BIP Konferenz in Nürnberg 24.5.24-26.5.24
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Israel verhängt Sanktionen gegen die Palästinensische Autonomiebehörde als Strafe für UN-Abstimmungen

Als Reaktion auf die UN-Abstimmung über die Unrechtmäßigkeit der israelischen Besatzung verhängt die israelische Regierung fünf neue Sanktionen gegen die Palästinensische Autonomiebehörde, die zu deren Zusammenbruch führen könnten. Die neue israelische Regierung macht keinen Hehl mehr aus ihrer Politik der Annexion der besetzten Gebiete und braucht die Palästinensische Autonomiebehörde nicht mehr, um die Illusion eines Friedensprozesses und einer künftigen Zweistaatenlösung aufrecht zu erhalten.

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Mehr als 100 zivilgesellschaftliche Organisationen starten eine Kampagne zur Sammlung von einer Million Unterschriften von EU-Bürger*innen, um den europäischen Handel mit illegalen Siedlungen in besetzten Gebieten zu beenden.
Die Europäische Bürgerinitiative ist ein offizielles Instrument, um die Stimmen der EU-Bürger zu verstärken und ihre demokratische Beteiligung zu verbessern. Wenn die Initiative innerhalb eines Jahres nach ihrem Start eine Million Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern in allen EU-Mitgliedstaaten sammelt, ist die Europäische Kommission gesetzlich verpflichtet, den Vorschlag zu prüfen, mit den Unterzeichnern zu diskutieren und gesetzgeberische Maßnahmen einzuleiten.
Die Europäische Bürgerinitiative (EBI) unterliegt EU-Regularien:
https://www.cidse.org/de/2022/04/07/take-action-to-end-european-trade-with-illegal-settlements/
Hier kann man teilnehmen.
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In BIP-Aktuell #239 und in BIP-Aktuell #241 berichteten wir über zwei Abstimmungen in der UN-Generalversammlung, in denen eine große Mehrheit der Mitgliedsstaaten zu dem Ergebnis kam, dass die israelische Besatzung keine vorübergehende Maßnahme in Kriegszeiten, sondern eine dauerhafte Maßnahme der Annexion und Kolonisierung ist. Sie verstößt damit gegen die Vierte Genfer Konvention und ist illegal. Die UNO stimmte auch dafür, den Internationalen Strafgerichtshof mit der Untersuchung der Rechtswidrigkeit der Besatzung zu beauftragen. Deutschland hat mit einer Handvoll Staaten gegen die Umsetzung des Völkerrechts und damit mindestens indirekt für die israelische Besatzung gestimmt.  Die Bundesregierung hat ihr Votum nicht begründet, aber es ist interessant, dass auch der Staat Israel offiziell nicht auf den Vorwurf reagiert hat, eine permanente und illegale Besatzung durchzuführen. Die Knessetabgeordnete Zvika Fogel räumte sogar ein, dass die Besatzung dauerhaft sei.

Riyad Al-Maliki, palästinensischer Minister für auswärtige Angelegenheiten, staatenlos und ohne Reisepapiere. Quelle: Ricardo Patiño, Wikipedia, 2013.


Anstatt auf die rechtlichen Argumente des UN-Menschenrechtsausschusses einzugehen, betrachtet die israelische Regierung die Abstimmung in der UNO als eine politische Angelegenheit und beschuldigt die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), in der UNO „einseitig“ gegen Israel vorzugehen. Um die Behörde für ihr Vorgehen gegen die Besatzung zu bestrafen, hat die neu gebildete israelische Regierung umgehend fünf Sanktionen gegen die  Behörde beschlossen:
1. Beschlagnahmung von 139 Millionen NIS (37 Millionen Euro) von der Palästinensischen Autonomiebehörde und Weitergabe des Geldes an die Familien jüdischer Terrorismusopfer.2. Beschlagnahmung eines Betrags von der Palästinensischen Autonomiebehörde, der der Summe entspricht, die die Behörde an palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen überweist,
3. Annullierung aller Baugenehmigungen für Palästinenser im Gebiet C des besetzten Westjordanlandes,
4. Annullierung der Reisegenehmigungen des palästinensischen Außenministers Riyad Al-Maliki und der palästinensischen Vertretung bei den Vereinten Nationen,
5. Maßnahmen gegen palästinensische Organisationen, die öffentliche und juristische Aktionen gegen den Staat Israel fordern.

Die Gelder der PA müssen über israelische Bankkonten laufen. Nur deshalb kann Israel die Gelder konfiszieren.

Die israelische Regierung macht dies, indem sie Steuergelder beschlagnahmt, zu deren regelmäßiger Überweisung an die Palästinensische Autonomiebehörde sie durch die Pariser Abkommen verpflichtet ist. Zu diesen Steuern gehören Zölle auf Waren, die palästinensische Unternehmen in das Westjordanland und den Gazastreifen einführen, die aber den israelischen Zoll passieren müssen, sowie Steuern, die von palästinensischen Arbeitnehmern gezahlt werden wie Gesundheits- und Sozialabgaben für Gesundheitsdienste und soziale Dienstleistungen, die der Staat Israel ihnen nicht zur Verfügung stellt, sondern für die die Palästinensische Behörde verantwortlich ist. 2018 verabschiedete die Knesset ein Gesetz, das die israelische Regierung ermächtigt, von der PA Gelder in Höhe des Betrags zu beschlagnahmen, den die Behörde für „Terrorismus“ ausgibt, da die israelische Regierung Terrorismus nach eigenem Gusto definieren kann.

Diese Sanktionen beweisen, dass Palästina kein freier, unabhängiger Staat ist, sondern ein Gebiet unter israelischer Besatzung.

Der palästinensische Premierminister Muhammed A-Shtaya gab der Zeitung Haaretz ein Interview (Quelle auf Hebräisch), in dem er erklärte, dass die Palästinensische Autonomiebehörde jeden Monat 300 Millionen NIS als Steuern einnimmt und dass Israel verpflichtet ist, jeden Monat 900 Millionen NIS zu überweisen, aber davon jeden Monat 300 Millionen NIS für Gebühren wie Strom und Wasser und weitere 30 Millionen NIS jeden Monat als Provision einbehält. Die PA gibt 1,3 Mrd. NIS (350 Millionen EUR) aus, was ein Defizit von 400 Mio. NIS pro Monat bedeutet. A-Shtaya rief die internationale Gemeinschaft auf, Geld zur Rettung der PA zu schicken; es fragt sich allerdings, warum andere Länder die Schulden der israelischen Regierung bezahlen sollen. Damit wäre ja der Staat Israel aus seiner Verantwortung als Besatzungsmacht entlassen! A-Shtaya sagte, die neuen Sanktionen, zu denen auch die Beschlagnahmung von Geldern gehört, seien „ein weiterer Nagel im Sarg der Palästinensischen Autonomiebehörde“. Er fügte hinzu, dass „frühere israelische Regierungen gehandelt haben, um die Zweistaatenlösung zu zerstören, aber die derzeitige Regierung bekämpft die Palästinensische Autonomiebehörde selbst“. 

Bezalel Smotrich. Vorsitzender der Liste des religiösen Zionismus, Finanzminister und Leiter der COGAT. Quelle: Eitan Fold, 2015, Wikipedia.



Auf die Befürchtungen in der israelischen Öffentlichkeit und in den Medien, dass die PA unter der Last der neuen Sanktionen zusammenbrechen könnte, antwortete Bezalel Smotrich (Quelle auf Hebräisch): „So lange die Palästinensische Autonomiebehörde den Terrorismus fördert und ein Feind ist, welches Interesse habe ich daran, ihr zu helfen zu existieren?“ Bezalel Smotrich ist Vorsitzender der Liste Religiöser Zionismus (siehe BIP-Aktuell #236), Finanzminister und Leiter der COGAT (Coordination of Government Activities in the Territories), auch bekannt als sogenannte Zivilverwaltung. In dieser Funktion ist er der Gouverneur des Westjordanlands und des Gazastreifens.

Die Palästinensische Autonomiebehörde spielt eine wichtige Rolle für die israelische Besatzung, denn sie verwaltet die palästinensische Bevölkerung für die israelische Regierung, so dass der Eindruck eines Friedensprozesses entsteht, der zu zwei Staaten hinführt. Smotrich möchte die Palästinenser und das Gebiet direkt, d.h ohne die Hilfe der Palästinensischen Behörde, kontrollieren. Dies käme  einer Annexion gleich.

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Eine neue Folge von BIP-Gespräch ist da. Diese Woche sprechen wir mit Michal Kaiser-Livne, Vorstandsmitglied der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.. *********************************************************************

BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.

„Er war ein Kind, warum haben sie ihn getötet?“ Israelische Truppen überfallen palästinensische Jugendliche mit Schüssen
Gideon Levy schreibt: „Fünf palästinensische Teenager machten einen Ausflug in die Natur, vielleicht um zu wandern, wie sie sagen. Vielleicht aber auch, um Steine auf Autos zu werfen. Israelische Soldaten überfielen sie aus dem Hinterhalt und feuerten auf sie, töteten einen von ihnen und verletzten die anderen, einen davon schwer.
Das Dorf, die Straße, die Hauswand und das Zimmer des Verstorbenen – alles ist nun mit zwei Porträts geschmückt: das des Onkels Wilyam Rimawi, der seit 21 Jahren in einem israelischen Gefängnis sitzt, und das seines toten Neffen Diaa Rahmi, 16, den er nie kennengelernt hat.
Zehn Tage bevor Diaa getötet wurde, verlor die Mutter Beit Rima zwei weitere Söhne: Jawad und Zafer Rimawi, Brüder im Alter von 22 bzw. 19 Jahren, wurden am 29. November vor dem Morgengrauen von Soldaten erschossen, als sie auf Besuch im Dorf Kafr Ein waren. Die Soldaten vermuteten, dass einer der beiden einen Molotowcocktail auf sie geworfen hatte, und als sein Bruder versuchte, ihn wegzuziehen, erschossen sie auch ihn.
Jetzt weint Beit Rima auch um Diaa, einen Elftklässler. Vier seiner Freunde wurden bei dem Vorfall am 8. Dezember ebenfalls verwundet. Einer von ihnen, der 17-jährige Hisham Taha, wurde ins Krankenhaus eingeliefert, verhaftet und am Montag gegen Kaution wieder freigelassen. Danach wurde er in das Istishari Arab Hospital in Ramallah verlegt, wo er sich weiterhin in einem ernsten Zustand befindet.

Die Soldaten nahmen die Leiche von Diaa und den schwer verletzten Hisham mit. Ein palästinensischer Passant erzählte dem B´tselem-Mitarbeiter Hadad, dass er kurze Zeit später sah, wie Soldaten an einer Tankstelle in der Nähe der kleinen Stadt Rantis, westlich von Aboud, eine in glänzende Folien eingewickelte Leiche und einen Verwundeten, der an Schläuche angeschlossen war, von einem Krankenwagen in einen anderen brachten.
Hisham wurde anschließend im Krankenhaus des Israelischen Strafvollzugsdienstes im Ramle-Gefängnis weiter behandelt. Nachdem er diese Woche gegen eine Kaution von 5.000 Schekel (1.415 Dollar) entlassen worden war, wurde er direkt nach Istishari verlegt.
Wir haben diese Woche bei dem Armeesprecher nachgefragt, warum die Jugendlichen so starkem Beschuss ausgesetzt waren. Dies war die Antwort: ´Am 8. Dezember warfen einige Verdächtige Steine und Farbflaschen auf Fahrzeuge, die auf dem Highway 465 im Sektor Ephraim fuhren. Israelische Soldaten, die sich in dem Gebiet aufhielten, um geplante Aktivitäten zur Sicherung der Straßen in der Gegend durchzuführen, gaben Schüsse in Richtung der Verdächtigen ab. Nach dem Vorfall wurde eine Untersuchung durch die Ermittlungseinheit der Militärpolizei eingeleitet. Nach deren Abschluss werden die Ergebnisse zur weiteren Untersuchung an die Militärstaatsanwaltschaft weitergeleitet.´ (…)
´Er war ein Kind, warum haben sie ihn umgebracht?´, fragte Diaas Mutter diese Woche. ´Er war 16 und wusste noch nichts.´
´Nehmen wir an, er hat Steine geworfen´, fragte ihr Bruder Tareq, der seinen Schmerz kaum verbergen konnte. ´Wer schießt auf eine Gruppe von Kindern? Denken die, dass unser Leben so billig ist? Dass wir das Leben nicht lieben? Dass wir unsere Kinder nicht lieben? Was hat er getan? Und wenn er Steine geworfen hat?´“

https://www.haaretz.com/israel-news/twilight-zone/2023-01-07/ty-article-magazine/.highlight/he-was-a-boy-why-did-they-kill-him-idf-troops-ambush-palestinian-teens-with-gunfire/00000185-893d-d9f4-abf7-89ff70600000?utm_source=mailchimp&utm_medium=email&utm_content=author-alert&utm_campaign=Gideon%20Levy&utm_term=20230107-07:20&lts=1673170405539

Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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