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Die israelischen Kontrollmechanismen sind nicht nur Instrumente der Besatzung, sondern der Apartheid

Eine neue Anordnung schreibt vor, dass Besucher des Westjordanlandes eine Genehmigung erhalten müssen, die nach dem Ermessen der israelischen Behörden erteilt wird. Diese Genehmigungsregelung diskriminiert die palästinensischen Universitäten und nimmt den Palästinensern selbst im Gebiet A des Westjordanlandes jede Hoffnung auf Autonomie.

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Mehr als 100 zivilgesellschaftliche Organisationen starten eine Kampagne zur Sammlung von einer Million Unterschriften von EU-Bürger*innen, um den europäischen Handel mit illegalen Siedlungen in besetzten Gebieten zu beenden.
Dabei handelt es sich nicht um eine Petition, sondern um eine verbindliche Kampagne, die die Europäische Kommission dazu zwingen soll, den rechtlichen Status von Produkten zu erörtern, die aus den besetzten Gebieten in Palästina und Westsahara eingeführt werden.
Hier kann man teilnehmen.
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Im Februar 2022 veröffentlichte die Coordination of Government Activities in the Territories (COGAT), die israelische Militäreinheit, die faktisch als Militärgouverneur des Westjordanlandes und des Gazastreifens fungiert, ein 97-seitiges Dokument mit dem Titel: „Procedure for entry and residence of foreigners in the Judea and Samaria area“ („Verfahren für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Gebiet Judäa und Samaria“). Es ersetzt ein bisheriges vierseitiges Dokument, das die Einreise von Ausländern in das Westjordanland regelte und soll am 22. Mai in Kraft treten.

Schild an der Trennmauer in der Nähe des Dorfes Beit-Sira im Westjordanland. Quelle: Oyoyoy, 2013, Wikipedia.

Das Dokument wird als militärischer Befehl von COGAT eingestuft, obwohl nicht klar ist, ob es sich um einen Befehl handelt, der an israelische Soldaten gerichtet ist, um die neuen Regeln umzusetzen oder direkt an internationale Besucher des Westjordanlandes. Al-Jazeera veröffentlichte eine detaillierte Analyse des Befehls.

In dem Dokument wird der Begriff „Judäa und Samaria“ verwendet, der in der internationalen Gemeinschaft nicht akzeptiert wird. Der Begriff wird von israelischen Institutionen als biblische Referenz verwendet, um die permanente israelische Kontrolle und Annexion des gesamten Gebietes zu rechtfertigen und die palästinensische Präsenz in diesem Gebiet zu verleugnen. Durch das Oslo-Abkommen wurde das Westjordanland in drei Gebiete unterteilt: A-Gebiet, B-Gebiet und C-Gebiet. Nach diesem Abkommen verfügt die Palästinensische Autonomiebehörde in den drei Gebieten über ein unterschiedliches Maß an Autonomie, wobei diese in den C-Gebieten praktisch nicht vorhanden ist. In dem neuen Dokument wird jedoch nicht zwischen den drei Gebieten unterschieden.

Dem Dokument zufolge gelten für ausländische Staatsangehörige aus Ländern, die mit Israel ein Abkommen über die Befreiung von der Visumpflicht geschlossen haben (z. B. EU-Länder), andere Regeln als für Länder, bei denen das nicht der Fall ist (z. B. Jordanien). Besucher aus Ländern, die keine diplomatischen Beziehungen zu Israel unterhalten wie Iran, Indonesien oder Kuba, können nicht legal in das Westjordanland einreisen. Diese Situation bedeutet, dass die Palästinensische Autonomiebehörde nicht in der Lage ist, mit diesen Ländern offizielle politische Kontakte zu pflegen und Visaabkommen mit Ländern ihrer Wahl zu unterzeichnen.

Auch die Kontrolle über die Familienzusammenführung, z.B. wenn ausländische Staatsangehörige Palästinenser heiraten, liegt vollständig in den Händen der israelischen Behörden. Die Definition, wer als palästinensischer Einwohner gilt, wird nicht von den palästinensischen, sondern von den israelischen Institutionen bestimmt (siehe z. B. BIP-Gespräch #26). Daher ist die Palästinensische Autonomiebehörde auch nicht in der Lage, im Westjordanland innenpolitische Maßnahmen umzusetzen.

Ausländische Staatsangehörige, die in das Westjordanland einreisen wollen, müssen eine Genehmigung beantragen, in der der Zweck ihres Besuchs angegeben wird. Dazu gehören persönliche Angaben, u. a. welche Verwandte sie besuchen wollen, wie ihre Ausweisnummer lautet sowie über ihre sozialen Netzwerke. Auf diese Weise sammeln die israelischen Behörden personenbezogene Daten von Besuchern für ihre ständig wachsende Datenbank, die zur Überwachung von Akteuren der Zivilgesellschaft und von Menschenrechtsaktivisten in der ganzen Welt genutzt wird.

Besondere Aufmerksamkeit verdient der Abschnitt des Dokuments über die Hochschulbildung. Professoren, die an palästinensischen Universitäten unterrichten möchten, erhalten nur dann eine Genehmigung, wenn die COGAT-Beamten davon überzeugt sind, dass die Themen, die sie unterrichten und ihre Qualifikationen angemessen sind. So heißt es in dem Dokument: „Genehmigungen gemäß diesem Abschnitt werden erteilt, wenn zur Zufriedenheit des autorisierten COGAT-Beamten nachgewiesen wird, dass der Dozent wesentlich zur akademischen Lehre, zur Wirtschaft des Gebiets oder zur Förderung der regionalen Zusammenarbeit und des Friedens beiträgt.“

In den von der COGAT als „notwendig“ erachteten Bereichen sind höchstens 100 ausländische Dozenten pro Jahr zugelassen. Gastdozenten dürfen auch nicht ohne Grund in das Westjordanland einreisen.

Darüber hinaus ist eine Quote von maximal 150 ausländischen Studenten erlaubt, die an palästinensischen Universitäten im Westjordanland studieren dürfen. Für israelische Universitäten, einschließlich der israelischen Siedleruniversität Ariel, die auf dem Gebiet der palästinensischen Stadt Salfit errichtet wurde, gelten keine derartigen Beschränkungen.

Die Benachteiligung palästinensischer Universitäten ist eine Politik, die sich negativ auf die Zukunft der palästinensischen Wirtschaft auswirkt. Sie beeinträchtigt außerdem das Recht ausländischer, auch deutscher Studenten. Wenn sie sich zum Beispiel an der Birzeit-Universität einschreiben wollen, stehen ihnen nur 150 Plätze zur Verfügung, während es an der Hebräischen Universität keine Begrenzung der Plätze gibt. Diese Diskriminierung wird von Organisationen, die zu einem akademischen Boykott israelischer Universitäten aufrufen, als eine der Rechtfertigungen für den Boykott angeführt. Keine israelische Universität hat einen offiziellen Protest gegen die neuen Verordnungen veröffentlicht, die israelische Universitäten gegenüber palästinensischen Universitäten in unfairer Weise bevorteilen.
Ob diese neue Verordnung auch Auswirkungen auf die deutschen Schulen in den besetzten Gebieten haben wird (z.B. Thalita Kumi in Beit Jala), ist uns bislang nicht bekannt.
Erstaunlicherweise sprach sich jetzt Crimson, die Studentenzeitung der Harvard-Universität, am 29. April für eine Unterstützung der BDS-Bewegung aus.

Flugblatt der Organisation Academics for Palestine. Quelle: Akademiker für Palästina, 2014.

Die neue COGAT-Verordnung sieht vor, dass Besuche bei palästinensischen Familien im Voraus eine Sondergenehmigung erfordern, Besuche bei Siedlerfamilien in den illegalen Siedlungen im selben Gebiet jedoch nicht. So können pro-israelische Touristengruppen wie z. B. rechtsgerichtete evangelikale Christen aus den USASiedlungen besuchen und sie ungestört unterstützen, während Organisationen, die zu Palästinensern Kontakt aufnehmen wollen, daran gehindert werden. Die Unterdrückung der Autonomie der Palästinenser, die Verweigerung ihrer Freiheit und die Einschränkung ihrer akademischen Einrichtungen: Dies sind alles Merkmale und Maßnahmen einer militärischen Besatzung. Die Unterscheidung zwischen zwei Bevölkerungsgruppen in ein und demselben Gebiet auf der Grundlage ihrer ethnischen Zugehörigkeit ist ein Akt der Apartheid, der nach internationalem Recht verboten ist.

**********************************************************Eine neue Folge von BIP-Gespräch ist da. Diese Woche sprechen wir mit Michael Kellner, einem BIP-Mitglied, der auch der Vorsitzende der Städtepartnerschaft Köln-Bethlehem (https://www.koeln-bethlehem.de) ist.
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BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.

Einladung zum Webinar:
Das Recht der palästinensischen Kinder auf Bildung schützen
Am Montag, den 16. Mai um 19:00 Uhr findet ein Webinar von Just Vision und 972 – Advancement of Citizen Journalism statt, in dem man mehr erfährt über die systematischen Angriffe auf Schulen im Westjordanland und darüber, wie palästinensische Gemeinden darauf reagieren, um das Recht ihrer Kinder auf Bildung zu schützen. Um sich anzumelden, klicken Sie bitte hier: https://us02web.zoom.us/webinar/register/WN_cMoCgwV2TnuEw8tdYInsAQ

Hintergrund: Seit 2016 haben die israelischen Behörden mindestens 10 palästinensische Schulen im Westjordanland abgerissen, die alle in ländlichen und unterversorgten Gemeinden liegen. Dutzende weiterer Schulen in Gebiet C – 60 % des Westjordanlandes, die vollständig unter israelischer Kontrolle stehen – sind gefährdet. Einigen wird der Zugang zu Grundbedürfnissen wie Strom und fließendem Wasser verweigert, andere erhalten Anordnungen zum sofortigen Abriss.

Rula Salameh, Journalistin, Community-Organisatorin und Just Vision-Direktorin für Bildung und Öffentlichkeitsarbeit in Palästina, und Basil al-Adraa, Aktivist aus den südlichen Hebron-Hügeln und Reporter von Local Call und +972 Magazine, berichten über die Bedrohungen, denen palästinensische Schüler und Pädagogen im gesamten Westjordanland ausgesetzt sind, sowie über lokale Initiativen zum Schutz ihres Zugangs zu Bildung. Das Gespräch wird moderiert von Haggai Matar, Geschäftsführer von 972 – Advancement of Citizen Journalism, und Suhad Babaa, Geschäftsführer von Just Vision.


Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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