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Durch seine Propaganda versucht Israel, seine Verbrechen zu beschönigen, kann aber die Wahrheit nicht verbergen

Zusammenfassung: Das Herzstück der Hasbara ist die Überzeugung, dass es keine Rolle spielt, was passiert ist, es kommt nur darauf an, welchen Spin die Geschichte in den Medien bekommt. Während der Ereignisse im vergangenen Mai entlarvten die sozialen Medien viele der israelischen Spins und brachten die Hasbara-Experten in die Defensive.
Die Hasbara wird von der israelischen Regierung und anderen öffentlichen Institutionen organisiert. Umgesetzt wird sie aber durch Organisationen oder durch einzelne Prominente, die sich den Anschein zivilgesellschaftlicher Vereinigungen geben.

Die neue israelische Regierung, die von Yair Lapid gebildet und von Naftali Bennett geleitet wird, ist noch nicht in einer Abstimmung in der Knesset bestätigt worden. Die Regierung bezeichnet sich selbst als „Regierung des Wandels“ – die erste Regierung, die seit 2009 nicht von Benjamin Netanjahu geführt wird. Lapid hat jedoch gegenüber der Presse bereits erklärt, dass er sein Versprechen, nicht mehr als 18 Ministerposten im Kabinett zu haben, nicht einhalten kann. Vorläufig werden wahrscheinlich 28 Minister ernannt; es fällt dabei auf, dass auf dieser Liste das Ministerium für strategische Angelegenheiten fehlt, das bisher für die Hasbara zuständig war (Quelle auf Hebräisch).

Hasbara bedeutet im Hebräischen „Aufklärung“, aber entsprechend der israelischen Regierungswebsite könnte man das Wort besser als „öffentliche Diplomatie“ übersetzen. Mit anderen Worten, Hasbara bedeutet, pro-israelische Propaganda durch nicht-offizielle Kanäle zu fördern, durch soziale Medien, durch wirtschaftliche und akademische Beziehungen, Tourismus, usw.

Israelischer Hasbara-Stand in der Schweiz. Quelle: Rama, 2005, Wikipedia.

Über das Ministerium für strategische Angelegenheiten wurde hier bereits berichtet (siehe BIP-Aktuell #114). Nachdem dessen Minister Gilad Erdan von der Likud-Partei seinen Posten aufgeben musste und zum israelischen Botschafter bei der UNO in die USA ernannt wurde, hat Netanjahu ihn durch Orit Farkash-Hacohen von der Blau-Weiß-Partei ersetzt, die von Mai bis November 2020 an der Regierung beteiligt war. Später ernannte er Michael Biton, ebenfalls von der Blau-Weiß-Partei. Die beiden letzten Minister zeigten sehr wenig Interesse an der Arbeit des Ministeriums, und infolgedessen hat das Ministerium einen großen Teil seines Budgets verloren (Quelle auf Hebräisch).

Das Ministerium wurde gegründet, um ein Netzwerk von pro-israelischen Gruppen in der ganzen Welt zu finanzieren und zu unterstützen, hauptsächlich um gegen die BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen gegen Israel) zu agitieren. Aber als Orit Farkash-Hacohen im Kabinett zum ersten Mal über ihre neue Position als Ministerin im Mai 2020 sprach, unterbrach Premierminister Netanjahu sie und ordnete an, dass der bisherige Name des Ministeriums „Ministerium für strategische Angelegenheiten und Hasbara“ geändert wird. „Hasbara“ wurde jetzt aus dem Namen des Ministeriums entfernt und soll Teil der Arbeit anderer Ministerien werden, hauptsächlich des Außenministeriums (Quelle auf Hebräisch).

Auf den ersten Blick sieht es nun aus, als würde das Ministerium komplett geschlossen werden, aber die israelische Regierung arbeitet weiterhin daran, die Hasbara über indirekte Kanäle zu fördern. Tatsächlich werden die meisten Hasbara-Organisationen als zivilgesellschaftliche Vereinigungen eingestuft und nicht als staatliche Einrichtungen. So soll der Eindruck entstehen, dass Hasbara eine spontane pro-israelische Stimme sei und nicht ein PR-Projekt des Staates.

Ungefähr seit der Zweiten Intifada im Jahr 2000 wurden Hasbara-Techniken an israelischen Universitäten perfektioniert. Studenten erhalten Stipendien, um sie zu ermutigen, Unterricht in Hasbara-Techniken zu nehmen und das israelische Narrativ auf internationalen Plattformen zu fördern. Israelische Touristen im Ausland werden ermutigt, pro-israelische Flugblätter zu verteilen und pro-israelische Argumente zu studieren, die sie in Gesprächen auf Reisen verwenden können. Die israelische Regierung nennt sie „Botschafter Israels“.

Hasbara bedeutet auch, nicht nur jungen Juden aus Nordamerika und Europa kostenlose Reisen nach Israel anzubieten, wie z.B. das berühmte Birthright-Projekt, sondern auch kostenlose Reisen für Politiker, Regierungsbeamte und Journalisten aus westlichen Ländern. Diese Reisen werden organisiert, um den Staat Israel in einem günstigen Licht darzustellen, als eine lebendige Demokratie, eine friedliebende Nation, ein bedrohtes Volk, das von Feinden umzingelt ist. Die Besatzung, die Apartheid und die Enteignung der Palästinenser werden natürlich ausgeklammert.

Birthright ist ein Projekt, das jungen Juden kostenlose Reisen nach Israel ermöglicht. Auf diesem Bild besuchen sie das besetzte Ost-Jerusalem. Quelle: AriH972, 2016, Wikipedia.

Obwohl Hasbara-Taktiken und -Techniken sehr vielfältig und komplex sind und viele Public-Relations-Firmen angeheuert wurden, um Inhalte und Strategien für Hasbara-Projekte zu erstellen, lautet die erste Regel der Hasbara: Man darf sich nur mit dem Framing und der Erzählung darüber beschäftigen, aber nicht mit den Ereignissen selbst. Während das israelische Militär permanent Kriegsverbrechen begeht, besteht die Aufgabe der Hasbara darin das Narrativ über diese Verbrechen zu kontrollieren, Angriffe als gerechtfertigt erscheinen zu lassen oder aber das Thema ganz zu wechseln.

Während und nach den Ereignissen im Mai dieses Jahres und der Militäroperation „Wächter der Mauern“ wurden in den israelischen Medien unzählige Artikel über das veröffentlicht, was die Autor*innen einhellig als „Versagen der Hasbara“ bezeichnen (Beispiele auf Hebräisch). Die Autor*innen diskutieren die Bombardierung des Al-Jalaa-Gebäudes in Gaza, in dem sich Büros internationaler Sender befanden (siehe BIP-Aktuell #171), als ein Ereignis, das dem israelischen Image schadete. Aber die Frage war nicht, ob das Militär Medieneinrichtungen bombardieren darf, sondern wie die Bombardierung gerechtfertigt werden kann.

Viele Artikel über das Scheitern der Hasbara wurden in den sozialen Medien geschrieben. Während der israelischen Angriffe erreichten in den sozialen Medien palästinensische Botschaften eine noch nie dagewesene Öffentlichkeit. Die israelische Regierung erwog, bekannte israelische Prominente zu engagieren, um nationalistische Botschaften im Namen der Regierung zu verbreiten. Ein großer Teil der israelischen Hasbara-Bemühungen während des Angriffs auf Gaza bestand darin, Facebook und andere Social-Media-Plattformen unter Druck zu setzen, palästinensische Beiträge zu zensieren.

Zwei israelischeEntertainer haben genau das getan und Videos erstellt, um das israelische Narrativ zu fördern. Die Mobilisierung von Künstler*innen, Prominenten und Entertainern, die für die Regierung sprachen, brachte jedoch nicht das gewünschte Ergebnis. Es zeigte nämlich, wie Israel tatsächlich ist, eine militaristische und nationalistische Gesellschaft, in der kritische Stimmen zum Schweigen gebracht werden. Tatsächlich wurden den beiden Entertainern, trotz ihrer Bemühungen, pro-israelische Propaganda zu fördern, in Israel beide Shows gestrichen – sie entsprachen nicht den Anforderungen.

Als die israelischen Nachrichten über den palästinensischen „Terrorismus“ während des Mai-Aufstandes berichteten, stellten sie alle Angriffe und Opfer auf eine Stufe: die direkten physischen Angriffe durch wütende Mobs, die aus Gaza abgefeuerten Raketen und das, was sie den „Tiktok-Terror“ nannten – womit sie sich auf kurze Video-Posts auf der Social-Media-App Tiktok bezogen. In diesen haben Palästinenser Angriffe gegen jüdische Israelis, Erlebnisse ihrer Angst und der Flucht vor israelischer Gewalt sowie Botschaften ihrer Hoffnung oder der Verachtung gegenüber der israelischen Besatzung dokumentiert.

Die israelischen Behörden betrachten Angriffe auf das Ansehen des Staates Israel als ebenso schwerwiegend wie Angriffe auf Menschen. Hunderte von jungen Palästinensern wurden daher verhaftet, weil sie soziale Medien nutzten, in denen Videos oder Bilder veröffentlicht wurden, die sich über das israelische Militär und die Polizei lustig machten. Die Hasbara hat in dieser Zeit sehr gewalttätige Übergriffe gegen Palästinenser provoziert, aber es ist ihr bisher nicht gelungen, palästinensische Stimmen zum Schweigen zu bringen.

In Deutschland werden Hasbara-Bemühungen selbst von der deutschen Regierung und dem Bundestag finanziert. Der Antisemitismusbeauftragte Dr. Felix Klein finanzierte eine Lesereise für den ehemaligen israelischen Soldaten Arye Sharuz Shalicar. Er wurde dem deutschen Fernsehpublikum als Sprecher der israelischen Armee bekannt. Die Lesereise promotete sein Buch „Der neu-deutsche Antisemit“, in dem Kritiker der israelischen Politik des Antisemitismus bezichtigt werden, eine klassische Hasbara-Technik.

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BIP-Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverstöße im besetzten Palästina

  1. Israelische Polizei verhaftet Pressevertreterin in Scheich Dscharrah

„Bei einer Demonstration im arabisch geprägten und von Israel annektierten Viertel Scheich Dscharrah in Jerusalem wird eine Korrespondentin von Al-Dschasira festgenommen – und das, obwohl sie klar als Pressevertreterin zu erkennen ist.

Die Korrespondentin war bei einer Demonstration im von Israel annektierten Viertel Scheich Dscharrah in Jerusalem festgenommen und nach eigenen Angaben von der Polizei misshandelt worden, obwohl sie „Press“ auf ihrer Weste trug. „Das ist ein klarer Verstoß gegen die Pressefreiheit, weil diese Journalistin aufgrund ihrer Presse-Weste eindeutig als solche erkennbar war“, sagte Sabrina Bennoui, Sprecherin der Organisation Reporter ohne Grenzen, dem Fernsehsender. „Die israelischen Behörden sind offensichtlich gewillt, Journalisten davon abzuhalten, ihren Job zu machen und vom Ort des Geschehens zu berichten.“

Ihr Arbeitgeber warf den Sicherheitskräften vor, sie hätten das Fernsehteam angegriffen und dessen Ausrüstung zerstört. Die Journalistin berichtete später, sie sei von der Polizei „wie eine Verbrecherin“ behandelt und getreten worden (s. Twitter-Video). Auf der Wache habe man ihr vorgeworfen, eine Polizistin getreten zu haben, was aber niemals geschehen sei. Erst mehrere Stunden nach der Festnahme wurde sie laut eigenen Angaben wieder auf freien Fuß gesetzt – unter der Auflage, das Stadtviertel 15 Tage lang nicht mehr zu betreten. (Quelle: https://www.n-tv.de/politik/Israels-Polizei-nimmt-Journalistin-fest-article22599477.html).

  1. Schwerkranker 17jähriger Palästinenser muss weitere vier Monate in Administrativhaft bleiben

Die israelischen Behörden haben am 3. Juni beschlossen, den 17-jährigen palästinensischen Jugendlichen Amal Nakhleh ohne Anklage – die sogenannte Administrativ- oder Verwaltungshaft – für weitere vier Monate zu inhaftieren, obwohl der Junge an Myasthenia gravis, einer seltenen chronischen autoimmunen, neuromuskulären Krankheit leidet, die Muskelschwäche verursacht, einschließlich der Muskeln, die zum Atmen und Schlucken benutzt werden.
Zuvor war Amal aufgrund einer sechsmonatigen Verwaltungshaftanordnung am 21. Januar 2021 gegen 3:30 Uhr morgens in seinem Haus in der besetzten Westbank-Stadt Ramallah inhaftiert worden. Der Vorwurf wie in den allermeisten Fällen: Er habe Steine geworfen. (Quelle: https://www.dci-palestine.org/israeli_military_court_renews_palestinian_teen_s_administrative_detention?utm_campaign=admin_detention_na&utm_medium=email&utm_source=dcipalestine)

  1. Im BIP Aktuell 173 zeigten wir an dieser Stelle das Video mit dem Interview von Muna El-Kurd. Jetzt berichtet Mondoweiss: Die israelischen Streitkräfte haben Muna und Mohammed El-Kurd Stunden nach der brutalen Festnahme eines palästinensischen Journalisten in Sheikh Jarrah verhaftet.

Am Sonntagmorgen verhafteten israelische Streitkräfte Muna El-Kurd, 23, aus ihrem Haus in Sheikh Jarrah und brachten sie zu einer israelischen Polizeistation in Jerusalem zum Verhör. Videoaufnahmen, die in den sozialen Medien kursierten, zeigten, wie israelische Kräfte El-Kurd Handschellen anlegten und sie aus ihrem Haus eskortierten. https://mondoweiss.net/2021/06/israel-arrests-muna-and-mohammed-el-kurd-hours-after-brutally-detaining-palestinian-journalist-from-sheikh-jarrah/?utm_source=mailpoet&utm_medium=email&utm_campaign=daily-email-mailpoet

Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever.
V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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