnen gegen die israelische Besatzung. 2005 war er bei einer der wöchentlichen Demonstrationen in Bil’in gegen die Mauer von israelischen Soldaten durch einen Tränengasbehälter am Kopf getroffen worden und hatte dadurch eine Hirnblutung erlitten. Nach seiner Genesung, die monatelang dauerte, nahm er wieder an den Protestaktionen teil.

Die rechtsextreme Gruppe “Ad Kan“ („bis hierher“) hasst linke AktivistInnen. Ihre Strategie ist, jüdische linke Organisationen mit Spitzeln zu unterwandern, um diese von innen zu sabotieren. Auch Jonathan Pollaks Aktivitäten sollten verhindert werden. Deshalb zeigte Ad Kan ihn an, weil er angeblich Steine gegen Soldaten geworfen habe.
Dies ist eine einzigartige Situation; denn kein Soldat hatte sich über Steinwürfe beschwert. Normalerweise dürfen bei Straftaten nur die staatlichen Organe Anklagen beantragen, aber Richter Dov Polock traf die Entscheidung, dass auch Privatpersonen der Polizei „helfen“ dürfen, und lud Pollak im Juni 2019 vor Gericht.

Jonathan Pollak schrieb daraufhin einen mutigen Artikel in Haaretz: „Ich gehe nicht“. Er akzeptierte nicht, dass der Gerichtshof die Verantwortung für Strafanträge an private Organisationen delegierte, und ebenso wenig, dass israelische Gerichte für Vorkommnisse in den besetzten Gebieten zuständig sein sollen. Er wusste, dass er den Prozess sicher gewinnen würde, wenn er der Vorladung zum Gericht folgen würde. Aber dadurch würde er auch die Legitimität von Ad Kan und der israelischen Justiz anerkennen.

Vor zwei Wochen, am 6. Januar, kam Jonathan Pollak an seinen Arbeitsplatz bei Haaretz. Polizisten in Zivil nahmen ihn dort fest. Er wusste, dass das passieren könnte. Die Zeitung veröffentlichte am selben Tag seine Reaktion. Pollak schrieb, dass er nicht mit der israelischen Militärdiktatur in den besetzten palästinensischen Gebieten zusammenarbeiten werde.

Der Richter setzte die Kaution auf die geringe Summe von 500 NIS fest (130 EUR), aber Pollak weigert sich zu zahlen. Denn, wie er sagte, für PalästinenserInnen, die in israelischen Gefängnissen sitzen, gelten ganz andere Regeln: Sie müssen fast immer bis zum Ende des Verfahrens im Gefängnis bleiben.

Sein Rechtsanwalt Michael Sfard schrieb, die Verhaftung von Jonathan Pollak zeige, wie eng verwoben rechtsextreme Besatzungsaktivisten mit dem israelischen Justiz- und Polizeisystem sind.

Am Mittwoch, 15. Januar, wurde nun Pollak zum ersten Mal vor Gericht gebracht. Dort beschimpften ihn rechtsextreme Aktivisten, und der Richter schickte ihn in seine Zelle zurück.

Foto: Jonathan Pollak vor Gericht. Auf seinem Hemd steht: „Fleisch ist Mord“. Quelle: Activestills.

Als Verteidigungsminister in der Übergangsregierung reagierte Naftali Bennet auf die Verhaftung von Jonathan Pollak mit einem direkten Befehl an die Truppen im Westjordanland, die Einreise von „Anarchisten gegen die Mauer“ ins Westjordanland zu verbieten und Demonstranten im besetzten Gebiet mit ‚fester Hand‘ entgegenzutreten.

Mohammed Khatib, einer der Gründer der Gruppe „Koordinationskomitee für den Volkskampf“ aus Bil’in, schrieb, dass gegen ihn selbst seit vier Jahren vor einem israelischen Gericht ein Verfahren wegen falscher Anschuldigungen gelaufen war, bis er nun gerade, am 12.1., endlich freigesprochen wurde. Er dankt Jonathan Pollak für seine Solidarität.

So wie zwischen Pollak und Khatib ist Frieden zwischen Palästinensern und Israelis möglich: auf der Grundlage von Solidarität und Gerechtigkeit.

Mohammed Khatibs Bil’iner Komitee und Jonathan Pollaks „Anarchisten gegen die Mauer“ erhielten 2008 in Berlin zusammen die Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte. Die Laudatio hielt damals Uri Avnery. Er sagte, in Anspielung auf Berlin und John F. Kennedys berühmten Spruch, Bil’in sei ein Beispiel für Zivilcourage und Engagement, und deswegen könne und solle er, Uri Avnery, wie jeder anständige Mensch auf der Welt, stolz erklären: „Ich bin ein Bil’iner“.

Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille der Internationalen Liga für Menschenrechte 7. 12. 2008. Zweiter von links: Mohammed Khatib. Copyright Michael F. Mehnert – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, heruntergeladen von https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5430188

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