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Der JNF ist ein Instrument der illegalen Landenteignung

BIP-Aktuell #317:

  1. der JNF verstößt gegen deutsches und internationales Recht
  2. Erfreuerliches
  3. Zwei Briefe aus Jayyous im besetzten Westjordanland

Der JNF ist ein wichtiges Instrument der israelischen Kolonisierung in Palästina. Die Politik des JNF, Land für die ausschließliche Nutzung einer ethnischen Gruppe zu erwerben, verstößt gegen das deutsche Grundgesetz (Art. 3), aber Deutschland verschließt die Augen vor dem Rassismus dieser Organisation. Nach dem Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH), dass die Besatzung illegal ist, verstößt Deutschland nicht nur gegen das Grundgesetz, sondern auch gegen internationales Recht. Kanada hat die Führung bei der Aufhebung der Gemeinnützigkeit des JNF übernommen.

Der Jüdische Nationalfonds (JNF) ist eine Organisation, die über ein Jahrhundert lang als Werkzeug der Kolonisierung Palästinas diente. Er ist eine Organisation, die sich der Vertreibung der Palästinenser aus dem gesamten Gebiet von „Eretz Israel“ – dem gesamten historischen Palästina – verschrieben hat, um es ausschließlich mit Juden zu besiedeln. In BIP-Aktuell #159 haben wir berichtet, wie der JNF seine Taktik geändert hat, sich als Umweltorganisation auszugeben, was dazu geführt hat, dass er des „Greenwashing“ beschuldigt wurde: Er versteckt seine rassistische Politik hinter Umweltschutzargumenten, anstatt eine offene, ehrliche Politik zu betreiben, die die Judaisierung des gesamten Landes Palästina zum Ziel hat.



Schild mit dem JNF-Logo: „Land wird für die Landwirtschaft vorbereitet“. Es hängt östlich von Jericho und beweist, dass der JNF Land für völkerrechtlich illegale Siedlungen in einem besetzten Gebiet stiehlt. Quelle: 2024, Dror Etkes.



In Deutschland  verstößt der JNF als JNF-KKL registriert (KKL ist eine phonetische Nachbildung des hebräischen Akronyms „kakal“) gegen Artikel 3 des Grundgesetzes. Darum ist es erstaunlich, dass der JNF als gemeinnützige steuerbefreite Organisation  geführt wird. Im Jahr 2013 spendete die SPD sogar Geld an die rassistische Organisation, um einen Wald auf palästinensischem Land zu pflanzen. In BIP-Aktuell #202 schrieben wir, wie der JNF bei der ethnischen Säuberung der Negev-Wüste im Süden Israels aktiv ist.
Der JNF unterscheidet zwischen seinen Aktivitäten in Israel und in den besetzten Gebieten. Um rechtliche Probleme zu vermeiden, hat er eine Tochtergesellschaft namens Himanuta gegründet, die zu 100 % in seinem Besitz ist und nutzt Himanuta als Instrument zur Aneignung von Land im besetzten Westjordanland für die Errichtung illegaler Siedlungen. Im Jahr 2021 ermächtigte das israelische Verteidigungsministerium Himanuta, in seinem Namen Land in Privatbesitz im besetzten Westjordanland zu „übernehmen“ (Quelle auf Hebräisch).

In BIP-Aktuell #211 haben wir über die Außenposten berichtet, in die junge Israelis von der Regierung geschickt werden, um einen „nationalen Dienst“ zu leisten: Sie bauen illegale Siedlungen im Westjordanland und besetzen palästinensisches Land. Am 1. Oktober 2023 veröffentlichte die  Haaretz-Journalistin Hagar Shezaf, die dieses System aufgedeckt hatte, einen aktualisierten Bericht über die Art und Weise, wie der JNF die Ausbildung von Siedlern zum Bau der illegalen Außenposten finanziert (Quelle auf Hebräisch).



Schild mit dem JNF-Logo: „Dieses Grundstück wurde vom Führungsstab und den Stabsoffizieren der Zivilverwaltung in Zusammenarbeit mit dem JNF bepflanzt – zum Gedenken an die Gefallenen des Krieges mit den ‚Eisernen Schwertern‘.“ [Gazakrieg seit Oktober 2023]. Die Bäume wurden in den südlichen Hebron-Hügeln gepflanzt auf Land, das den palästinensischen Eigentümern unter dem Vorwand des Gaza-Krieges gestohlen wurde. Quelle: 2024, Dror Etkes.


Im Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom 19. Juli wird die israelische Besatzung für illegal erklärt, und Drittstaaten werden verpflichtet, die Besatzung weder durch Handlungen noch durch Untätigkeit zu unterstützen. Damit wurden der JNF und seine Tochterorganisation völkerrechtlich für illegal erklärt. Kanada ging voran und kündigte am 10. August an, dass es den Prozess zur Aufhebung der Gemeinnützigkeit in Kanada einleiten werde. Der JNF  hat das Recht, gegen die Entscheidung Berufung einzulegen. Dies geschah ohne eine öffentliche Erklärung und wurde nur bekannt, weil der JNF seine Berufung in der Presse veröffentlichte. Darin verteidigte der JNF seine eigene Politik nicht gegen den Vorwurf, dass seine Politik des Landerwerbs nur für eine ethnische Gruppe nach kanadischem Recht möglicherweise illlegal ist. Er erklärte auch nicht, warum das IGH-Gutachten nicht auf den JNF anwendbar sei. Stattdessen hat er lediglich behauptet, die Entscheidung, dem JNF die Gemeinnützigkeit zu entziehen,  sei antisemitisch motiviert.

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Anmerkung der Redaktion: Angesichts der zumeist sehr deprimierenden Berichte in unserem Newsletter werden wir in Zukunft an dieser Stelle die Rubrik „Erfreulich“ platzieren – in der Hoffnung, dass diese Meldungen uns allen Mut machen, denn „Aufgeben ist keine Option“!

BA 317 „Erfreulich“:

  • In einem Internationalen Appell gegen den Genozid in Gaza heißt es u.a.: „Seit über 10 Monaten werden in Gaza jeden Tag ältere Menschen, Frauen, Kinder, Männer – allesamt Zivilisten – angegriffen und getötet. Die Besatzungsmacht greift Schulen, Krankenhäuser und Flüchtlingslager an. Die Besatzer haben es besonders auf Ärzte, Journalisten und Sportler abgesehen. Die Besatzer organisieren eine Hungersnot.“ https://framaforms.org/appel-juif-international-contre-le-genocide-a-gaza-1724141001#english
  • Wie BDS mitteilte, hat sich der französische Versicherungskonzern AXA von allen Aktien israelischer Banken und Elbit, größter israelischer Waffenproduzent, getrennt. BDS schreibt dazu: „Dies ist ein wichtiger Sieg für die BDS-Aktivisten und ein Sieg für den Druck der Basis und der Zivilgesellschaft, die beschämende Komplizenschaft großer Finanzunternehmen wie AXA mit Israels 76 Jahre altem Regime von Siedlerkolonialismus, Apartheid und Völkermord zu beenden.“ https://bdsmovement.net/news/activists-force-axa-divest-from-all-israeli-banks-and-israels-largest-weapons-manufacturer

 InfoSperber (Schweiz) schreibt: „Kanada widerruft Steuerbefreiung zweier israelischer Stiftungen. Sie finanzieren illegale Siedlungen im Westjordanland.“ https://www.infosperber.ch/politik/welt/kanada-widerruft-steuerbefreiung-zweier-israelischer-stiftungen/

  • Auch in den deutschen Mainstreammedien finden sich zunehmend Berichte, die sich kritisch mit der israelischen Politik auseinandersetzen:

In einem Gastbeitrag in der FAZ vom 8.8. schreibt Professor Dr. Kenneth Roth,  Gastprofessor an der School of Public and International Affairs der Princeton University unter Überschrift „Missbrauch von Staatsräson“: „Es ist Zeit für eine Kurskorrektur, für ein anderes Verständnis von Staatsräson. Die neue britische Regierung hat letzte Woche den ebenso haltlosen Versuch ihrer Vorgängerin aufgegeben, die Haftbefehle gegen Netanjahu und Gallant zu verzögern. Auch die deutsche Regierung sollte dem IStGH-Verfahren Raum geben und keine billigen Ausreden für das unhaltbare Verhalten der israelischen Regierung erfinden.“ https://zeitung.faz.net/faz/politik/2024-08-08/1075cf20598600cced5acb5b7dc61153/?GEPC=s9
– Ein ungewöhnlich informatives Interview führte Moritz Küpper (DLF) im am 4.9. mit Pulitzerpreisträger Nathan Thrall u.a. über sein neues Buch „Ein Tag im Leben von Abed Salama“ https://www.deutschlandfunk.de/nahostkonflikt-interview-mit-schriftsteller-nathan-thrall-dlf-bcac13b3-100.html
– Großbritannien setzt einige Waffenverkäufe an Israel aus und begründet das mit dem „klaren Risiko“ eines Verstosses gegen das Internationale Recht in Gaza. Im Guardian kann man nachlesen, welche Staaten Waffenlieferungen an Israel stoppen oder zurückfahren: England, Italien, Spanien, Niederlande, Kanada, Belgien. https://www.haaretz.com/israel-news/2024-09-02/ty-article/u-k-suspends-some-arms-sales-to-israel-citing-clear-risk-of-intl-law-breach-in-gaza/00000191-b38e-dc3b-a7df-f3def2160000?utm_source=mailchimp&utm_medium=Content&utm_campaign=haaretz-today&utm_content=20d1e48b3c
– Auch die Süddeutsche Zeitung berichtet darüber: „Israel ist seiner Pflicht als Besatzungsmacht nicht nachgekommen, die Versorgung der Bevölkerung in Gaza mit den für ihr Überleben notwendigen Vorräten im Rahmen der verfügbaren Mittel sicherzustellen.“ Es gebe zudem „glaubwürdige Behauptungen über die Misshandlung von Gefangenen“ und das „in einem Umfang und einer Beständigkeit“, die nahelegten, dass zumindest einige Fälle von Misshandlungen im Widerspruch zum humanitären Völkerrecht stünden. https://www.sueddeutsche.de/politik/grossbritannien-lizenzen-fuer-waffenexport-israel-humanitaeres-voelkerrecht-gazastreifen-gaza-krieg-lux.SxH6iVZ8Bup6DFiNVgpesP
– Der Ethikrat des norwegischen  Staatsfonds empfiehlt  der Norwegischen Staatsbank einen Abzug von Finanzinvestitionen  aus Israel. Er begründet dies mit der Entscheidung des Internationalen Gerichtshofs vom Juli 2024, dass die völkerrechtswidrige Besatzung Palästinas  in eine Annexion übergegangen ist. https://www.reuters.com/world/middle-east/norway-wealth-fund-may-divest-companies-that-aid-israel-gaza-war-occupied-2024-09-03/

BIP Aktuell berichtet an dieser Stelle regelmäßig über Menschenrechtsverletzungen im besetzten Palästina, die in unseren Medien zumeist nicht erwähnt werden.
Redaktionelle Vorbemerkung:
Den ersten Brief erhielt Irmgard Herre (i.herre@gmx.de), die für das Ökumenische Begleitprogramm EAPPI in Jayyous, Bezirk Qalqilya, als Menschenrechtsbeobachterin gearbeitet hat und  wie Ekkehart Drost (e1944drost@gmx.de) immer wieder Kontakt zu Freunden in dem kleinen Dorf gehalten hat, durch häufige Reisen und Emails. Ekkehart Drost arbeitete dort 2011 und 2013, Götz Schindler 2009. Beide Briefe sind herzzerreißende authentische Dokumente vom sog. Leben on the ground.
 Aus dem Brief an Irmgard Herre
„Liebe Freundin,
Es ist wichtig, von alten Freunden zu hören während dieser sehr komplexen und dunklen Umstände!
Hier ist alles viel schlimmer als vorher. Die Schließungen der landwirtschaftlichen Tore zu unserem Land sind überall. Ein Beispiel: einige Male müssen wir nach Azzun gehen, da das Haupttor von Azzun seit Oktober 2023 geschlossen ist, aber das Problem wurde bedrohlich, als die Armee den Weg unter der Brücke schloss, der Straße, die zurück nach Jayyous führte. Also in diesem Fall müssen wir den Umweg zum Dorf Ser östlich von Jayyous nehmen, dann weiter über die ungepflasterte Straße nach Kufor Laqif.  Danach über die Hauptstraße Nablus-Qalqilya bis zum Eingang von Qalqilya, von wo es kreisförmig westlich von Naby Elias weiter nach Azzun geht, um schließlich zurück nach Jayyous zu kommen. 
Die Armee hat seit dem 7. Oktober bis letzten Sonntag 10350 Palästinenser aus dem Westjordanland verhaftet und 670 Menschen getötet. 
Die Mehrheit der Arbeiter, die auf der israelischen Seite gearbeitet haben, sind ohne Arbeit. Von einer Stadt in eine andere zu fahren, ist sehr riskant. 
Wir beobachten die großen Demonstrationen in deutschen Städten, das gibt uns die Hoffnung, dass dieser Druck die feindlichen Beziehungen der deutschen Regierung zu den Palästinensern verändern kann…
Beste Grüße an Deine Familie und alle Freunde dort…“
 Aus dem Brief an Ekkehart Drost
„Wie geht es Dir, mein lieber Freund? Hast Du gehört, was im Westjordanland passiert ist? Sie haben alle Städte im Westjordanland mit einer ausgedehnten Militäroperation belegt, die lange dauern wird, wie sie mit vielen Geschichten angekündigt haben, und sie haben die Hauptstraßen geschlossen, niemand kann sich jetzt an irgendeinen Ort bewegen.
Wir sind wie in einem Gefängnis, und die meisten Menschen in Israel haben keine Arbeit, es ist unmöglich und die meisten Bauern können nicht auf ihre Felder gehen, wenn die Soldaten die landwirtschaftlichen Tore nicht öffnen, sicher erinnerst Du Dich daran. Bei der letzten Olivenernte haben die Bauern die Ernte verloren und konnten nicht mehr auf ihre Felder gehen und auch die Angestellten haben keine Gehälter mehr oder bekommen manchmal nur noch ein Prozent des Gehalts, was für nichts mehr ausreicht. Sie behalten unsere Steuern ein, und niemand übt Druck auf sie aus, um uns zu bezahlen. Das ist unser schreckliches, hartes Leben und niemand kümmert sich um uns, all die Nachrichten über Gaza und auch die Hilfe und Unterstützung für sie und die Welt vergessen uns, sie wissen nicht, wie sehr wir leiden.
Etwas über mich: Ich habe drei Kinder. Mein Mann arbeitet bei der Polizei in Tulkarem und kann nicht zu uns nach Hause kommen, er bleibt am Ort. In zwei Tagen beginnt das neue Schuljahr unter diesen harten Bedingungen, wir haben kein Geld, um neue Schuluniformen, Schreibwaren und andere wichtige Dinge zu kaufen, also kannst Du Dir vorstellen, wie sehr ich leide, zumindest kann ich nicht die grundlegenden Dinge für meine Kinder besorgen, und vielen Familien geht es so.“


Das Redaktionsteam von BIP-Aktuell besteht aus dem Vorstand und dem Geschäftsführer Dr. Shir Hever. V. i. S. d. P. Dr. Götz Schindler, BIP-Vorstand.

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