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Mehr getötete Journalisten im aktuellen Gaza-Krieg als in jedem anderen Krieg der Weltgeschichte


  1. Die Tötung von Journalisten in Gaza
  2. Bemerkenswert
  3. Israelische Soldaten geben die Zerstörung des Gazastreifens ohne militärische Begründung zu 

In der ersten Aprilwoche hat Israel erneut Journalisten in Gaza getötet, und zwar nicht als so genannte Kollateralschäden, sondern als Teil einer geplanten Politik der Tötung, Verletzung und Verhaftung von Journalisten in Gaza, die darauf abzielt, die Palästinenser zum Schweigen zu bringen und zu verhindern, dass die Fakten über Israels Völkermord in Gaza an die Öffentlichkeit gelangen. Zwei aktuelle Studien haben ergeben, dass Israel in Gaza mehr Journalisten als in jedem anderen Krieg der Geschichte getötet hat. Die internationalen Medien schwanken zwischen kollegialer Solidarität mit den Journalisten in Gaza auf der einen Seite und einer stark pro-israelischen redaktionellen Ausrichtung auf der anderen Seite. Bislang hatte die gezielte Tötung von Journalisten für Israel noch keine konkreten Konsequenzen.

Am Sonntag, den 6. April, hat Israel die Journalistin Islam Maqdad bei einem Luftangriff auf Khan Younis getötet. Islam Maqdad hoffte, ihre verletzte Tochter Zina in Tunesien wiederzusehen, die wegen ihrer durch einen israelischen Bombenangriff erlittenen Verletzungen behandelt wird. Sie wurde bei dem Luftangriff zusammen mit ihrem Sohn Adam getötet. In ihrer letzten Instagram-Nachricht schrieb sie:



„Mein Name ist Islam. Ich bin 29 Jahre alt. Das bin ich auf dem Profilbild. Was ich am meisten fürchte, ist, nur als eine weitere Nummer in einer Liste von Opfern genannt zu werden. Ich bin nicht nur ein Mädchen. Ich bin nicht nur eine Nummer. Ich habe 29 Jahre gebraucht, um die zu werden, die ich bin – ich habe ein Zuhause, Kinder, eine Familie, Freunde, Erinnerungen und ein Herz voller Schmerz.“


Islam Maqdad, getötet am 6. April zusammen mit ihrem Sohn Adam. Quelle: Instagram.

Während es bei Islam Maqdad fraglich ist, ob sie gezielt getötet wurde, weil sie Journalistin ist, drängt sich dieser Schluss bei dem folgenden Vorfall auf:
Am Montag, dem 7. April, bombardierten israelische Jets frühmorgens das Zelt des Fernsehsenders Palestine Today, wobei der Journalist Yousef al-Faqawi getötet und neun weitere Personen verletzt wurden. Der Journalist Abed Shaath, ein freiberuflicher Fotograf, wurde durch die Bombardierung geweckt und musste sich entscheiden, ob er den Vorfall dokumentieren oder Yousef al-Faqawi retten wollte. Er entschied sich für den Versuch, seinen Kollegen zu retten, wurde aber durch den Rauch ohnmächtig. Yousef al-Faqawi verbrannte in dem Zelt. Israel äußerte sich nicht zu dem Bombenanschlag auf das Zelt von Palestine Today.




Die Grafik aus der Untersuchung des Watson-Instituts zeigt die Zahl der in jedem Krieg getöteten Journalisten. Quelle: 2025, Brown University.



Dieser Vorfall ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Israel hat gezielt Journalisten in Gaza ins Visier genommen. Nach einer von Nick Turse für das Watson Institute der Brown University durchgeführten Untersuchung wurden seit dem 7. Oktober insgesamt 232 Journalisten von Israel im Gazastreifen getötet, mehr als in jedem anderen Krieg in der Geschichte – nicht in Form von Prozenten, sondern in absoluten Zahlen. Sein Bericht wurde am 1. April veröffentlicht.

Das Komitee zum Schutz von Journalisten wandte eine restriktivere Definition des Begriffs „Journalist“ an, aktualisierte jedoch die Informationen bis zum 7. April und fügte Informationen über Journalisten hinzu, die von Israel auch außerhalb des Gazastreifens getötet wurden. Demnach wurden insgesamt 173 Journalisten und Medienmitarbeiter getötet: 165 Palästinenser, zwei Israelis und sechs Libanesen. 83 Journalisten wurden verletzt, 2 Journalisten wurden als vermisst gemeldet, 83 Journalisten wurden von Israel verhaftet. Darüber hinaus gab es zahlreiche Angriffe auf Journalisten, Drohungen, Cyberangriffe, Zensur und die Tötung von Familienmitgliedern. Selbst nach dieser konservativeren Schätzung ist die Zahl von getöteten Journalisten die größte, die in einem Krieg jemals registriert wurde. Das Medienbüro der Regierung in Gaza berichtete am 8. April, dass insgesamt 211 Journalisten in Gaza getötet wurden. Das ist mehr als das, was das Komitee für den Schutz von Journalisten berichtet, aber weniger als der Watson-Bericht.

Zu einer Zeit, in der jeder mit einem Smartphone Fotos und Videos machen, Interviews führen und Berichte per Livestream übertragen kann, sind weitaus mehr journalistisch Aktive vor Ort, die über den israelischen Völkermord in Gaza berichten, als bei jedem anderen Völkermord, vielleicht sogar mehr als bei jedem anderen Krieg in der Geschichte. Der Mitbegründer der BDS-Bewegung, Omar Barghouti, nannte den Gazakrieg „den ersten live gestreamten Völkermord der Geschichte“. Diese Bezeichnung stützt sich nicht nur auf die Bemühungen palästinensischer Journalisten, die israelischen Gräueltaten zu dokumentieren, sondern auch auf die von israelischen Soldaten veröffentlichten Videos, in denen sie selbst ihre Kriegsverbrechen dokumentieren. Dennoch ist die hohe Zahl der getöteten Journalisten kein bloßes statistisches Ergebnis; es zeigt vielmehr den absichtlichen Versuch, Beweise für Israels Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu vernichten.

Neben der vorsätzlichen Tötung, Verletzung und Verhaftung von Journalisten traf Israel auch Maßnahmen und Erlasse zum Verbot der Sender Al-Mayadeen und Al-Jazeera. Der israelische Kommunikationsminister Shlomo Karhi kündigte einen Erlass zur Einschränkung aller Medien an, die er als feindlich gegenüber den nationalen Interessen Israels ansieht. Die israelische Militärzensur droht jedem Journalisten, der über verbotene Informationen berichtet, mit Verhaftung und der Schließung seines Medienkanals. Israelische Gerichte verhängen auch Nachrichtensperren zu verschiedenen Themen, die von der Polizei durchgesetzt werden, wie z. B. zum Korruptionsskandal von Katargate.

Die systematische Tötung von Journalisten in Gaza nach dem 7. Oktober hat die Aufmerksamkeit der internationalen Medien auf sich gezogen. Sogar die oft pro-israelische New York Times forderte aus kollegialer Solidarität ein Eingreifen der USA, um die Tötung von Journalisten in Gaza zu stoppen.

Deutsche Journalisten zeigen sich seltener solidarisch mit ihren palästinensischen Kollegen. So veröffentlichte die FAZ am 6. November 2023 einen Artikel über die zunehmende Gewalt gegen Journalisten, um dann am 28. Juni 2024 in einem Artikel zu monieren, dass das „Gaza-Project“ bei seiner Behauptung, Israel töte gezielt Journalisten, erstaunlich wenig differenziert habe.

Die SZ veröffentlichte einige Berichte über die Zahl der getöteten Journalisten und einen bemerkenswerten Artikel, in dem palästinensische Journalisten zitiert wurden. Der SPIEGEL berichtete, dass in keinem Krieg der Geschichte so viele Journalisten getötet wurden wie im Gazastreifen, ebenso die Junge Welt. Der Freitag hat auch die gezielte Tötung von Journalisten gerügt. Die Nachdenkseiten kritisierten die Haltung der deutschen Regierung gegenüber dem Völkerrecht in Bezug auf die Tötung palästinensischer Journalisten.

Nicholas Potter von der taz warf die Frage auf, ob Journalisten Terroristen sein könnten. Er konstatierte für mehrere untersuchte Fälle, dass die Beweislage des israelischen Militärs zu dieser Behauptung dünn sei. Als Israel den Journalisten Hossam Shabat tötete, hieß es in der Titelzeile von Daniel Bax‘ Artikel, dass das israelische Militär Hossam Shabat beschuldigte, ein „Terrorist“ zu sein. Diese Behauptung lasse sich jedoch nicht unabhängig überprüfen.

Die ZEIT hat einen ähnlichen Artikel veröffentlicht, in dem sie über die Tötung von Journalisten berichtet, aber den größten Teil des Artikels der israelischen Version widmet, wonach es sich bei einem der getöteten Journalisten um einen Hamas-Kämpfer gehandelt habe, der an dem Angriff vom 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen sei.

Am 14. Mai 2021, während des israelischen Angriffs auf Gaza, verbreitete Israel Desinformationen an die Medien und bombardierte absichtlich das Gebäude, von dem aus sowohl Al-Jazeera als auch AP (Associated Press) arbeiteten (siehe BIP-Aktuell #171). Der direkte Angriff auf die Pressefreiheit und auf Journalisten hatte für Israel keine negativen Folgen für seine internationalen Beziehungen – die Konsequenz für das israelische Militär: die Tötung von Journalisten kann ungestraft erfolgen.

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Bemerkenswert
IGH hält öffentliche Anhörungen über Israels Pflichten in Bezug auf die UN-Aktivitäten in Palästina ab
Der Internationale Gerichtshof (IGH), das wichtigste Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen, hat einen fünftägigen Zeitplan für öffentliche Anhörungen veröffentlicht, um ein Gutachten zu den Verpflichtungen Israels in Bezug auf die Anwesenheit und Aktivitäten der Vereinten Nationen, anderer internationaler Organisationen und Drittstaaten in und in Bezug auf das besetzte palästinensischen Gebiet abzugeben.
Die Entscheidung der UN-Generalversammlung, dieses Gutachten einzuholen, war eine direkte Folge der von Israel im Oktober 2024 erlassenen Gesetzgebung, die faktisch die Aktivitäten des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) sowohl in Israel als auch in den besetzten palästinensischen Gebieten verbot.
Nach der Umsetzung dieses Gesetzes hat Israel seine Beschränkungen für die Aktivitäten der UNRWA in diesen Gebieten verschärft, was sich in der kürzlichen Schließung von sechs Bildungseinrichtungen im annektierten Ost-Jerusalem zeigt, die mit der Agentur verbunden waren.
Der komplette Artikel unter:
https://www.palestinechronicle.com/icj-to-hold-public-hearings-on-israels-duties-regarding-un-activities-in-palestine/

BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.

Israelische Soldaten geben die Zerstörung des Gazastreifens ohne militärische Begründung zu
7. April 2025

Israelische Soldaten sagten aus, dass sie tausende  Gebäude in Gaza zerstört haben – oft ohne Bedrohung – als Teil einer Kampagne zur Schaffung einer sogenannten Pufferzone, berichtet die Washington Post.

Israelische Soldaten, die im Gazastreifen stationiert sind, haben zugegeben, systematisch Gebäude unter dem Vorwand der Einrichtung einer Pufferzone zerstört zu haben, wie aus Zeugenaussagen hervorgeht, über die die Washington Post berichtet und die von der israelischen Menschenrechtsorganisation Breaking the Silence gesammelt wurden.
Der Bericht, so die Washington Post, „basiert auf einem Dutzend Berichten von Soldaten, die zwischen Oktober 2023 und August 2024 an der Grenze eingesetzt wurden, sowie von einem Offizier, der sich in der Einsatzzentrale befand, als die Planungen für die Pufferzone im Gange waren.“
Die israelischen Soldaten sagten, dass ein Großteil der Zerstörungen – die auf Häuser, Infrastruktur und landwirtschaftliche Flächen abzielten – ohne direkte Bedrohung für die israelischen Streitkräfte stattfand.
Der Bericht hebt hervor, dass „im Gegensatz zu vielen anderen Kampfzonen im Gazastreifen die Zerstörung von Infrastruktur und Gebäuden in der Umgebung manchmal nach der Eroberung des Gebiets erfolgte, wenn keine unmittelbare oder konkrete Bedrohung für die Streitkräfte bestand“.
Berichten zufolge erhielten Pioniereinheiten der israelischen Armee „den Befehl, mehr als 3.500 Gebäude mit Sprengstoff oder Bulldozern zu zerstören“.
Israelische Soldaten räumten auch ein, „Obstgärten und Getreidefelder dem Erdboden gleichgemacht zu haben, die die Palästinenser einst zum Anbau von Weizen, Gerste, Oliven, Mandeln, Erdbeeren und Zitrusfrüchten nutzten“.
Nach anderen Berichten sagten die Offiziere den Truppen, dass Zerstörungen notwendig seien, um einen weiteren Angriff wie den vom 7. Oktober 2023 zu verhindern. Die Zeugenaussagen deuten jedoch darauf hin, dass die Zerstörungen über jede unmittelbare militärische Notwendigkeit hinausgingen.
Der Bericht stellte auch fest, dass „Reporter der Washington Post letzte Woche von einem Aussichtspunkt im Süden Israels aus eine Reihe von verfallenen Gebäuden sahen, die sich entlang des östlichsten Randes von Gaza-Stadt nach Norden in Richtung Jabalya und Beit Hanoun erstreckten“.
„Denn so weit das Auge reichte, war das Grenzgebiet ein Schauplatz der Verwüstung, die Stille wurde nur durch den gelegentlichen Knall von Artilleriefeuer aus einer israelischen Panzerstellung im Norden unterbrochen.“
Laut der Washington Post berichteten Soldaten, dass sie oft keine klare Erklärung für die Sprengungsoperationen erhielten. Kommandierende Offiziere rechtfertigten sie in der Regel damit, dass die Gebäude aufgrund ihrer Nähe zur Grenze eine Bedrohung darstellten, und behaupteten, dass Hamas-Kämpfer sie nutzen könnten, um sich zu verstecken, Waffen zu lagern oder Angriffe zu starten.
Es wird berichtet, dass sich ein Feldwebel fragte: „Ist das gerechtfertigt und verhältnismäßig zu dem Grad der Gefahr, die von diesen Orten ausgeht?“
Die Washington Post merkte an, dass diese Enthüllungen zu einer Zeit erfolgen, in der Israel seine Bodenoffensive verstärkt und versucht, die Kontrolle über mehr Territorium zu erlangen, indem es die sogenannten „Sicherheitszonen“ ausweitet.
Letzte Woche kündigte der israelische Verteidigungsminister Israel Katz die Konfiszierung weiterer Gebiete an, während Premierminister Benjamin Netanjahu Pläne für einen neuen Militärkorridor in der Nähe von Rafah im südlichen Gazastreifen vorstellte und damit die Bemühungen um eine Teilung des Gazastreifens und eine Eskalation des militärischen Drucks intensivierte.
Israelische Soldaten geben die Zerstörung des Gazastreifens ohne militärische Rechtfertigung zu – Bericht – Palestine Chronicle
https://www.palestinechronicle.com/israeli-soldiers-admit-gaza-destruction-without-military-justification-report/



Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

Tag: 14. April 2025