Ermittlungen ergaben, dass die Hamas nicht große Mengen der Nahrungsmittelhilfen gestohlen hat
- Eine Lüge wird aufgedeckt
- Erfreulich
- Siedler zünden palästinensische Häuser im Westjordanland an, Bewohner fliehen aus ihrem Dorf
Die Hungersnot der Bevölkerung in Gaza wird von Tag zu Tag schlimmer. Israel behauptet, dass es keine Hungersnot gebe. Gleichzeitig beschuldigt es die Hamas und die UNRWA, Lebensmittel zu stehlen bzw. deren Auslieferung zu blockieren. Eine Untersuchung von USAID ergab, dass die Behauptungen über die Hamas falsch sind. Bei einer Autopsie des ehemalige Hamas-Führers Yahya Sinwar, der im Oktober letzten Jahres von den israelischen Streitkräften getötet wurde, stellte sich heraus, dass er 72 Stunden vor seiner Ermordung nichts mehr gegessen hatte. Die UNRWA ist bereit, Lebensmittel zu liefern, wenn ihre Lastwagen nach Gaza einfahren dürfen.
Israel lässt die Bevölkerung von Gaza verhungern (BIP-Aktuell #311) – als Teil seines anhaltenden Völkermords an der palästinensischen Bevölkerung in Gaza (BIP-Aktuell #285). Die Beweise für den Hunger im Gazastreifen sind überwältigend. Auch Todesfälle durch Verhungern und massive akute Unterernährung bei Kindern sind bewiesen. In einem detaillierten Artikel berichtet der Spiegel unter der Überschrift „Brutaler Abnutzungskrieg im Gazastreifen. Die Palästinenser hungern, und Israel startet eine Propagandaoffensive“ in seiner neuesten Ausgabe ausführlich über dieses Thema.

Palästinenser in Gaza stürmen einen Lastwagen mit humanitärer Hilfe, um ihren Hunger zu stillen. Quelle: 2025, Instagram.
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte dagegen vor kurzem, dass Israel die Einfuhr von Nahrungsmitteln in den Gazastreifen nicht verhindere und dass es „keinen Hunger im Gazastreifen“ gebe. Er bezeichnete die von Amnesty International, Human Rights Watch und der UNO erhobenen Vorwürfe als „dreiste Lüge“. Sogar als US-Präsident Trump sagte, dass es hungrige Kinder in Gaza gibt und dass Israel die Einfuhr von Nahrungsmitteln erlauben muss, wiederholte Netanjahu, dies sei eine „dreiste Lüge“.
Netanjahu nannte die Anschuldigung, Israel würde den Gazastreifen aushungern, in einem Interview mit den Nelk Boys, einem Pro-Trump-Podcast, der für Handelswaren wirbt, erneut eine „dreiste Lüge“. Nachdem die Moderatoren ihn nach dem Aushungern des Gazastreifens gefragt hatten, scherzte er mit ihnen über ein Sieben-Gänge-Menü mit Trump und über die Vorzüge verschiedener Fastfood-Ketten. Nach dem Interview diskutierten die Moderatoren über das Interview und stellten rückblickend fest, dass sie ein Gespräch mit dem „modernen Hitler“ geführt hatten. Der israelische Kanal 14 (ein rechtsgerichteter, aber sehr beliebter Sender) führte unterdessen ein scherzhaftes Gespräch über die Vorwürfe des Verhungerns, in dem die Diskussionsteilnehmer einen Screenshot von CNN kommentierten, der eine Mutter und ihr kleines Mädchen zeigt, das später verhungerte. Sie argumentierten, dass die Mutter nicht so aussieht, als ob sie verhungern würde. „Sie ist fett“, kommentierte einer, „fettleibig“ ein anderer. „Vielleicht hat sie das Essen ihres Babys gegessen“, schlug einer vor, „vielleicht hat sie ihr Baby gegessen“, schloss ein anderer.

Der CNN-Screenshot, der in israelischen Medien Kommentare über eine Mutter hervorrief, die angeblich das Essen ihres Babys gegessen oder ihr Baby gegessen habe. Quelle: 2025, The Seventh Eye.
Die Süddeutsche Zeitung berichtet, Netanjahu habe unterstellt, die Hamas könne die Bilder hungernder Menschen „inszeniert“ haben. Unter der Überschrift „Das Leid in Gaza ist real“ heißt es in der FAZ: „Doch nun wird tatsächlich darüber debattiert, ob die Darstellung kranker Kinder die Lage überdramatisiere. Dabei sind einzelne Bilder weder die Grundlage für die Lageeinschätzung noch Basis der Berichterstattung über die Hungersnot in Gaza. Das Gesamtbild ergibt sich aus übereinstimmenden Berichten von mehr als 100 Hilfsorganisationen, der Weltgesundheitsorganisation, der UN, israelischen Nichtregierungsorganisationen, Betroffenen und Journalisten an Ort und Stelle. Es gibt keine ernsthaften Zweifel am Vorliegen einer schweren Hungersnot.“ Ebenso schreibt Alex de Waal, Geschäftsführer der World Peace-Foundation, in der NewYorkTimes am Ende seines längeren Artikels: „Wir können nicht warten, bis es Zeit ist, die Gräber der umgekommenen Kinder zu zählen, eine Hungersnot – oder sogar einen Völkermord – zu erklären und einfach zu sagen: ´Nie wieder.`“ https://www.nytimes.com/2025/08/01/opinion/gaza-israel-famine-starvation.html?smid=nytcore-ios-share&referringSource=articleShare
Israelische Regierungsbeamte hatten zur Aushungerung des Gazastreifens aufgerufen (BIP-Aktuell #277) und Pläne geschmiedet, die Hamas auf diese Weise zur Kapitulation oder zur Auswanderung zu zwingen (BIP-Aktuell #323). Netanjahu und seine Regierung behaupten jedoch, dass die Hamas die Lebensmittel, die in den Gazastreifen gelangen, stehle und verhindere, dass sie die Bevölkerung erreichen.
Nachdem Israel und die USA die Gaza Humanitarian Foundation (GHF) gegründet hatten, um Lebensmittel in den Gazastreifen zu liefern (siehe zu diesem völlig unzulänglichen, für die Palästinenser lebensgefährlichen Projekt BIP-Aktuell #356), hat USAID, eine Behörde der Vereinigten Staaten, die israelische Behauptung, Hamas würde Hilfe stehlen, untersucht. USAID ist eine konservative Organisation, der vorgeworfen wird, unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe US-Interessen zu fördern. Sie hatte 2005 ihre pro-israelische Ausrichtung unter Beweis gestellt, als sie aus dem Budget der Palästinenserhilfe 50 Millionen Dollar für Scanner finanzierte, die an israelischen Militärkontrollpunkten im Westjordanland installiert werden sollten, um Israels Sicherheit zu verbessern. Dennoch verschloss sich USAID bei der Untersuchung der gegen Hamas erhobenen Vorwürfen nicht den Tatsachen: Nach den von ihr veröffentlichten Erkenntnissen gab es keine Hinweise auf einen massiven Diebstahl von Hilfsgütern für den Gazastreifen durch die Hamas.
Der israelische Journalist Nir Hasson von „Haaretz“ hob hervor, dass die Menge an Lebensmitteln, die für die Ernährung von 2,3 Millionen Palästinensern erforderlich sei, viele Tausend Tonnen betrage, was einen enormen Platzbedarf erfordere. Er wies darauf hin, dass die Hamas riesige Lagerräume benötigen würde, um die Lebensmittel aufzubewahren, und dass das israelische Militär in den Hamas-Tunneln keine Lagerräume für Lebensmittel gefunden habe (Quelle auf Hebräisch). Hasson sagte zwar, er glaube, dass bewaffnete Männer (wie Hamas-Kämpfer) als letzte verhungern würden, womit er andeutete, dass Hamas Lebensmittel für ihre eigenen Kämpfer stehlen könnte. Das erkläre aber nicht die Hungersnot, von der Millionen betroffen seien.
Gegen Hassons These möglicher Diebstähle zugunsten von Hamas-Kämpfern könnte sprechen, dass israelische Gerichtsmediziner bei einer Autopsie an der Leiche von Yahya Sinwar, dem am 16. Oktober 2024 getöteten Hamas-Führer, feststellten, dass dieser 72 Stunden vor seiner Ermordung nichts gegessen hatte.
Die einzige Organisation, die in der Lage ist, die Nahrungsmittel in Gaza effektiv zu verteilen, ist die UNRWA, das Hilfswerk der UNO für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten. Sie hat in Jordanien und Ägypten Hilfsgüter, die 6.000 Lastwagen füllen würden, bereitgestellt und wartet auf die Erlaubnis, die Nahrungsmittel zu der hungernden Bevölkerung zu bringen. Israel behauptete, die UNO „weigere“ sich, die Lebensmittel in den Gazastreifen zu bringen, eine Behauptung, die von der UNO rundweg zurückgewiesen wurde.
Inzwischen führte Israel eine begrenzte Operation durch, bei der während einer 10-stündigen humanitären Pause einige Paletten mit Lebensmitteln aus der Luft in den Gazastreifen abgeworfen wurden. Trotz der verkündeten Pause tötete Israel in dieser Zeit 63 Palästinenser, darunter auch Kinder.
Die ehemalige israelische Bildungsministerin Prof. Dr. Yuli Tamir schrieb am 6. April 2024, dass alle Israelis Schuld am massenhaften Aushungern der Bevölkerung in Gaza tragen. „Massenhaftes Verhungernlassen ist moralisch falsch und entzieht dem Staat Israel das moralische Existenzrecht“ (Quelle auf Hebräisch). Keine noch so großen Lügen, um die Schuld auf die Hamas oder die UNRWA abzuwälzen oder die Realität in Gaza zu leugnen, können etwas an der Tatsache ändern, dass Israel diese Gräueltat vorsätzlich begeht.
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Angesichts der zumeist sehr deprimierenden Berichte in unserem Newsletter steht an dieser Stelle die Rubrik „Erfreulich“ – in der Hoffnung, dass diese Meldungen uns allen Mut machen, denn „Aufgeben ist keine Option“!
BA 359 Erfreulich
Der ex-EU-Repräsentant in Jerusalem, Sven Kühn von Burgsdorff, fordert ein entschiedenes und sofortiges Umdenken der deutschen Politik im phoenix tagesgespräch zum Nahostkonflikt am 31.07.25
https://www.youtube.com/watch?v=0gQqfRWzKcQ
Bundespressekonferenz zur humanitären Lage in Gaza und der Rolle der EU und Deutschlands. Hier die Details:
https://www.bundespressekonferenz.de/pressekonferenzen/termine/archiv
https://www.amnesty.de/sites/default/files/2025-07/Pressemappe-Bundespressekonferenz-Gaza-humanitaere-Lage-Deutschland-EU-Juli-2025.pdf
In Italien werden israelische Produkte boykottiert, und Unternehmen beziehen Stellung im Krieg zwischen Israel und der Hamas.
https://www.youtube.com/watch?v=_IpD3K_YJno
Menschenrechtsverletzungen, über die in deutschen Medien zumeist nicht berichtet wird:
Siedler zünden palästinensische Häuser im Westjordanland an, Bewohner fliehen aus ihrem Dorf, 26. Juli 2025
„Nur wenige Tage, nachdem Siedler eine illegale Siedlung errichtet hatten, stürmten Dutzende das Dorf im Süden des Westjordanlands, zündeten Gebäude an und bedrohten die Bewohner; die Armee nahm Verdächtige fest, konnte jedoch die Gewalt nicht stoppen und die Vertreibung nicht verhindern.
Nach dem Angriff beschlossen 17 Familien aus dem Dorf, dieses zu verlassen. 14 flohen am Samstag, drei weitere werden voraussichtlich am Sonntag folgen.
Deir Alla liegt in der südlichen Judäischen Wüste, östlich der israelischen Siedlung Ma’ale Amos. Am Mittwoch kamen Siedler und errichteten einen illegalen Außenposten in einem der Gebäude des Dorfes. Die Bewohner benachrichtigten die Armee, aber der Außenposten wurde nicht abgebaut.
Nach Angaben der Dorfbewohner suchte eine israelische Militäreinheit am Donnerstag das Gebiet auf, verließ es jedoch nach etwa 30 Minuten wieder. Später in der Nacht, zwischen Donnerstag und Freitag, kehrten etwa 30 Siedler zurück und griffen das Dorf an, verwüsteten Häuser und drohten, sie niederzubrennen, wenn die Dorfbewohner nicht verschwinden würden.
Ein Bewohner berichtete Haaretz, dass das Dorf in den letzten Monatenmehrfach angegriffen worden sei. Er sagte, dass Bewohner aufgrund falscher Anschuldigungen festgenommen und mit hohen Geldstrafen belegt worden seien.
Er beschrieb auch einen besonders gewalttätigen Vorfall vor der Brandstiftung: Siedler hätten seinen Sohn mit Steinen beworfen, ihm die Finger gebrochen, seine Schafe verletzt, sein Auto zerstört und Welpen getötet.
Obwohl die Bewohner bereits am Mittwoch bei der Polizei Anzeige erstattet hatten, trafen die Sicherheitskräfte erst am Samstag ein. „Es ist einfach abscheulich. Das darf nicht passieren. Ich könnte weinen“, sagte er.
Der Vorfall ist der jüngste in einer Reihe von Angriffen durch Siedler, die seit Ausbruch des Krieges am 7. Oktober 2023 eskaliert sind. Laut Berichten in Haaretz wurden Anfang dieses Monats Hunderte von Bewohnern des Beduinendorfes Mu’arrajat in der Nähe von Jericho nach Jahren der Schikanen durch Siedler, gewalttätigen Vorfällen und Diebstählen gewaltsam vertrieben. Die Bewohner sagten, dass Siedler einen Außenposten innerhalb des Dorfes errichtet und Häuser verwüstet sowie etwa 60 Tiere gestohlen hätten.
Einen Tag vor ihrer Vertreibung teilten Siedler den Bewohnern mit, dass sie 48 Stunden Zeit hätten, um das Dorf zu verlassen. Am nächsten Morgen trafen israelische Soldaten ein, sprachen mit den Siedlern und unternahmen nichts, als diese den Abtransport der palästinensischen Habe behinderten.
Menschenrechtsgruppen und internationale Organisationen berichten von weit verbreiteten Schikanen, Landraub und Vertreibungen von Palästinensern, insbesondere im Gebiet C des Westjordanlands, wo Israel die vollständige zivile und militärische Kontrolle ausübt.“
https://www.haaretz.com/israel-news/2025-07-26/ty-article/.premium/settlers-torch-palestinian-homes-in-west-bank-residents-flee-village/00000198-46aa-d675-a79a-67eeea7e0000
Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.
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