Berufung gegen Urteil des Verwaltungsgerichts München beantragt
Der Münchner Bürger Klaus Ried hat Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12. Dezember 2018 (Az. M 7 K 18.3672) beantragt. Er und seine MitstreiterInnen sind wegen der grundsätzlichen Bedeutung bereit, notfalls durch die Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen, auch wenn dies erhebliche Kosten verursacht und künftig verursachen könnte.
Klaus Ried hatte am 19. April 2018 bei der Stadt München die Überlassung eines Raumes im Münchner Stadtmuseum für eine Diskussionsveranstaltung beantragt zum Thema: „Wie sehr schränkt München die Meinungsfreiheit ein? – Der Stadtratsbeschluss vom 13. Dezember 2017 und seine Folgen“.
Das Stadtmuseum lehnte die Vermietung mit Verweis auf diesen Stadtratsbeschluss ab (s. hier die Beschlussvorlage). Dieser legt fest, dass „Organisationen und Personen, die Veranstaltung in städtischen Einrichtungen durchführen wollen, welche sich mit den Themen, Inhalten und Zielen der BDS-Kampagne befassen [!!], diese unterstützen, diese verfolgen oder für diese werben, von der Raumüberlassung bzw. Vermietung von Räumlichkeiten ausgeschlossen“ sind.
Kurioserweise verbietet der Stadtrat schon allein die Befassung mit diesem Stadtratsbeschluss. Kann ein Stadtrat einen Beschluss fassen, der dazu führt, dass man nicht mehr über dessen Beschlüsse öffentlich diskutieren darf? Solche Beschlüsse von Gremien kennt man sonst nur aus totalitären Systemen. Die Fraktion der Grünen wollte deshalb in einem Änderungsantrag das Verbot streichen, sich mit BDS auch nur befassen zu dürfen. Denn dann könnte nicht einmal eine Veranstaltung gegen BDS stattfinden. Obwohl der Änderungsantrag abgelehnt wurde, stimmten die Grünen am Ende dem Stadtratsbeschluss zu.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München urteilte nun am 12. Dezember 2018, dass Klaus Ried für diese Diskussionsveranstaltung keinen Anspruch auf einen städtischen Raum habe.
Rechtsanwalt Dr. Kumpf aus München hat nun für Klaus Ried am 16.1.2019 beantragt, die Berufung gegen dieses unverständliche Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen:
Sein Antrag beruft sich in seiner Begründung (S. 6ff) neben Art. 8 des Grundgesetzes, das die Versammlungsfreiheit garantiert, vor allem auf Art. 5 GG: „Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt. Es ist nicht nur ein Abwehrrecht gegenüber dem Staat, sondern schlechthin konstituierend für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung.“ Das bedeutet, dass eine „Diskussionsveranstaltung zum Thema Meinungsfreiheit zum Kernbereich unserer Verfassungsordnung“ gehört (S. 6f). Darum ist eine Kommune wie die Stadt München nicht befugt, dieses verfassungsmäßige Grundrecht willkürlich einzuschränken.
Der Antrag beruft sich auf das sog. Lüth-Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1958, in dem es bereits damals um das Thema von Boykottaufruf und Antisemitismus ging:
Das Bundesverfassungsgericht erklärte, dass „ein Boykottaufruf, dem eine bestimmte Meinungskundgabe zugrunde liegt, (…) durch Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG (…) geschützt (wird), wenn er als Mittel des geistigen Meinungskampfes in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage eingesetzt wird, wenn ihm also keine private Auseinandersetzung, sondern die Sorge um politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit zu Grunde liegt“ (BVerfGE 7, 198, 212).
Der Münchner Stadtrat hätte „die fundamentale Bedeutung der Meinungsfreiheit beachten müssen“ (S.8). Bürgerinnen und Bürger der Stadt München haben einen Rechtsanspruch auf Nutzung öffentlicher Räume (S.7).
Für die weitere gerichtliche Auseinandersetzung ist Klaus Ried als Kläger auf finanzielle Unterstützung aller angewiesen, die sich für Meinungsfreiheit in Deutschland, für die Menschenrechte der Palästinenser und für das Völkerrecht in Israel/Palästina einsetzen.
Klaus Ried hat dafür ein Sonderkonto eingerichtet, das auf seinen Namen lautet:
Kennwort „Prozess Meinungsfreiheit“
IBAN: DE56 7009 0500 0100 7634 11
Es können derzeit leider keine Spendenquittungen ausgestellt werden.
Über die Hintergründe des Münchner Stadtratsbeschlusses berichtete am 30.1.2019 die Sendung Radio Lora München „Gilt in München noch die grundgesetzlich vereinbarte Meinungsfreiheit?„. Sie enthält Interviews mit dem Münchner CSU-Stadtrat Marian Offman (ab 3. Min.), mit dem Völkerrechtsprofessor Norman Paech (ab 8. Min.), mit Dr. Florian Roth, Fraktionsvorsitzender der Grünen (ab 24. Min.) und Peter Vonnahme, Richter a.D. am Bayrischen Verwaltungsgerichtshof (ab 39. Min.).
Das Eine-Welt-Haus München erklärte in seinem Programm für Januar 2019:
„Unser Appell an den Stadtrat: Bitte setzen Sie sich mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg auseinander und nehmen Sie den Münchner Beschluss zurück – geben Sie dem öffentlichen Diskurs den notwendigen Raum“.
Ganz anders als das Verwaltungsgericht München urteilte nämlich das Verwaltungsgericht Oldenburg, das feststellte, dass die Stadt Oldenburg mit der Raumverweigerung für eine Veranstaltung der Oldenburger BDS-Initiative das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit schwerwiegend verletzt habe. Bei zukünftigen Vermietungen müsse die Stadt Oldenburg das Grundrecht auf Versammlungs-, Meinungs- sowie der Allgemeinen Gleichbehandlung der BDS-Initiative schützen, warnte das Gericht ausdrücklich im Schluss des Urteilstextes.