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Die gezielte Tötung einer achtköpfigen Familie im Gazastreifen ist kein Einzelfall. Die israelische Regierung betrachtet gezielte Tötungen als gerechtfertigt, weil sie der Selbstverteidigung dienen und nach dem humanitären Völkerrecht sind. Kritik daran, wie sie von Gideon Levy und Amira Hass geübt wird, sucht man in den deutschen Medien vergeblich.

Am Abend des 13. November, wenige Stunden vor Inkrafttreten eines Waffenstillstands, wurden bei einem israelischen Angriff auf den Gazastreifen in Dir al Balah acht Mitglieder einer palästinensischen Familie getötet. Das israelische Militär sagte, man habe Rasmi Abu Malhous, den Kommandanten der Raketenstaffel des Islamischen Dschihad töten wollen. Die israelischen Streitkräfte (IDF) veröffentlichten ein Bild von ihm, aber die Bewohner der Stadt Deir al-Balah, in der die Familie lebte, sagen, dass der Mann auf dem Bild nicht derjenige ist, der am Mittwochabend getötet wurde., es sei die Familie eines Mannes mit dem gleichen Namen getötet worden.


Foto: PCHR, 2019

Der Tod der achtköpfigen Familie ist ein Glied in der Kette gezielter Tötungen durch die IDF. Am 12. November wurde Baha Abu Al Ata, ein Befehlshaber des „Islamischen Dschihad“ bei einem Luftangriff auf sein Haus in Gaza getötet. Die Reaktion waren Raketenangriffe des „Islamischen Dschihad“ auf israelisches Gebiet, die Israel mit Luftangriffen auf Ziele im Gazastreifen beantwortete, bei denen die achtköpfige Familie getötet wurde. Die gezielte Tötung von Baha Abu Al Ata, von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu genehmigt, sei keine Rückkehr zur Politik der gezielten Tötungen von Feinden und kein Hinweis auf einen Wechsel der israelischen Politik, sagte Armeesprecher Jonathan Conricus. Es handele sich um eine „einzigartige“ (gemeint ist wohl: einmalige) Aktion.

An diesen Aussagen ist so gut wie alles falsch.
Der Sonderberichterstatter Philip Alston weist in seinem „Bericht über außergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen“ v. 28.5.2010 an die Generalversammlung der Vereinten Nationen darauf hin, dass die israelische Regierung erst im Jahr 2000 zugegeben habe, gezielte Tötungen zur Selbstverteidigung und nach dem humanitären Völkerrecht als gerechtfertigt zu erachteten. Sie habe sich diese Auffassung im Jahr 2002 durch ein, allerdings nur in Teilen veröffentlichtes, Gutachten des Leiters der Rechtsabteilung der IDF bestätigen lassen. Alston: „Eine von einer Menschenrechtsgruppe durchgeführte Studie ergab, dass zwischen 2002 und Mai 2008 mindestens 387 Palästinenser infolge gezielter Tötungseinsätze ums Leben kamen. 234 von ihnen waren Ziele dieser Operationen; die restlichen waren Kollateralopfer.“ Die meisten Opfer gab es in der `Zone A`.

Bei den gezielten Tötungen kann also weder von einer Rückkehr noch von einem Wechsel in der israelischen Strategie die Rede sein, vielmehr handelt es sich um die Fortsetzung der Strategie der gezielten Tötungen durch die IDF. Infolgedessen handelte es sich bei der Tötung der achtköpfigen Familie am 13. November ebenfalls nicht um eine „einzigartige“ Aktion, zumal bereits vom 12.-14. November im Gazastreifen durch Luftangriffe 33 Zivilpersonen getötet und 61 verletzt worden waren.


Infograkift: PHRGaza 2019

Angesichts der langen Geschichte gezielter Tötungen und der Tatsache, dass israelische Drohnen in jedes Fenster hineinsehen können, ist es wenig glaubhaft, wenn die IDF, der Tod der achtköpfigen Familie beruhe auf einem Versehen: „Wir dachten, das Haus sei leer“.

Man kann das vielmehr als Versuch werten, sich der Verfolgung gem. Vierter Genfer Konvention zu entziehen. Denn gezielte Tötungen sind Kriegsverbrechen nach Artikel 147 der Vierten Genfer Konvention, und gem. Art. 146 sind die Hohen Vertragsparteien verpflichtet, Personen zu bestrafen, die gegen die Bestimmungen des Art. 147 verstoßen.

Dazu Gideon Levy in seinem Kommentar: „Diejenigen, die in der Lage sind, den Sohn eines gesuchten Mannes in einem Vorort von Damaskus ausfindig zu machen, wussten nicht, dass es sich bei den in ihrer elenden Hütte in Dir al-Balah Schlafenden um eine verarmte Familie handelte. Sie, die in der moralischsten Armee dienen und für die fortschrittlichsten Geheimdienste der Welt arbeiten, wussten nicht, dass die dürftige Blechhütte längst nicht mehr Teil der `Infrastruktur des Islamischen Dschihad` war, und es ist fragwürdig, ob dies jemalshttps://www.nachdenkseiten.de/?p=56435 der Fall war.“

Amira Hass weist auf die große Zahl palästinensischer Zivilisten hin, die durch solche `Fehler` getötet oder verwundet wurden. Außerdem würden Luftangriffe immer wieder mit Übertreibungen gerechtfertigt: Man verwende den Begriff `Compound` (`Anlage`), auch wenn die Luftaufnahmen Blechhütten zeigen. „Hätte der anonyme Offizier, der die Angriffsziele übermittelt, `Blechhütten` gesagt, hätte er die Absurdität des Einsatzes von Kampfflugzeugen und intelligenten Bomben aufgedeckt, um diese erbärmlichen Strukturen zu treffen, selbst wenn sie leer gewesen wären.“

Deutliche Stellungnahmen wie die von Gideon Levy und Amira Hass sind in den deutschen Medien Fehlanzeige, man schreibt um den heißen Brei herum: Gezielte Tötungen werden zwar als solche bezeichnet – kein Hinweis, dass es sich um Kriegsverbrechen handelt.


Foto: PCHR, 2019

In englischsprachigen Ländern werden sie weniger beschönigend als extrajudicial oder als extralegal killings bezeichnet. „Ungeachtet einer Waffenruhe hat Israel am Freitag erneut Stellungen der Palästinensermiliz Islamischer Dschihad im Gazastreifen bombardiert.“ – dass dabei Zivilisten mit bombardiert wurden, ist keiner Erwähnung wert.

Am weitesten wagt sich der Deutschlandfunk vor, der sich sogar “die Frage erlaubt, ob die gezielte Tötung von Baha Abu al Ata, des Kommandanten des Islamischen Dschihad, durch die israelische Armee durch diese Vorgeschichte gerechtfertigt ist und ob sie weiterführt.“

Immerhin wird darauf hingewiesen, dass die Lebensbedingungen im Gazastreifen verbessert werden müssen, andernfalls werde „das Geschäft des Terrors (…) weiter blühen.“ Zur Klarstellung: Es ist nicht der Terror der gezielten Tötungen, sondern der Terror aus Gaza gemeint.

Die guten Beziehungen zu Israel sind durch die Vorkommnisse in Gaza übrigens nicht gestört. Das Auswärtige Amt verurteilte am 12.11. den „Raketenbeschuss auf das Schärfste. Es gibt keine Rechtfertigung für Gewalt gegen unschuldige Zivilisten.“ Dass im Gazastreifen unschuldige Zivilisten leben, gegen die durch die israelische Luftwaffe Gewalt ausgeübt wird, bleibt unkommentiert.

Vermutlich ist es kein Zufall, dass die israelischen Luftangriffe nicht thematisiert werden, denn gegenwärtig üben deutsche und israelische Luftwaffensoldaten und Kampfjets gemeinsam – vor allem Tiefflugmanöver. Nein, nicht über dem Gazastreifen, über der Negev-Wüste. „Von den Ereignissen in Gaza wurden wir deutsche Soldaten so wie alle Teilnehmer an der Übung überrascht“, sagt der deutsche Oberstleutnant. „Wir flogen nicht mehr in den Norden Israels. Aber die Übung wurde weitergeführt. Die Ereignisse waren natürlich Teil vieler Gespräche.“

Übersetzungen: https://www.deepl.com/de/translator und Götz Schindler
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