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… beim Jubiläumskonzert im Gasteig

Am 5. Oktober werden Nirit Sommerfeld und ihr Orchester Shlomo Geistreich mit einem Konzert im Münchner Gasteig ihr Bühnenjubiläum feiern: „20 Jahre Klezmeschugge“. Karten gibt es hier.
Anwesend sein werden auch Aufpasser, im Auftrag der Stadt München. Sie sollen beobachten, ob während der Veranstaltung „antisemitische Inhalte geäußert werden“. Dafür sorgte die Fachstelle für Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit – ein Bereich, der direkt dem Münchner Oberbürgermeister unterstellt ist.

Nirit Sommerfeld und Andi Arnold vom Shlomo Geistreich Orchester.
Quelle: https://nirit.de/#jp-carousel-2071

Wir dokumentieren hier im Folgenden
– die E-mail, die von der Gasteig München GmbH auf Veranlassung der genannten Fachstelle an Nirit Sommerfeld geschickt wurde
– Nirit Sommerfelds Reaktion und
– die darauf erfolgte Bürgeranfrage von Helmut Suttor an die Stadt München

Nirit Sommerfelds Antwort:

Betreff: Aw: Veranstaltung am 5.10.2019 im Kleinen Konzertsaal im Gasteig
Datum: 23. September 2019 um 14:51:09 MESZ
Sehr geehrter Herr …,

mit großem Befremden lese ich Ihre Mail.
Sie bitten mich um eine schriftliche Bestätigung, dass im Rahmen des Jubiläumskonzertes „20 Jahre KlezMeshugge“ keine antisemitischen Inhalte geäußert werden. Selbstverständlich kann ich Ihnen dies hiermit bestätigen. Auch werde ich nicht für BDS werben — das habe ich noch nie in meinen Konzerten getan, wie unschwer nachgeprüft werden kann. Soweit also zu Ihren Forderungen.
Was mich jedoch empört ist die Tatsache, dass ich überhaupt in den Verdacht komme, dass überhaupt in Betracht gezogen wird, dass ich wie auch immer geartete antisemitische Inhalte von mir geben könnte! In den 20 Jahren der Existenz meiner Band KLEZMORIM/ORCHESTER SHLOMO GEISTREICH (deutet der Name nicht schon auf meine jüdische Herkunft hin?!) habe ich nicht ein einziges Konzert gegeben, in dem ich nicht mindestens ein Lied gesungen habe, das an den Holocaust erinnert, und viele andere, in denen ich die Liebe zu meinem Heimatland Israel thematisiere. Seit 10 Jahren spielen wir ein Programm namens JIDDISCHE WEIHNACHT, das meinen im KZ ermordeten Großvater Julius Sommerfeld im Zentrum des Geschehens trägt. Seit Jahren kämpfe ich mit künstlerischen Mitteln für ein gerechtes Israel und Menschenrechte für Palästinenser. Genügt das schon, um in den Verdacht des Antisemitismus zu geraten?? BDS ist nicht mein Thema in der Öffentlichkeit, was sich in all meinen zahlreichen öffentlichen Publikationen ersehen lässt — abgesehen davon, dass ich regelmäßig Israel und Palästina besuche. Meine persönliche Haltung zu BDS deckt sich mit der von 240 jüdischen und israelischen Wissenschaftlern, die Sie hier auf Deutsch oder hier auf Englisch nachlesen können.
In unserem Jubiläumskonzert werden wir Teile aus allen Programmen der vergangenen 20 Jahre präsentieren: dem Konzertprogramm KlezMeshugge, der JIDDISCHEN WEIHNACHT, SALAM SHALOM und REALITY CHECK. Letzteres wurde von den Kulturreferentinnen Christina Eder und Veronika Kirschner (CC) besucht und für eindeutig nicht antisemitisch befunden — WIE AUCH????? Darf ich daran erinnern, dass ich eine in Israel geborene Jüdin bin, Tochter eines Holocaust-Überlebenden, Enkelin eines im KZ Sachsenhausen von ANTISEMITEN ermordeten Großvaters????
Ein Gespräch darüber hatte ich bereits im Kulturreferat mit Herrn Dr. Küppers, Frau Reichelt und Herrn Biebel, die ich hier ebenfalls CC setze, und ich habe dabei klar und unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass ich den direkten oder versteckten Vorwurf des Antisemitismus nicht mehr hinnehmen, sondern juristisch dagegen vorgehen werde.
Ich unterstelle Ihnen hiermit nicht, dass Sie mich persönlich des Antisemitismus bezichtigen; ich will nur klar machen, dass ich jeden Schritt in diese Richtung nicht tolerieren werde. Hingegen begrüße ich es sehr, dass offensichtlich seitens der Stadt oder der Gasteig GmbH geplant ist, meine Veranstaltung am 5. Oktober zu besuchen — wenn auch nur um festzustellen, ob „antisemitische Inhalte tangiert werden“. Ich garantiere Ihnen, dass Sie nicht fündig werden. Ich lasse das Konzert übrigens auch filmen, damit dokumentiert und nachprüfbar ist, welche Inhalte ich tatsächlich vermittle.
Dass ich mich als Jüdin, als deutsch-israelische Demokratin, die dem Grundgesetz verpflichtet ist und auch der israelischen Politik kritisch gegenübersteht, über 70 Jahre nach dem großen Menschheitsverbrechen in Deutschland, in der Hauptstadt der Bewegung rechtfertigen muss, KEINE Antisemitin zu sein, kann nicht hingenommen werden, ebensowenig wie die Tatsache, dass alle Beteiligten des Konzertes durch die Zusammenarbeit mit mir der Kontaktschuld verdächtigt zu werden. Ich behalte mir vor, diesen skandalösen Vorgang öffentlich zu machen.
Mit freundlichen Grüßen,
Nirit Sommerfeld

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Von: helmut suttor
An: fgr@muenchen.de
Datum: 25. September 2019 um 17:23
Betreff: Fragen zum Münchner Stadtratsbeschluß in Sachen Antisemitismus und BDS vom Dezember 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe drei  Fragen zur Interpretation des o.g. Beschluss:

1. Wäre es möglich, in Räumlichkeiten der Stadt München Veranstaltung durchzuführen zu folgendem Thema: „Ist die Zweistaatenlösung gescheitert und die Einstaatenlösung unausweichlich?“ In dieser Veranstaltung würden sicher Leute auftreten, die gegen die Zweistaatenlösung sind, entweder weil sie diese von Anfang an für unrealistisch hielten oder weil sie angesichts der Politik der gegenwärtigen Regierung diese Friedensidee nicht mehr für gegenwartstauglich halten. Wäre das i.S. des Stadtratsbeschluss antisemitisch? Sie argumentieren in der Erläuterung zu diesem Beschluss, BDS würde die Existenz Israels als jüdischer Staat in Frage stellen, weil die Zweistaatenlösung abgelehnt und die Einstaatenlösung befürwortet wird. Wenn die Zweistaatenlösung nicht mehr funktioniert, was bleibt dann an nicht-antisemitischen Alternativen i.S. des Stadtratsbeschluss? Hat Ihre Fachstelle hier eine Idee?

2. In dem Verwaltungsgerichtsurteil zum Stadtratsbeschluss steht, sowohl BDS-kritische als auch BDS-befürwortende Themen dürften künftig in Räumlichkeiten der Stadt nicht angeschnitten werden. Wie ist das zu verstehen? Sieht der Kampf gegen den Antisemitismus in München so aus, dass der Kampf gegen Antisemitismus verboten ist, sofern er sich auf BDS bezieht?

3. Noch eine Frage zu Ihren Aufpassern, die sie zu den Veranstaltungen schicken. Das sind dann alles Nahost-Experten? Gab es für die Leute ein spezielles Qualifizierungsprogramm oder war die Fachstelle für Demokratie von Haus aus mit einschlägig qualifiziertem Personal bestückt? Für eine Kommunalbehörde wäre das ungewöhnlich. Beim Antisemitismus geht es heute ja in erster Linie um „israelbezogenen Antisemitismus“. Dieser tritt bekanntlich in verkleideter Form auf. Um zu unterscheiden, ob berechtigte Kritik vorliegt oder Antisemitismus, der sich als berechtigte Kritik tarnt, muss man nahostpolitisch Bescheid wissen – meine ich. Deswegen die Frage nach der Qualifikation der Aufpasser.

MfG
Helmut Suttor

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