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Inhaftierung in israelischen Gefängnissen ist ein untrennbarer Teil der täglichen Realität der Besatzung
Zusammenfassung: Um die über zwei Millionen Palästinenser im besetzten Westjordanland unter Kontrolle zu halten, werden Tausende palästinensische politische Gefangene in israelischen Gefängnissen auf israelischem Territorium festgehalten. Sie erhalten harte Strafen und leben dort unter grausamen Bedingungen. Am palästinensischen Gefangenentag am 17. April haben Hunderte von Aktivisten Proteste und Petitionen gestartet, um eine humane Behandlung der palästinensischen politischen Gefangenen zu fordern. Ihre Appelle wurden bisher ignoriert.

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In eigener Sache:
In BIP-Aktuell #115 hatten wir über unser Schreiben an den Rat der Evangelischen Kirche Deutschlands informiert, wegen dessen Stellungnahme zur BDS-Bewegung.
Unser Vorsitzender Rolf Verleger hat seinerseits an den Rat der EKD geschrieben, eine Antwort bekommen und nochmals geschrieben. Diese Korrespondenz findet sich hier: https://www.rolf-verleger.de/wp-content/uploads/2020/04/Briefwechsel-mit-EKD.pdf
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Der 17. April ist Tag der palästinensischen Gefangenen. Dies nutzten in diesem Jahr palästinensische Solidaritätsorganisationen, um auf die schlimmen Bedingungen für palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen in Zeiten des Coronavirus aufmerksam zu machen. Während sogar Länder wie der Iran und die Türkei Gefangene aus den Gefängnissen entlassen, um Infektionen unter den Gefangenen zu verhindern, weigert sich Israel, palästinensische Gefangene ohne Gegenleistung freizulassen.

Einige Gefangene wurden bereits positiv auf Covid-19 getestet, nachdem sie von einem – offenbar infizierten – israelischen Geheimpolizisten verhört worden waren. Hygieneprodukte, die sonst in den Gefängniskantinen zum Verkauf angeboten werden, sind wegen der Knappheit in den israelischen Supermärkten aus den Regalen genommen worden.

Das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte (PCHR) veröffentlichte einen dringenden Appell an die israelische Regierung, Gefangene aus Risikogruppen, insbesondere ältere Menschen, Kranke, Frauen und Kinder, freizulassen. Die israelische Regierung ignorierte diesen Appell. In einem weiteren Appell wurden die israelischen Behörden aufgefordert, den Gefangenen Schutzkleidung und Hygieneprodukte zur Verfügung zu stellen. Auch dieser Appell wurde ignoriert. Die Europäische Allianz zur Verteidigung der palästinensischen Gefangenen hat ihren eigenen Appell eingereicht, der ebenfalls ignoriert wurde. Daraufhin haben über 600 Aktivisten einen virtuellen Protest zum Gedenken an den palästinensischen Gefangenentag organisiert. Am 24. April haben sich UN-Experten zu Wort gemeldet und Israel aufgefordert, die am stärksten gefährdeten Gefangenen unverzüglich freizulassen.

Nach den Statistiken der palästinensischen Gefangenenrechtsorganisation Addameer vom März 2020 leben 5.000 palästinensische politische Gefangene in israelischen Gefängnissen. 432 von ihnen befinden sich in Verwaltungshaft (Administrativhaft), ohne dass Anklage gegen sie erhoben wird – eine außergerichtliche Sicherungsverwahrung. 183 Gefangene sind Kinder (unter 18 J.), weniger als 1 % (43) sind Frauen. Über 4000 Gefangene sind aus dem Westjordanland, 70 sind palästinensische Bürger Israels, 300 kommen aus Ost-Jerusalem und 287 aus dem Gazastreifen. Sechs Mitglieder des Palästinensischen Parlaments befinden sich ebenfalls im Gefängnis.


Foto: Mit Genehmigung von Visualizing Palestine, 2018.

Immerhin hat sich die Zahl gefangener Jugendlicher in den letzten zwei Jahren ungefähr halbiert, auf jetzt 183. Defense for Children International warnt aber, dass seit Beginn der Covid-19-Pandemie die Zahl der gefangenen palästinensischen Kinder zugenommen hat.

Gemäß der 4. Genfer Konvention darf eine Besatzungsmacht keine Gefangenen auf ihr eigenes Territorium überstellen, aber fast alle palästinensischen Gefangenen werden in Einrichtungen innerhalb Israels gehalten, was es für ihre Familien schwierig macht, sie zu besuchen.

Einen fairen Prozess oder faire Behandlung wie in einem Rechtsstaat können die Gefangenen nicht erwarten. Palästinenser sind einem Militärgerichtssystem unter Militärregierung unterworfen. Es gibt unterschiedliche Gesetze für Israelis und Palästinenser unter Besatzung, und Palästinenser werden für dieselben Verbrechen strenger bestraft. Außerdem sind die israelischen Militärgerichte mit Militäroffizieren besetzt, manchmal ohne juristische Ausbildung. Alle Angeklagten sind Palästinenser und alle Richter sind Israelis. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Das ist ein Apartheid-Rechtssystem.

Nicht nur das, die Gefangenen werden in den Gefängnissen auch misshandelt. Sogar das Wasser zum Duschen wird rationiert, nach einer Entscheidung von Gilad Erdan, der nicht nur Minister für strategische Angelegenheiten ist (siehe BA 114), sondern auch Minister für Polizei und Gefängnisse. Die Gefangenen erhalten nicht genügend Lebensmittel, Kleidung, Seife. Solche Gegenstände des täglichen Bedarfs müssen sie in den Kantinen kaufen. Jeder Gefangene hat ein Konto, auf das ihm (oder ihr) die Palästinensische Autonomiebehörde Geld überweist.


Foto: Mit Genehmigung von Visualizing Palestine, 2013.

Im Februar 2019 erließ die Knesset ein Gesetz, das es dem israelischen Finanzministerium erlaubt, Steuergelder zu konfiszieren, die der Palästinensischen Autonomiebehörde zustehen. Beschlagnahmt wird die Summe, die die Palästinensische Autonomiebehörde an die Gefangenen überweist. Aus Protest dagegen hat die Autonomiebehörde beschlossen, überhaupt keine ihr zustehenden Steuergelder mehr aus den Händen der israelischen Finanzbehörden anzunehmen, und ist damit fast am Rande des Bankrotts angelangt.

Die Hamas und Israel verhandeln seit Monaten über einen Gefangenenaustausch. Statt Gefangene freizulassen, bot die israelische Regierung stattdessen an, auf die Blockierung von Beatmungsgeräten zu verzichten, die in den Gaza-Streifen importiert werden sollen. Die Hamas bestand darauf, dass Medikamente und Materialien zur Bekämpfung der Covid-19-Infektionen ein Grundrecht sind und nicht an politische Bedingungen geknüpft werden dürfen. Schließlich wurde ein Gefangenenaustausch angekündigt, was die Hoffnung weckt, dass ein Waffenstillstand zwischen der Hamas und Israel den nächsten israelischen Angriff noch für einige Monate verhindern könnte. Der neue Koalitionsvertrag in Israel sieht jedoch einen neuen Verteidigungsminister vor, sodass die Gefahr besteht, dass Israel den Gefangenenaustausch nicht durchführen wird.

Während das Apartheid-Rechtssystem Chinas gegenüber den Uiguren durchaus ein Thema für Politik und Medien ist, herrscht in der deutschen Politik Schweigen über das Apartheid-Rechtssystem Israels gegenüber den Palästinensern. Das sollte sich ändern; Deutschland sollte seine Bremserrolle in der EU gegenüber einer Durchsetzung allgemeiner Menschenrechte in Israel/Palästina aufgeben. Ein konkreter Punkt in diesem Zusammenhang ist auch: Israelische Polizeibeamte, die palästinensische Kinder und Jugendliche im Westjordanland festnehmen und in Polizeiwachen inhaftieren, werden von deutschen Polizeibeamten ausgebildet und trainiert. Deutschland sollte sich aus diesem Europol-Projekt zurückziehen und die Zusammenarbeit mit der israelischen Polizei beenden.

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