Analyse von BIP-Mitglied Prof. Dr. Norman Paech
- Verteidigung Israels? Angriff auf das Völkerrecht!
- Erfreulich
- Neue israelische Richtlinie beschleunigt ethnische Säuberung von Masafer Yatta
Die USA und Israel haben eine lange Reihe von Militärinterventionen unternommen, die oft auf fragwürdigen Begründungen beruhten, darunter Lügen oder überdehnte Auslegungen des Völkerrechts. Die Bombardierungen iranischer Nuklearanlagen und ziviler Ziele können auch dann nicht durch das Recht auf Selbstverteidigung gerechtfertigt werden, wenn man ein Selbstverteidigungsrecht auch bei unmittelbar bevorstehenden Angriffen bejaht; denn diese Voraussetzung war nicht erfüllt. Die israelische Kriegsführung in Gaza hat keine völkerrechtliche Legitimität. Die deutsche Bundesregierung muss Waffenlieferungen an Israel einstellen, da sie davon ausgehen muss, dass diese in völkerrechtswidrigen Kriegen eingesetzt werden. Machtpolitischer Missbrauch untergräbt das Völkerrecht, und die Gefahr von „Völkerrechtsnihilismus“ starker Staaten wächst.
Der Bombenangriff der USA auf die Nuklearanlagen Irans kam zwar überraschend, war aber vorhersehbar. Schon lange zuvor hatten sie den Mittleren Osten im Brennpunkt ihres geostrategischen Fadenkreuzes. Bereits 1997 war dies nachzulesen in dem Buch von Zbigniew Brzezinski, Sicherheitsberater zweier US-Präsidenten, „Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft“. Der neokonservative Think Tank „Project for the New American Century“ mit hohen Beamten in der Administration wie den Falken Richard Perle und Douglas Feith plädierte im gleichen Jahr für eine Neuordnung des ganzen Mittleren Ostens zur Sicherung und Stabilisierung der US-amerikanischen Interessen in der Region. Und noch vor dem Terroranschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 formulierte Charles Krauthammer den aggressiven und imperialen Geist der amerikanischen Weltpolitik treffend: „Amerika ist kaum mehr ein internationaler Bürger. Es ist die dominante Macht in der Welt, dominanter als ehemals Rom. Deshalb ist Amerika in der Lage, Normen zu gestalten, Erwartungen zu verändern und neue Realitäten zu schaffen. Wie? Durch eine kompromisslose und unerbittliche Demonstration seines Willens.“ (Ch. Krauthammer, The Bush-Doctrine, in Times v. 5. März 2001, S. 42) Was er vergaß hinzuzufügen, dass Lügen ein selbstverständliches Element dieser „unerbittlichen Demonstration des Willens“ bilden. Lügen gehören zu jeder Kriegspolitik, ohne die sie nicht funktioniert.

Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan, schredderte auf dem Podium der Generalversammlung am 13. Mai 2024 die UN-Charta. Quelle: 2024, Instagram.
Das wurde 2003 im Überfall auf Bagdad deutlich, der noch ein zweites Merkmal dieser Kriegspolitik aufzeigte: die Verachtung für internationale Verträge und Völkerrecht. Gab es 1999 beim Überfall auf Ex-Jugoslawien noch heftige Diskussionen über die völkerrechtliche Legitimation als sog. humanitäre Intervention, musste man sich 2003 mit den durchsichtigen Lügen einer unmittelbaren atomaren Bedrohung durch den Irak zufriedengeben. Nahezu allen US-Administrationen nach 1945 ist dieser laxe Umgang mit der Wahrheit und dem Völkerrecht zu eigen. Der unbedingte Anspruch auf die Nummer Eins in der Welt zwingt sie zu dieser „kompromisslosen und unerbittlichen Demonstration ihres Willens“. Dafür haben sie den absolut größten Militärapparat mit fast 800 Stützpunkten in der ganzen Welt aufgebaut. Er ist zwar nicht unangreifbar, aber derzeit praktisch unüberwindbar, wie die zahllosen Interventionen und Überfälle mit und ohne die NATO nach 1945 erwiesen haben (vgl. William Blum, Zerstörung der Hoffnung. Bewaffnete Interventionen der USA und des CIA seit dem Zweiten Weltkrieg, 1987, Frankfurt a. Main, 2008).
Wir gehen fehl, wenn wir die Verachtung des Völkerrechts erst der Trump-Administration anlasten. Sie prägte alle Administrationen nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch Obama „begründete“ seine völkerrechtswidrige Intervention 2011 in Syrien, für die er weder ein Mandat des UN-Sicherheitsrats noch die Einwilligung der Regierung in Damaskus hatte, einfach mit der „verwirkten Legitimität“ Assads. Die Standard-Rechtfertigung „Selbstverteidigung gem. Art. 51 UN-Charta“, ob individuell oder kollektiv, war in diesem Fall nicht möglich. Sie bekam jedoch eine plausible Grundlage durch den Terror von 9/11. Zwar verurteilte der sofort einberufene UN-Sicherheitsrat die Anschläge aufs Schärfste und verpflichtete die Mitgliedstaaten zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, er konnte sich aber nicht auf ein Mandat für die USA zur Verfolgung von Al Quaida in Afghanistan einigen. Er erwähnte jedoch in seiner Resolution 1373 vom 28. September 2001 das Recht auf Selbstverteidigung, welches die USA dann für sich in Anspruch nahmen. Seitdem wird die Angst vor dem Terror, ob mit herkömmlicher oder nuklearer Waffengewalt, zum Sprungbrett für die Berufung auf Artikel 51 der UN-Charta.
Israel kann daher das Recht auf Verteidigung für seine militärische Intervention am 8. Oktober 2023 durchaus in Anspruch nehmen. Der Angriff aus dem Gazastreifen auf zivile Kibbuzim und Zivilisten war ein schweres Kriegsverbrechen (vgl. dazu Helga Baumgarten, Norman Paech, Völkermord in Gaza, Wien 2025, S. 183 ff.) Die überlange Dauer und die Unverhältnismäßigkeit der Gewalt der israelischen Armee haben ihr aber schon lange, bevor jüngst auch Kanzler Merz vorsichtige Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit äußerte, die völkerrechtliche Legitimation entzogen. Was oft übersehen wird, Artikel 51 begrenzt das Verteidigungsrecht in seinem Satz 1: „… bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat“. Bereits am 25. März 2024 hat er in seiner Resolution 2728 die sofortige Waffenruhe gefordert. Da der Sicherheitsrat selbst keine exekutiven Maßnahmen ergreifen kann, war diese zwingende Aufforderung zur Waffenruhe die erforderliche Maßnahme, die das Recht auf Selbstverteidigung Israels beendete.
Den Angriff auf den Iran am 13. Juni 2025 und die darauffolgende 12-tägige Bombardierung nuklearer aber auch ziviler Einrichtungen rechtfertigt Israel nun als präventive Verteidigung gegen das israelische Atomprogramm damit, dass ein nuklearer Angriff unmittelbar bevorstand. Die präventive oder vorbeugende militärische Reaktion auf einen noch nicht erfolgten, aber evtl. unmittelbar bevorstehende Angriff ist mit dem Wortlaut des Art. 51 nicht vereinbar. Er fordert eindeutig einen bereits erfolgten aktuellen Angriff. Um diese Erweiterung des Verteidigungsrechts wird international seit Jahrzehnten erbittert gestritten – ein Streit, der bis in die Zeit des Völkerbundes zurückreicht. Die Diskussion ist jetzt auch in den deutschen Medien angekommen (vgl. Alexander Haneke; Eva Ricarda Lautsch, Mark Schieritz); denn die Öffentlichkeit ist nicht mehr ohne weiteres bereit, die militärischen Aggressionen Israels um sich herum gegen die Nachbarländer nachzusehen. Es gibt Vermutungen, dass die Angriffe gerade jetzt erfolgten, um in ihrem Schatten den Krieg in Gaza fortführen zu können. Fakt ist, dass sich während des Angriffs auf Iran die Bombardierung des Gazastreifens stark erhöhte. Der Abzug des Interesses der Medien von Gaza mag ein Nebengedanke in der Strategie gegen Iran gewesen sein, der Hauptgrund aber war es zweifellos nicht.
Der erste Versuch, Kriterien für eine legitime präventive Selbstverteidigung aufzustellen, stammt bereits von dem US-amerikanischen Außenminister Webster (1782 – 1852) aus dem Jahr 1842. Er forderte eine „necessity of self-defense, instant, overwhelming, and leaving no choice of means, and no moment of deliberation“. Das heißt, ein Angriff muss unmittelbar bevorstehen, überwältigend sein, und es darf keine Zeit für eine Wahl der Mittel oder weitere Beratungen mehr bestehen. Diese Formel war lange Zeit richtungsweisend und wurde auch von den internationalen Militärtribunalen in Nürnberg und Tokio angewandt. Sie wird auch heute noch insbesondere von Israel für seine Angriffe gegen seine arabischen Nachbarn vertreten. So z.B. bei seinem Angriff auf Ägypten 1967, 1975 gegen die palästinensischen Lager im Libanon und 1981 bei der Bombardierung der Kernreaktoren Tamuz 1 und 2 von Tuwaitha in der Nähe von Bagdad. Für Israels regelmäßige Angriffe auf ausgewählte Ziele in Syrien beruft sich die Regierung ebenfalls auf dieses erweiterte Recht zur Selbstverteidigung.
Es ist jedoch stark umstritten, ob die Webster-Formel damit schon Völkergewohnheitsrecht geworden ist. So wurde seinerzeit Israels Angriff auf die beiden Kernreaktoren in der UNO einstimmig verurteilt (Vgl. UNRes. 487 vom 19. Juni 1981.) Die Möglichkeiten sind zu groß, dass insbesondere militärisch starke Staaten diese Formel missbräuchlich benutzen, wenn es ihnen überlassen bleibt, zu entscheiden, wann es evtl. zu einem Angriff kommt. Damit wird das strikte Gewaltverbot des Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta unterlaufen.
Die USA haben allerdings auch diese weitgefasste Präventionsformel noch weiter ausgedehnt, als US-Präsident George W. Bush ein neues Präemptionskonzept mit seiner „Bush-Doktrin“ einführte. Danach soll diese „vorbeugende“ Verteidigung schon eingreifen, wenn ein Angriff noch gar nicht unmittelbar bevorsteht. In der Zusammenfassung der Washington Post vom 2. Juni 2002: „Die USA werden nicht nur präemptiv und unilateral militärische Gewalt ausüben, wann und wo sie es wollen, die Nation wird auch die bestrafen, die sich an Terror und Aggression beteiligen und werden daran arbeiten, universell den moralischen Unterschied zwischen Gut und Böse darzustellen.“
Der Erweiterung des Verteidigungsbegriffs des Art. 51 haben sich auch in Deutschland einige Stimmen in der Völkerrechtslehre angeschlossen. So plädierte Matthias Herdegen schon vor 20 Jahren für „ein wertegebundenes konstruktives Völkerrecht“, welches „abwägungsoffen“ und „dynamisch“ nicht mehr an den Wortlaut der Normen und Verträge gebunden sei (Matthias Herdegen, Asymmetrien in der Staatenwelt und die Herausforderungen des ‚konstruktiven Völkerrechts‘, in ZAöVR 64, S. 571 ff). Einige Jahre später forderte er eine „Offenheit für präventive Strategien weit im Vorfeld des bewaffneten Angriffs“ (Matthias Herdegen, Völkerrecht, München, 2011/2012) und ist dieser Position bis heute in seinem Streitgespräch mit Kai Ambos treu geblieben. Gefährlich für den Frieden in der Welt wird eine solche Dehnung und Relativierung des Völkerrechts, wenn sie in einen offenen Völkerrechtsnihilismus umschlägt. So antwortete der international angesehene Völkerrechtler Martti Koskenniemi, ein langjähriger Berater des finnischen Außenministeriums, auf die Frage der Zeitung „DIE ZEIT“: „Angenommen, Sie würden den wiedergewählten Präsidenten Bush beraten: Was würden Sie ihm empfehlen?“ Seine Antwort: „Bush gegenüber würde ich nicht als extremer Legalist auftreten. Ich würde ihm davon abraten, seine Politik ausschließlich an den UN auszurichten. Das Völkerrecht ist keineswegs die Bibel, und die Vereinten Nationen werden die Welt nicht retten können. Deshalb ist es leider manchmal notwendig, die UN-Charta zu brechen. Kurzum, ich würde dem mächtigsten Mann der USA sagen, er solle sich als Präsident einer Supermacht einen Handlungsspielraum bewahren. Und dann verantwortungsvoll handeln.“ Wir wissen, wie „verantwortungsvoll“ Bush seinen „Handlungsspielraum“ im März 2003 im Irak genutzt hat.
Präsident Trump ist nun dabei, nach dieser Empfehlung zu handeln. Unbeeindruckt von den eindeutigen Aussagen des scheidenden Direktors der CIA William Burns und aller 18 US-amerikanischen Geheimdienste, dass der Iran nicht an einem nuklearen Waffenprogramm arbeitet (BIP-Aktuell#354), hat er die Nuklearanlagen Irans angegriffen und kündigt weitere Angriffe an, wenn sich die Regierung in Teheran nicht seinen Verhandlungsbedingungen füge. Die völkerrechtliche Legitimation des Angriffs und der erneuten Drohung könnte er allenfalls als kollektive Verteidigung zur Hilfe Israels begründen. Doch auch die tagelangen Angriffe Israels auf militärische und zivile Ziele lassen sich angesichts der Geheimdiensteinschätzung völkerrechtlich mit dem Recht auf Verteidigung nicht legitimieren. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA hat ebenfalls bestätigt, dass Iran zwar weiterhin Uran anreichert, derzeit aber keine Atombomben hat.
Die äußerst überlegte und zurückhaltende Reaktion der iranischen Regierung auf das 12-tägige Bombardement Israels zeigt zudem, dass es kaum vorstellbar ist, dass der Iran, sollte er im Besitz einer Atombombe sein, sie jemals gegen Israel einsetzen würde. Sie wäre aber bestimmt ein Schutz gegen Angriffe der Atommacht Israel. Denn Israel ist seit Jahrzehnten im Besitz eines umfangreichen Atomwaffenarsenals mit geschätzt ca. 90 Atomsprengköpfen auf der Basis einer hochentwickelten, von Frankreich und den USA unterstützten Atomindustrie. Israel hat zudem den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet, was jeden Zweifel an der Existenz der israelischen Atomwaffen, obwohl Israel das nie bestätigt hat, beseitigt. Hat der Besitz von Atomwaffen bisher schon den Einsatz zwischen Atommächten wegen ihrer abschreckenden Wirkung verhindert, so erhöht die außerordentliche Aggressivität der israelischen Militärpolitik die Abschreckungswirkung um ein weiteres. Eine Atommacht ist praktisch unangreifbar, es sei denn um den Preis der eigenen Vernichtung – zumal hinter Israel die größte Atommacht USA steht.

Quelle: 2018, Twitter.
Bleibt das Fazit, dass die jüngsten Angriffe sowohl Israels wie auch der USA völkerrechtswidrig sind. Sie lassen sich nicht mit einem Recht auf Selbstverteidigung gemäß Art. 51 UN-Charta legitimieren.
Was folgt daraus für die Bundesregierung in Berlin? Sie sollte sofort alle Waffenlieferungen nach Israel einstellen, da sie davon ausgehen muss, dass sie nicht nur in Gaza, sondern auch gegen den Iran eingesetzt werden, und beide Kriege sind schwere Kriegsverbrechen.
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Angesichts der zumeist sehr deprimierenden Berichte in unserem Newsletter steht an dieser Stelle die Rubrik „Erfreulich“ – in der Hoffnung, dass diese Meldungen uns allen Mut machen, denn „Aufgeben ist keine Option“!
Erfreulich BIP-Aktuell #355:
Keine Mitschuld tragen: Norwegischer Fonds stößt Thyssenkrupp wegen Israel-Lieferungen ab
„Der norwegische Pensionsfonds KLP hat seine Anteile am deutschen Industriekonzern Thyssenkrupp sowie am US-Fahrzeughersteller Oshkosh wegen deren Geschäftsbeziehungen nach Israel abgestoßen. Unternehmen hätten die Pflicht, ‚Mitschuld an Verstößen gegen die grundlegenden Menschenrechte und ‚das humanitäre Recht zu vermeiden‘, erklärte KLP. Demnach geht es um Lieferungen von Kriegsschiffen und U-Booten an die israelische Marine durch Thyssenkrupp sowie Lastwagen von Oshkosh, welche das israelische Militär zu gepanzerten Truppentransportern umbaue.
KLP verwies auf die eigene Richtlinie, die sich auf den Verkauf von Waffen an Staaten in bewaffneten Konflikten bezieht, ‚welche diese Waffen in einer Weise einsetzen, die schwerwiegende und systematische Verstöße gegen das für diese Konflikte geltende Völkerrecht darstellt‘. Der Fonds betonte, dass beide Unternehmen seit Langem mit der israelischen Armee zusammenarbeiteten und ihre Lieferungen auch nach dem Beginn des Gaza-Krieges am 7. Oktober 2023 fortgesetzt hätten. Auch der norwegische Staatsfonds steht zunehmend unter Druck, sich von Anteilen an Unternehmen zu trennen, die mit Israels Krieg in Gaza oder der Siedlungspolitik im Westjordanland in Verbindung gebracht werden. Er ist mit einem Volumen von über 19 Billionen Kronen der größte Investor der Welt.“
https://www.n-tv.de/wirtschaft/Waffengeschaefte-mit-Israel-Groesster-norwegischer-Pensionsfonds-stoesst-alle-Thyssenkrupp-Anteile-ab-article25867961.html
BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.
Neue israelische Richtlinie beschleunigt ethnische Säuberung von Masafer Yatta
Der Militärbefehl beseitigt die letzten rechtlichen Hindernisse für die vollständige Zerstörung und Vertreibung von 12 palästinensischen Dörfern im Westjordanland.
Von Yuval Abraham und Basel Adra , 25. Juni 2025
Von Yuval Abraham und Basel Adra , 25. Juni 2025
„In den letzten Monaten haben israelische Streitkräfte und Siedler ihre Bemühungen verstärkt, etwa 2.500 Palästinenser aus einer Gruppe von Dörfern im südlichen Westjordanland in der Region Masafer Yatta zu vertreiben. Anfang Mai, als das Militär den größten Teil von Khilet Al-Dabe‘ dem Erdboden gleichmachte, war dies die größte Zerstörung in diesem Gebiet bis dato. Nun droht eine neue militärische Anweisung die Zerstörung von einem Dutzend weiterer Dörfer zu beschleunigen.
Letzte Woche verabschiedete das Zentralplanungsamt der Zivilverwaltung – die israelische Militärbehörde, die für die Erteilung von Baugenehmigungen in den besetzten palästinensischen Gebieten zuständig ist – eine Richtlinie, wonach alle anhängigen palästinensischen Bauanträge in Masafer Yatta automatisch abgelehnt werden müssen. Die Anweisung begründet dies mit militärischen Erfordernissen und verweist ausdrücklich auf die Schießzone 918, ein Gebiet, das 12 der 20 Dörfer von Masafer Yatta umfasst und das Israel Anfang der 1980er Jahre zur geschlossenen Militärzone erklärt hatte, um die palästinensischen Bewohner gewaltsam zu vertreiben.
Die Anweisung basiert auf einem Dokument, das letzte Woche vom Zentralkommando der Armee herausgegeben wurde und von dem +972 und Local Call eine Kopie erhalten haben. Dem Dokument zufolge müssen die Bewohner des Gebiets ‚unter Einsatz aller zivilen und sicherheitspolitischen Mittel, die [der Armee] zur Verfügung stehen‘, vertrieben werden, damit die Armee auf ihrem Land ‚zum Nutzen des Krieges in den verschiedenen Arenen – einem Krieg, der in den letzten anderthalb Jahren leider zur Routine geworden ist und in den Ereignissen der Operation Rising Lions gipfelte‘ [so der israelische Name für die Operation im Iran] – scharfe Schüsse abgeben kann. Yehuda Alkalai, der Leiter des Zentralen Planungsbüros, wies daraufhin die Mitarbeiter an, alle Entscheidungen an dieser Anordnung auszurichten.
Die neue Richtlinie baut auf Israels langjähriger Praxis auf, militärische Schießzonen als Vorwand für Landenteignung und Siedlungsausweitung zu nutzen. Während Palästinenser zuvor Baupläne einreichen konnten, die zumindest vorübergehend die Abrissverfügungen während der Prüfung aussetzten, blockierte eine Militärverordnung aus dem Jahr 2021 erstmals die Bearbeitung solcher Anträge ohne ‚Genehmigung des Militärkommandanten‘. Die neue Richtlinie zielt nun auf Dutzende von Anträgen ab, die vor dieser Änderung eingereicht wurden.
Die Rechtsvertreter der palästinensischen Bewohner warnen, dass damit jedes sinnvolle Überprüfungsverfahren abgeschafft wird und eine massive, rasche Ablehnung ohne Prüfung einzelner Fälle oder rechtlicher Argumente möglich ist. Alon Cohen Lifshitz, ein Architekt, der mit der israelischen NGO Bimkom zusammenarbeitet, die sich für Planungsrechte einsetzt, erklärte gegenüber +972 und Local Call, dass die Baupläne die letzte Schutzmöglichkeit für die Bewohner darstellten und die neue Politik ‚eine Infrastruktur für die vollständige Räumung des Schießplatzes schafft‘.
Laut Nidal Yunis, dem Vorsitzenden des Rates von Masafer Yatta, könnten nun mindestens 25 anhängige Baupläne in mehreren Dörfern – darunter Jinba, Halawah und Al-Fakhit – unmittelbar abgelehnt werden, was möglicherweise zu weitreichenden Abrissmaßnahmen führen würde.“
Yuval Abraham und Basel Adra sind die Regisseure des preisgekrönten Dokumentarfilms „No Other Land“
https://www.972mag.com/masafer-yatta-ethnic-cleansing-israeli-directive/
Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.