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Außenposten zwischen Bethlehem und dem Toten Meer, nahe Herodion (Foto: privat)

Das englische Wort ‚outpost’, zu Deutsch ‚Außenposten’, bezeichnet eine selbst nach israelischem Recht nicht genehmigte israelische Siedlung innerhalb der Westbank, dem seit 1967 von Israel besetzten Westjordanland. Außenposten entstehen auf Initiative einzelner oder organisierter national-religiöser Juden, die sich in der Westbank niederlassen – auf privatem palästinensischen, also gestohlenem Land – und schaffen damit Tatsachen, ‚facts on the ground’, in der (berechtigten) Hoffnung, irgendwann als reguläre Siedlung von der israelischen Regierung anerkannt zu werden. Anders als größere Siedlungsblöcke werden Außenposten nicht von der israelischen Regierung geplant, angekündigt und mit staatlichen Mitteln gebaut; diese offiziellen Siedlungen gelten nach israelischem Recht als legal, obwohl sie nach internationalem Recht eindeutig illegal sind, wie zuletzt in der UN-Resolution des Sicherheitsrates vom 23. Dezember 2016 wieder einmal festgestellt wurde, in der es heißt: „Der Sicherheitsrat bekräftigt, dass Israels Siedlungen keine rechtliche Gültigkeit besitzen und eine flagrante Verletzung des Völkerrechts darstellen.“

Die Bewohner der Außenposten sorgen von Anfang an für eine gute Infrastruktur und erhalten in den meisten Fällen sogar inoffiziell Unterstützung vom israelischen Militär, um Brunnen und Zufahrten zu bauen, Stromleitungen zu verlegen und vor allem Zäune und Sicherheitssysteme zu installieren, um sich vor den Palästinensern zu schützen, die zuweilen auf die Idee kommen, ihr Eigentum zurück zu verlangen.

Die Unterscheidung nach israelischem Recht zwischen ‚legalen’ Siedlungen und ‚illegalen’ Außenposten führt in Israel dazu, dass Außenposten – wenn auch nur in seltenen Fällen – geräumt werden. Nämlich dann, wenn sich Proteste (z.B. Einspüche der palästinensischen Grundbesitzer oder Eingaben israelischer Menschenrechtsorganisationen) ihren Weg bis zum Obersten Gerichtshof bahnen und dieser dann in letzter Instanz entscheidet, dass der Außenposten geräumt werden muss – wie im aktuellen Fall von Amona. Die Umsetzung dieser Entscheidung kann – wie in Amona – Jahre dauern, weil die israelische Regierung wegen Protesten der Besetzer die Durchführung der Gerichtsentscheidung immer wieder hinausschiebt. Wenn es dann tatsächlich zur Räumung kommt ist die mediale Aufmerksamkeit groß. Israelische und internationale Medien berichten und zeigen dramatische Bilder von Militär und Polizisten, die Zivilisten wegtragen und Häuser oder Wohncontainer zerstören.

Rückwirkende Legalisierung von Außenposten

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Außenposten inmitten des muslimischen Viertels in der Altstadt von Jerusalem (Foto: privat)

Demnächst soll in der Knesset ein Gesetz verabschiedet werden, das die rückwirkende Legalisierung der Outposts vorsieht. Lesen Sie hier die Zusammenfassung (Deutsch) der israelischen Menschenrechtsorganisation Peace Now über die Folgen, die dieses Gesetz mit sich bringen würde.


Regierung profitiert von national-religiösem Fanatismus

In der israelischen säkularen Gesellschaft wurde über Jahrzehnte (seit Beginn der Besatzung der Westbank 1967) von den ‚verrückten Siedlern‘ gesprochen, die eigentlich keiner haben wollte und die man quasi beiläufig gewähren ließ. So jedenfalls wurde das Siedlerthema im öffentlichen Diskurs geführt; die mediale Aufmerksamkeit ging in Israel und international immer nur in Richtung der großen Siedlungsblöcke. Die wirkliche „harte“ Arbeit, die letztlich in den allermeisten Fällen der Regierung durch nachträgliche Legalisierung und damit ‚offizielle Landnahme‘ zugute kommen sollte, überließ man gern den ‚verrückten Siedlern‘. Diese ließen sich – und das setzt sich bis heute fort – mit meist von amerikanischen Gönnern gespendeten Mitteln in kleinen Gruppen an Orten nieder, die sie für biblisch und „von Gott gegeben“ halten und für „nie zuvor von Arabern bewohnt“ und daher für absolut legal. Sehr eindrücklich ist das in diesem Video über Amona zu sehen, das von der dortigen Gemeinschaft produziert und im Dezember 2014 veröffentlicht wurde:

[youtube https://www.youtube.com/watch?v=tFtfm4DOPpQ&w=560&h=315]


Was tun?

Wenn man den jüngsten politischen Entwicklungen folgt, scheint eine Annexion der besetzten Gebiete bald bevorzustehen. Eine Annexion würde theoretisch aber nach internationalem Recht bedeuten: Gleiches Recht für alle Bewohner – das haben alle israelischen Regierungen bisher zu vermeiden gewusst. Am Beispiel von Ostjerusalem zeigt sich ja auch, wie schwer man sich mit gleichen Rechten für alle nach einer Annexion tut. Ob also Annexion (und damit ein ‚Ein-Staaten-Modell‘) eine friedliche Lösung bringt  –  oder ob es andere, noch viel bessere Wege gibt, sei dahingestellt.

Die Bundesregierung favorisiert nach wie vor eine Zwei-Staaten-Lösung, was eine Beendigung der Besatzung samt Rückgabe aller seit 1967 besetzten Gebiete voraussetzen würde. Ein erster Schritt dorthin wäre eine Umsetzung des EU-Beschlusses von 2015. Hier wurde festgelegt, dass Waren aus den illegalen Siedlungen als solche zu kennzeichnen seien und nicht als „Made in Israel“. Lesen Sie hierzu den Artikel von Christoph Schult in Spiegel online vom November 2015.


Weitere Links zum Outpost Amona

http://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-255955~player_branded-true.html

http://www.tagesschau.de/ausland/raeumung-amona-105.html

3 Kommentare

  1. Bettina Marx, Autorin des hervorragenden Buches „Gaza“ und derzeit Büroleiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah, hat zum Thema „Legalisierung von Siedlungen“ am 8.2.2017 ein lesenswertes Interview mit dem DLF gegeben: http://www.deutschlandfunk.de/legalisierung-israelischer-siedlungen-die-zwei-staaten.694.de.html?dram:article_id=378384
    Das Foto zeigt einen Outpost auf dem Land der Bauern von Jayyous, aufgenommen im Herbst 2011. Sie gehören zur nahe gelegenen Siedlung Zufim. Im Frühjahr wurden aus den drei Containern bereits sechs. Man kann an den Strommasten deutlich erkennen, dass vermutlich die Armee oder andere staatliche Stellen entgegen den israelischen rechtlichen Bestimmungen für Infrastruktur gesorgt haben.

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