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Eine zivilgesellschaftliche Organisation wird von der israelischen Regierung rekrutiert, um Jerusalem ethnisch zu säubern
Zusammenfassung: Vor kurzem durchgesickerte Dokumente enthüllen, dass der russische Oligarch Roman Abramowitsch etwa hundert Millionen Dollar an die rechte Organisation Ir-David-Stiftung gespendet hat, die seit 34 Jahren Palästinenser in Ostjerusalem enteignet und Propaganda verbreitet, um die israelische Besetzung und Kolonisierung der Stadt zu rechtfertigen. Die Dokumente zeigen, dass eine der größten zivilgesellschaftlichen Organisationen Israels in Wirklichkeit ein Arm der israelischen Regierung ist.
 
Eine der größten Nichtregierungsorganisationen in Israel wird von der israelischen Regierung großzügig finanziert und fungiert als verlängerter Arm des israelischen Besatzungsregimes in Ostjerusalem. Sie trägt den Namen Ir-David-Stiftung („Elad“ auf Hebräisch) und wurde 1986 gegründet. Das Leitbild der Ir David Stiftung lautet:
 
„Stärkung der jüdischen Bindungen zu Jerusalem über alle Generationen hinweg durch Führungen, Unterricht, Besiedlung und Publikationen. Stipendien für Religionswissenschaften, kulturelle Aktivitäten an Jerusalem und jüdische Werte, Unterstützung jüdischer Institutionen in Jerusalem.“
 
Die Ir-David-Stiftung ist offiziell eine zivilgesellschaftliche Organisation, die ihre Aufgabe darin sieht, Touristen, Schulkinder und vor allem israelische Soldaten mit einer als Geschichte verkleideten Mythologie zu indoktrinieren. Die Ir-David-Stiftung wurde mit der Verwaltung des Nationalparks beauftragt, der im besetzten Stadtteil Silwan im Osten Jerusalems errichtet wurde. Der Nationalpark wird als archäologischer Park deklariert, aber die Funde werden so geordnet, ausgewertet und manipuliert, dass die Behauptung gestützt wird, dass Davids Königreich im alten Jerusalem die heutige Besetzung Ost-Jerusalems und die Versuche der israelischen Regierung rechtfertige, es zu „judaisieren“, die einheimische palästinensische Bevölkerung zu vertreiben und durch jüdische Kolonisten zu ersetzen. Auf diese Weise wird die dreitausendjährige Geschichte der antiken Stadt von der Zeit des sogenannten „Königreichs Davids“ bis zur Gründung des Staates Israel ausgelöscht. Die Ir-David-Stiftung interessiert sich nicht für die Jahre der hellenistischen, römischen, Kreuzritter-, arabischen, osmanischen und britischen Herrschaft, in denen das palästinensische Volk entstand und das Dorf (heute Stadtviertel) Silwan gebaut wurde, weil dies die Jahre waren, in denen die Stadt nicht unter jüdischer Kontrolle stand.

Die Palästinenser von Silwan sind dauernden Repressalien durch die Ir-David-Stiftung ausgesetzt und stehen unter ständigem Druck, das Stadtviertel zu verlassen. Rücksichtslose archäologische Ausgrabungen unter dem Stadtviertel haben sogar zu Schäden an den Häusern und zur Gefährdung des Lebens der Bewohner geführt.
 
Die Organisation „Emek Shaveh“ wurde 2008 von Archäologen gegründet, um eine ausgewogenere und wissenschaftlichere Perspektive auf die Geschichte Jerusalems zu bieten und um der Unterstützung der Ir-David-Stiftung entgegenzuwirken.
 
 

Archäologische Ausgrabungen in Silwan bedrohen die Stabilität der nahe gelegenen Häuser. Quelle: Sarah Ferguson, 2009, Wikipedia.
 
Seit 1986 arbeitet die Ir-David-Stiftung mit dem Jewish National Fund (JNF-KKL) zusammen, um palästinensische Häuser in Ostjerusalem zu übernehmen. Die Stiftung kooperiert außerdem mit anderen rechtsgerichteten zivilgesellschaftlichen Organisationen in Israel, z.B. mit dem Shalem Center.
 
Kürzlich enthüllte eine gemeinsame Studie der Zeitung Haaretz und des „Shomrim Center for Media and Democracy“, dass der russische Oligarch Roman Abramowitsch über vier seiner Unternehmen, die auf den Jungferninseln registriert sind, rund 100 Millionen Dollar an die Ir David-Stiftung gespendet hat. Dokumente aus der US-Untersuchung über die vermutliche russische Einmischung in die Präsidentschaftswahlen 2016 sind auf die BuzzFeed-Website durchgesickert und über die ICIJ-Organisation der investigativen Journalisten (International Consortium of Investigative Journalists) veröffentlicht worden. In diesen Dokumenten, bei denen es sich um Dokumente der Deutschen Bank handelt, konnten Haaretz und Shomrin die Spende von der Ir-David-Stiftung bis zu Abramowitsch zurückverfolgen. Die Stiftung ist in hohem Maße von diesen Spenden abhängig und häufte dank ihnen Immobilienvermögen im Wert von 35 Millionen Euro an, das sie als „Immobilien für Kolonisierungszwecke“ definiert.
 
Roman Abramowitsch ist einer der reichsten Männer der Welt und vor allem für seinen Besitz der britischen Fußballmannschaft Chelsea bekannt. Sein Vermögen wird auf 12-13 Milliarden Dollar geschätzt, aber die Art und Weise, wie er dieses Geld angehäuft hat, bleibt undurchschaubar. Im Jahr 2018 wurde er israelischer Staatsbürger. Die massiven Spenden an die Ir-David-Stiftung offenbaren die politischen Überzeugungen Abramowitschs, und die Tatsache, dass er auch Geld für den „Kampf gegen Antisemitismus“ gespendet hat, ändert nichts an der Tatsache, dass die meisten seiner Spenden für Projekte bestimmt sind, die den Rassismus fördern, und nicht für Projekte, die sich ihm entgegenstellen.
 
Im Jahr 2012 entschied ein israelisches Gericht, dass die israelische Natur- und Parkbehörde bei der Vergabe der Verwaltung des Nationalparks in Silwan die Ir-David-Stiftung unrechtmäßig übergangen hat und entschied, dass die Natur- und Parkbehörde die Vergabe rückgängig machen und entweder eine neue Ausschreibung beginnen oder erklären sollte, warum die Ir-David-Stiftung von einer Ausschreibung ausgenommen wurde. Nichtsdestotrotz beschloss die Stadtverwaltung von Jerusalem, eine Brücke zu bauen, um die Stiftung bei ihren archäologischen Ausgrabungen in Silwan zu unterstützen und gleichzeitig die Bewegungsfreiheit der Anwohner einzuschränken. Die Stadtverwaltung investierte 2 Millionen NIS (ca. 250.000 €) in die Ausstellungen der Ir-David-Stiftung in Ostjerusalem, zusätzlich zu den 2 Millionen NIS, die das Tourismusministerium 2012 investierte. Trotz der Entscheidung des Gerichtshofs hat die Natur- und Parkbehörde die Verwaltung weiterhin an die Ir-David-Stiftung übertragen.
 
Im Jahr 2013 veröffentlichte die gemeinsame palästinensisch-israelische Organisation The Alternative Information Center (AIC) einen Bericht über die Methoden, mit denen die israelische Regierung zivilgesellschaftliche Organisationen zur Förderung ihrer Politik einsetzt. Sie bezeichnete die Ir-David-Stiftung als eines der wichtigsten Instrumente im Arsenal der israelischen Regierung, um die Kontrolle über Ostjerusalem zu zementieren. Das AIC stellte fest, dass die Ir-David-Stiftung trotz ihrer Größe bisher keine vollständige Liste ihrer Spenderinnen und Spender veröffentlicht hat und auch nicht in der Liste der NGOs erwähnt wurde, die vom Justizministerium von der Veröffentlichung ihrer Spenderinnen und Spender ausgenommen wurden und dass die Nichtveröffentlichung in der Liste der Spenderinnen und Spender trotzdem nicht zu einer Bestrafung der Organisation geführt hat. Das israelische Unternehmensregister forderte von der Ir-David-Stiftung wiederholt vollständige Finanzberichte, was die Stiftung bis jetzt verweigert hat. Das AIC verschaffte sich teilweise Einblicke in die Finanzen der Ir-David-Stiftung, die vermuten lassen, dass ihr Budget größer ist als das der sieben größten israelischen Menschenrechtsorganisationen zusammengenommen.
 
Zwischen 2008 und 2018 stieg das Budget der Ir-David-Stiftung von 11.236.479 Euro auf 23.173.370 Euro. Die Organisation erhielt jedes Jahr Spenden in Millionenhöhe (zwischen 4 und 13 Millionen Euro), aber die Einnahmen, die sie durch die Erhebung von Mitgliedsbeiträgen, Eintrittsgebühren für ihre Einrichtungen und durch Eigentum an privaten Unternehmen erzielt, sind sogar von 1.887.754 Euro im Jahr 2008 auf 14.353.388 Euro im Jahr 2018 gestiegen. Dieses Geld wurde für verschiedene Projekte ausgegeben: hauptsächlich für den Tourismus und Führungen für SoldatInnen, PolizistInnen und SchülerInnen in Ostjerusalem, aber auch für den Kauf von Immobilien in Ostjerusalem, um die jüdische Kolonisierung der Stadt zu fördern. Die fünf Spitzenverdiener der Organisation hatten im Jahr 2018 ein Jahresgehalt zwischen 307.930 Euro und 428.682 Euro, was im Vergleich zu zivilgesellschaftlichen Organisationen in Israel ein skandalös hoher Betrag ist.
 
Die Ir-David-Stiftung wurde von David Be’eri gegründet, der bis heute als CEO der Organisation fungiert. Be’eri wurde von der israelischen Geheimpolizei verhört, weil er die Identität jüdischer Terroristen verheimlicht hatte, die in den 1980er Jahren Terroranschläge gegen Palästinenser verübt hatten. Er überfuhr 2010 zwei palästinensische Kinder im Alter von 10 und 11 Jahren und verletzte sie. Er behauptete, er habe sie in Selbstverteidigung überfahren und wurde nicht bestraft. Als Anerkennung für der Gründung der Ir-David-Stiftung erhielt Be’eri 2017 von der israelischen Regierung den prestigeträchtigen „Israel-Preis“. Linke israelische Politiker und Organisationen in Israel verurteilten die Preisvergabe scharf, sie beschuldigten Be’eri, Palästinenser enteignet und zu Leid und Hass in Jerusalem beigetragen zu haben.


David Be’eri, CEO der Ir-David-Stiftung, bei einer Ausgrabung unter Ost-Jerusalem. Quelle: Deror Avi, 2017, Wikipedia.

Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever.
V. i. S. d. P.  Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand 


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Das Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern e.V. (BIP) lädt ein zu einer Video-Konferenz am Donnerstag, 8. Oktober 2020, 19 Uhr MEZ, zum Thema:
 
„Die Annexion palästinensischen Landes geht weiter.
Wie reagieren die Palästinenser?“
 
Referentin: Dr. Bettina Marx, Leiterin der Heinrich-Böll-Stiftung in Ramallah
 
Auch ohne dass der offizielle Annexionsplan umgesetzt wird, schaffen Siedler und israelische Armee facts on the ground. Wie reagieren palästinensische Autonomiebehörde (PA) und Zivilgesellschaft? Zeigt sich eine Spaltung zwischen der PA und dem Widerstand an der Basis in den Dörfern?
Diesen Aspekten und Fragen wird Dr. Bettina Marx nachgehen. Sie leitet das HBS-Büro in Ramallah seit September 2015 und verfügt über langjährige Erfahrungen im Nahen Osten als Journalistin für die ARD und die Deutsche Welle. Sie ist ausgewiesene Expertin insbesondere für Fragen der innerpalästinensischen Politik und der Lage der Menschen vor Ort. Ihr Grund legendes Buch „Gaza. Berichte aus einem Land ohne Hoffnung“ aus dem Jahr 2009 unterstreicht ebenso wie zahlreiche Artikel in diversen Medien ihre große Kenntnis unterschiedlicher Aspekte der Situation im Nahen Osten. Für ihre Arbeit wurde sie 2015 durch die „Deutsche Initiative für den Nahen Osten“ mit einem Medienpreis ausgezeichnet.

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